“Österreicher wählen die Veränderung”, so interpretiert Klaus Herrmann das Wahlergebnis in der “Kronen Zeitung”. Er prophezeit in Anbetracht der Niederlage der Kandidaten der Regierungsparteien ein Ende der Koalitionsregierung noch vor der nächsten Nationalratswahl. Die Stichwahl werde “eine Richtungswahl” jenseits der ehemaligen Volksparteien.
Bp-Wahlschlappe: Harter Schlag für SPÖ und ÖVP
Reinhard Göweil spricht in der “Wiener Zeitung” von einer “Ohrfeige für SPÖ und ÖVP”. Er rechnet wohl damit, dass die Koalition hält, und damit, dass die Freiheitlichen in dieser stabilen Konstellation weiter zulegen. “Beide Regierungsparteien bieten den Bürgern keine Lösungsansätze für die großen Probleme.”
Helmut Brandstätter kommentiert im “Kurier” dramatisch: “Das Land spaltet sich: Blau gegen den Rest” und sieht Versagen bei den ehemaligen Volksparteien, begonnen bei der Auswahl der Kandidaten: “Hundstorfer und Khol sind geradezu phänotypische Beispiele für eine Republik, die in dieser Form zu Ende geht”. Die Regierungskoalition hätte eine “aller-allerletzte Chance”, ansonsten sei “die Regierung Strache unter einem Bundespräsidenten Hofer nicht mehr fern”.
Pressestimmen: Zweite Republik für beendet erklärt
Rainer Nowak erklärt in der “Presse” die Zweite Republik für beendet. Die jahrzehntelange Dominanz der ehemaligen Großparteien sei endgültig vorbei, SPÖ und ÖVP hätten zusammen “gerade einmal ein Viertel aller Stimmen”. Was die Zukunft bringt ist demnach ungewiss, jedoch wird gewarnt: “lustig ist ein Interregnum nie”.
Alexandra Föderl-Schmid spricht im “Standard” gar vom “Beginn eines neuen politischen Zeitalters”. Ausschlaggebend sei die “Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik” mit dem Flüchlingsthema als zusätzlichen Katalysator. Die SPÖ habe Rudolf Hundstorfer “vorzeitig aus dem Ministeramt ins politische Aus bugsiert”, bei der ÖVP sei Reinhold Mitterlehner “Parteichef auf Abruf”. Die Regierungsparteien hätten gut daran getan, Irmgard Griss als gemeinsame Kandidatin zu nominieren, jetzt bleibt ihnen nur, Alexander Van der Bellen zu unterstützen, denn “ein FPÖ-Politiker in der Hofburg wäre eine Zäsur mit Symbolkraft”.
Alte Parteienlandschaft “zertrümmert”
Markus Ebert hält Irmgard Griss und Norbert Hofer im “Neuen Volksblatt” für reine Protestkandidaten: “Sie wurden gewählt, weil viele Menschen mit der seit Jahrzehnten von SPÖ und ÖVP bestimmten Regierungspolitik unzufrieden sind.” Die Regierungsparteien sollten “weiterhin auf gute Politik zu setzen und damit die verbleibende Zeit bis zur Nationalratswahl zu nutzen”, hätten aber “Angst vor der blauen Schlange”.
Bei den Salzburger Nachrichten hält man “die alte Parteienlandschaft” für “zertrümmert”. “Die rot-schwarze Götterdämmerung” habe begonnen, Ursache sei die “desaströse Arbeit der Regierung”. Die FPÖ sei die neue Arbeiterpartei, Alexander Van der Bellen ein “Ausnahme-Wahlkämpfer”, und von Irmgard Griss werde man “in der Politik noch hören”. Für die Stichwahl wird eine Negativ-Mobilisierung gegen den FPÖ-Kandidaten erwartet.
BP-Wahl: Heftiges Nachbeben bei SPÖ und ÖVP
Nach Ansicht von Alois Vahrner in der “Tiroler Tageszeitung” würde mit der “historisch größten Wahlschlappe für Rot-Schwarz” ein ganzes System abgewählt, “ein heftiges Nachbeben bei SPÖ und ÖVP ist unausweichlich. “Das gestrige Wahlergebnis bedeutet einen Polit-Tsunami, ein Beben, das in beiden Regierungsparteien heftige Nachbeben nach sich ziehen muss und wird – personell und noch mehr inhaltlich. Obmann-Diskussionen werden folgen, damit allein ist der Niedergang aber nicht aufzuhalten.”
Volksparteien ohne Volk – neue Ära durch Hofer?
Wolfgang Fellner verortet in “Österreich” einen “Protest-Tsunami gegen die Regierung”. Norbert Hofer vertrete “die Strache-Positionen auf Samtpfötchen und er punktet mit Nettsein”, das Flüchtlingsthema sei “sein Wahl-Turbo” gewesen. Von Alexander Van der Bellen erwartet sich Fellner “einen Angst-Wahlkampf gegen Blau”. Sollte Hofer die Stichwahl beginnen, so beginne eine “neue Ära – Neuwahl inklusive”.
“Schwiegermutter-Tauglichkeit für die Massen”
Gerald Mandlbauer sieht in den “Oberösterreichischen Nachrichten” “die Macht in Griffweite für Strache und Hofer”. Österreich habe sich “am Herkömmlichen sattgewählt”, die bevorstehende Stichwahl sei eine “finale Richtungsentscheidung” um die Frage, ob die FPÖ den Bundespräsidenten stellen soll.
Gerold Riedmann glaubt in den “Vorarlberger Nachrichten” nicht mehr an das Potenzial von SPÖ und ÖVP, denn “wieso sollten sie sich dieses Mal am Riemen reißen”? Norbert Hofers Erfolg basiere auf der Einbettung der “scharfen Parolen” in “Schwiegermutter-Tauglichkeit für die Massen.” Vor dem Ende der Zweiten Republik komme jedoch noch die Stichwahl.
(apa/red)