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Wien-Wahl 2015: Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien

So stehen die Chancen für die Parteien bei der Wien-Wahl 2015.
So stehen die Chancen für die Parteien bei der Wien-Wahl 2015. ©APA
Acht Listen stehen bei der Wien-Wahl am 11. Oktober 2015 zu Auswahl. Meinungsforscher sind sich einig und gehen davon aus, dass Wien "rot" bleibt - ein "blaues Wunder" wird allerdings nicht ausgeschlossen. Das sind die Ausgangslagen, Ziele und Chancen der Parteien.
"Rechne nicht mit Verlusten"
Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet
Fokus auf Kandidaten
"Highlight"-Rückblick

Ob sich Rot-Grün nach der Wahl noch ausgeht ist fraglich. So blühen die Koalitionsspekulationen – wobei Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) Rot-Blau vehement ausschließt. Auch für die Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ist die Zusammenarbeit mit den Blauen unvorstellbar. Sie würde Rot-Grün gerne fortsetzen, während sich die SPÖ auf die früher als fix gehandelte zweite Runde nicht festlegt. Der ÖVP droht ein weiterer historischer Tiefststand, damit dürfte sich weder Rot-Schwarz noch Blau-Schwarz ausgehen. Womit Wien möglicherweise dem Beispiel der Dreier-Koalitionen Kärntens und Salzburgs folgen muss. Da könnten allenfalls auch die NEOS ins Spiel kommen, wenn ihnen der Einzug in den Gemeinderat/Landtag gelingt. Auch sie würden allerdings nicht mit der FPÖ zusammengehen.

Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien bei der Wien-Wahl:

SPÖ – Michael Häupl

Michael Häupl beim Wahlkampfauftakt der SPÖ
Michael Häupl beim Wahlkampfauftakt der SPÖ

SPÖ-Chef Michael Häupl (65) hat in den vergangenen 20 Jahren einiges an Hochs und Tiefs – von 39,2 (1996) bis 49,1 Prozent samt Mandatsabsoluter (2005) – erlebt. Aber seine fünfte Wahl ist wohl die größte Herausforderung für den Langzeit-Bürgermeister. In jüngsten Umfragen liegt die SPÖ nicht weit über 30 Prozent knapp vor der FPÖ. Häupl zeigt sich unbeeindruckt: Sein Wahlziel ist und bleibt die Rückeroberung der Mandats-Absoluten; das sei zwar schwierig, aber viel wahrscheinlicher als Platz 1 der FPÖ und ein Bürgermeister Strache. Die Blauen profitieren vom Flüchtlingsthema – und das wohl besonders in den SPÖ-Stammwählerschichten, die Häupl ohnehin schon Rot-Grün verübeln. Mit klarer Gegenansage bemüht sich Häupl, der FPÖ diesen Wind aus den Segeln zu nehmen. Wien nimmt alle auf, die Schutz brauchen, Unterbringung und Versorgung funktionieren reibungslos, zeigt sich Häupl als großer Problemlöser. Als solchen präsentiert ihn die SPÖ – zu allen möglichen Themen – auch auf den Wahlplakaten.

Die einzige rot-grüne Koalition Österreichs. Dafür entschied sich Häupl, nachdem es 2010 mit nur mehr 44,3 Prozent und 49 Mandaten nicht mehr fürs Alleinregieren reichte. Begeistert waren davon nicht alle Roten – vor allem nicht die Wähler in den “Arbeiterbezirken”. Sie sprechen ein gewichtiges Wort mit in der Frage, ob Wien rot oder blau ist. Wie es auch kommt, will sich Häupl – beteuert er – auf niemanden ausreden, die Verantwortung übernehmen und keinesfalls gleich zurücktreten.

> Steckbrief zu Michael Häupl
> Landesliste der SPÖ

GRÜNE – Maria Vassilakou

Wien Wahl 2015: Wahlkampfauftakt der Grünen mit Maria Vassilakou
Wien Wahl 2015: Wahlkampfauftakt der Grünen mit Maria Vassilakou

Die Grüne Spitzenkandidatin Maria Vassilakou (46) will hingegen sehr wohl zurücktreten, “sollte es zu Verlusten kommen”. Die Grünen stellen die Ergebnisse ihrer ersten Regierungsperiode auch in den Mittelpunkt der Wahlwerbung: Verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße, 365-Euro-Jahresticket und einige neue Parkpickerl-Bezirke werden auf den Plakaten ausgewiesen. Stolz auf ihre Leistungsbilanz, rechnet Verkehrsstadträtin Vassilakou denn auch nicht wirklich mit Verlusten. Und sie hofft, dass sie Vizebürgermeisterin bleibt in einer zweiten rot-grünen Periode. Wahlziel ist deshalb, die 12,6 Prozent des Jahres 2010 auf 14 bis 15 Prozent aufzustocken. Bei 15 Prozent sahen die Umfragen die Grünen zwar seit dem Sommer nicht mehr. Aber dass es Potenzial zu heben gibt, sieht man nicht nur an den 14,6 Prozent des Jahres 2005 – der bisherige Wien-Rekord in Vassilakous erster Wahl als Spitzenkandidatin. Bei Nationalratswahlen lukrieren die Grünen in Wien immerhin seit 2002 mehr als 15 Prozent, zuletzt 16,4 – was heißt, dass sie mehr als 130.000 Wiener ankreuzten.

> Steckbrief zu Maria Vassilakou
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FPÖ – Heinz-Christian Strache

HC Strache bei der Plakatpräsentation für die Wahl in Wien
HC Strache bei der Plakatpräsentation für die Wahl in Wien

Heinz-Christian Strache (46) zieht einmal mehr mit der Ansage “Erster und Bürgermeister” in die Wahl – und heuer schließen es die Meinungsforscher erstmals nicht mehr gänzlich aus, dass Blau vor Rot durchs Ziel geht. In den letzten Umfragen lag die FPÖ nur mehr knapp hinter der SPÖ. Versucht hat es Strache schon zweimal. Gleich bei seinem ersten Antreten als Spitzenkandidat ließ er 2005 “Duell um Wien” plakatieren. Das Ergebnis war kurz nach der Abspaltung des BZÖ jedoch mager: 14,8 Prozent, Rang 3 hinter der ÖVP und 34,3 Punkte von der SPÖ entfernt. Der kam er 2010 schon deutlich näher, mit 25,8 Prozent (und wieder Rang 2) schrumpfte der Abstand auf 18,6 Prozentpunkte. Und in den aktuellen Umfragen ist davon fast nichts mehr übrig. Was nicht so sehr an Straches Performance liegt, sondern daran, dass das Asylthema den Blauen in die Hände spielt. Überrascht hat Strache zuletzt damit, dass er die von der ÖVP nicht mehr gesetzte Innenstadt-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel auf seine Liste holte. Sein Ziel ist, die 30er-Marke “so weit wie möglich” zu überspringen. Seit Juli liegt die FPÖ in den Umfragen über 30 Prozent. Ein solches Resultat wäre ein absoluter Rekord: Noch nie hat die FPÖ in Bund oder Ländern außerhalb Kärntens die 30er-Marke genommen. Das beste Wiener Resultat waren 27,9 Prozent 1996 in der Ära Haider.

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ÖVP – Manfred Juraczka

Manfred Juraczka - Spitzenkandidat der ÖVP
Manfred Juraczka - Spitzenkandidat der ÖVP

Für die Wiener ÖVP ist die 30er-Marke mittlerweile weit außerhalb ihrer Reichweite. 1987 fiel sie erstmals darunter und seit 1991 kam die Volkspartei auf keine 20 Prozent mehr. ÖVP-Spitzenkandidat Manfred Juraczka legt sich bei seiner ersten Wahl denn auch auf keine Zahl fest. “Stärker werden” ist alles, was er vorgibt – in der Hoffnung, dass das “bürgerliche” Wien doch größer ist als die 14,0 Prozent, die 2010 seiner Vorgängerin Christine Marek die Stimme gaben. Immerhin stellt die ÖVP derzeit noch fünf Bezirksvorsteher – samt der jetzt Richtung FPÖ gewanderten Ursula Stenzel. Die Umfragen stützen Juraczkas Hoffnung allerdings nicht: Dort rangiert die ÖVP bei knapp zehn Prozent. Damit droht dem 46-jährigen Hernalser der nächste historische Tiefststand – und vielleicht auch das schlechteste ÖVP-Ergebnis der Zweiten Republik. Diesen traurigen Rekord hält bisher Kärnten mit 11,6 Prozent im Jahr 2004. Auch wenn der Beitrag der ÖVP wohl nicht reichen wird, denkt Juraczka über Koalitionen nach – und schließt dabei Schwarz-Blau nicht aus.

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NEOS – Beate Meinl-Reisinger

Die NEOS-Kandidatin Beate Meinl-Reisinger
Die NEOS-Kandidatin Beate Meinl-Reisinger

Um viel geht es für die NEOS: Sie setzen ganz auf Wien, nachdem sie im Burgenland und in der Steiermark im Mai gescheitert sind und die Aussichten für Oberösterreich (das zwei Wochen vorher wählt) nicht allzu gut sind. Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger gibt sich sehr hoffnungsfroh, den – nach Vorarlberg zweiten – Landtag/Gemeinderat zu erobern. Bundesparteichef Matthias Strolz macht zuversichtlich, dass die frühere ÖVP-Politikerin ziemlich bekannt ist. Wiener Wahlkampf ist ihr auch nicht neu, war sie doch 2010 als Referentin von Ex-VP-Wien-Chefin Christine Marek mittendrin. Ihr Wahlziel hat Meinl-Reisinger – die im Vorjahr noch zweistellig für realistisch hielt – etwas zurück genommen; sie nennt keine Zahl mehr. In den Umfragen liegen die NEOS bei sechs bis sieben Prozent. Bei der Nationalratswahl 2013 wählten immerhin 7,7 Prozent der Wiener pink – allerdings fielen sowohl in der Steiermark als auch in Vorarlberg die Landtagsergebnisse deutlich schlechter aus als die NR-Ergebnisse.

> Steckbrief zu Beate Meinl-Reisinger
> Landesliste der NEOS

Keine Chancen auf den Einzug in den Gemeinderat geben die Meinungsforschern den weiteren Parteien, die bei der Gemeinderatswahl am 11. Oktober am Stimmzettel stehen. Wienweit kandidieren “Wien anders” (ANDAS), “Wir wollen Wahlfreiheit” (WWW) und “Gemeinsam für Wien” (GFW), daneben treten noch vier Listen in jeweils nur einem der 18 Wahlkreise an.

(APA/Red)

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