Auch die Unterzeichnung des Vertrages zwischen OMV und Gazprom über die South-Stream-Pipeline, die russisches Gas unter Umgehung der Ukraine befördern soll, wird kritisiert. Noch am Dienstag, dem Tag von Putins Wien-Besuch, formulierte der ukrainische Außenminister Pawlo (Pawel) Klimkin gegenüber der Tageszeitung “Die Presse” vergleichsweise sanfte Kritik an Österreich. Er forderte, dass klare Botschaften in Bezug auf den russischen Präsidenten im persönlichen Gespräch und auch öffentlich transportiert werden sollten.
Kritik an Putin-Besuch in Wien
Deutlicher klang dies in Kiew selbst: Danylo Lubkiwskyj (Daniil Lubkiwski), Klimkins Stellvertreter, sprach in einem Auftritt auf Kanal 5 nicht nur von “Besorgnis”. Er empfahl den Österreichern auch, sehr gewissenhaft bei der Auswahl strategischer Gesprächspartner zu sein. Im Zusammenhang mit Putins Besuch wolle man zudem einige Fragen an Wien richten: Weshalb empfange man das Oberhaupt des russischen Staates, der für Aggression gegenüber der Ukraine verantwortlich sei. Und bedeute dies, so fragte Lubkiwskyj weiter, dass eine gemeinsame europäische Haltung für Demokratie und die Verteidigung grundsätzlicher Prinzipien des Völkerrechts nun nicht mehr gelte?
Der Politologe Oleh Woloschyn (Oleg Woloschin), der in der Vergangenheit die Presseabteilung des ukrainischen Außenministeriums leitete, bedauerte auf Facebook den beschränkten Handlungsspielraum Kiews, das lediglich Erklärungen abgeben könne. “Niemand wird die Entscheidung treffen, österreichischen Unternehmen für ihren Kotau vor Moskau auf die Zehen zu treten”, beklagte Woloschyn.
Emotionen gehen hoch
Noch klarer formulierte es am Mittwoch die liberale Politaktivistin Alisa Ruban. Sie erinnerte dabei an Österreich als Land, wo in der Vergangenheit hochrangige Vertreter der gestürzten Regierung unter Staatschef Viktor Janukowitsch Gelder aus zwielichtigen Quellen anlegten. Das Land “an der schönen, blauen Donau”, schrieb Ruban auf Facebook, habe bereits in der Zeit von Janukowitsch begonnen, negative Assoziationen bei den Ukrainern hervorzurufen. “Völlig unzulässig ist es nun aber, dass sie nun einen Menschen empfangen, der im Zentrum Europas einen Krieg losgetreten hat, und mit diesem Aggressor auch noch einen Vertrag über den österreichischen Abschnitt von South Stream zu unterzeichnen.”
Dass die ukrainischen Emotionen nach Putins Wien-Besuch hochgehen, bestätigt gegenüber der APA auch ein Intellektueller mit engen Österreich-Bezügen. Er sei sehr enttäuscht von Bundespräsident Heinz Fischer, erklärte dieser ukrainische Gesprächspartner, der namentlich nicht genannt werden will. Viele seiner Österreich-affinen Freunde, sagte er, hätten derzeit nur noch ein heftiges Schimpfwort für Österreich übrig.
(APA)