Laut dem Kinderpsychiater Ernst Berger, der Gespräche mit zahlreichen Betroffenen geführt hat, war Gewalt in den Wiener Heimen bis in die Neunzigerjahre traurige Realität.
Berger berichtete im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch von den rund 100 Gesprächen mit Ex-Kinderheim-Zöglingen. Die Betroffenen hätten von einem “fast systematischen Sadismus” erzählt, so Berger.
Sexuelle Gewalt und Entwürdigung mit Spätfolgen
In den Gesprächen war laut Berger darin häufig von entwürdigenden Situationen die Rede. Von sexueller Gewalt waren 40 der 100 Gesprächspartner betroffen, zum Teil durch Erzieher, aber auch durch Nonnen, die Wiener Heime führten.
Nur ein Drittel seiner Gesprächspartner habe es später zu einer stabilen Partnerschaft gebracht, schilderte Berger. Zwölf Prozent hätten später keine Partnerschaften, 55 Prozent instabile Partnerschaften gehabt. 27 Prozent sind laut dem Kinderpsychiater kriminell geworden.
Schließung der Wiener Heime
Laut Berger hat sich die Situation Ende der 1990er Jahre verbessert, nachdem die Großheime geschlossen worden waren. Sie wurden im Zuge einer Reihe von Reformen aufgelöst. Betroffene, die in diesen Einrichtungen Missbrauch erleiden mussten, werden inzwischen auch von der Stadt entschädigt. Eine entsprechende Initiative für die betroffenen Zöglinge der Wiener Heime wurde 2010 ins Leben gerufen.