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Neue Variante: Brauchen wir einen veränderten Corona-Impfstoff?

Die neue Corona-Variante B.1.1.529 ist Thema.
Die neue Corona-Variante B.1.1.529 ist Thema. ©pixabay.com
Der österreichische Wissenschafter Florian Krammer schaut mit etwas Sorge - aber nicht panisch - auf die neue Corona-Variante "B.1.1.529". Er informiert auch über eine Vermutung bezüglich Südafrika.
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Derart viele Mutationen im Spike-Proteins seien "nicht gut". Es könnte sich hier um eine Variante handeln, die erstmals eine Anpassung von Impfstoffen notwendig mache. Zur Einschätzung brauche es aber noch mehr Daten: "Es ist zu früh, da etwas zu sagen."

Entwischt neue Virus-Variante der Immunabwehr?

Noch wisse man zu wenig darüber, ob der derart gestaltete Abkömmling des SARS-CoV-2-Erregers ähnlich infektiös oder sogar infektiöser ist, als die aktuell dominante Delta-Variante, so Krammer zur APA. Allerdings sehe es danach aus, als hätte sie das Zeug dazu, einer aufgebauten Immunabwehr besser zu entkommen.

Südafrika habe ein "wahnsinnig gutes System" zur genetischen Überwachung der Covid-19-Situation, aber selbst dort sei man davon offenbar "ein bisschen überrascht worden", so der Virologe. Es bestehe die Vermutung, dass es im Land schon deutlich mehr Fälle gibt, als die am Donnerstag kommunizierten 77.

Neue Corona-Variante bringt 32 Mutationen mit

Die neue Variante mit ihren alleine 32 Mutationen im Spike-Protein, wie etwa an der Stelle, mit der das Virus an Zellen andockt, sei "besorgniserregend, aber auch kein Grund zur Panik". Ob sich der Mutationscluster als überlegen gegenüber der nun seit längerer Zeit beständig dominanten Delta-Variante erweist, sei offen.

Letztlich müsse man in Laborversuchen zeigen, wie gut die Impfstoffe dagegen wirken. "Es könnte sein, dass das die erste Variante ist, auf die man den Impfstoff anpassen muss - vielleicht aber auch nicht." Dass dies etwa bei der Beta-Variante noch nicht passiert ist, seit darin begründet, dass eine dritte Impfung mit einer darauf abgestimmten Impfstoffvariante keine besseren Ergebnisse erbracht habe, als mit dem "alten" Impstoff zu boosten, so Krammer.

Corona-Delta-Variante spielt eine Rolle

Die Einschätzung einer Anpassung sei auch schwierig, weil einerseits in der zeitlichen Distanz zur Zweitimpfung bei vielen die Antikörperspiegel natürlich absinken und zusätzlich noch die deutlich ansteckendere Delta-Variante um sich gegriffen hat. Klar sei, "wenn man einen deutlichen Anstieg von schweren Infektionen unter Geimpften sieht, muss man das schnell anpassen". Bei den mRNA-Vakzinen von BioNTech/Pfizer oder Moderna sei das auch technisch innerhalb kurzer Zeit möglich. Die Firmen würden Delta-Anpassungen momentan auch testen, das sei aber regulatorisch und organisatorisch nicht unkompliziert. Eine Frage sei zudem, wie schnell dann dafür Zulassungen erteilt würden.

Mit einem angepassten Impfstoff müsste man voraussichtlich nicht wieder mit der Grundimmunisierung beginnen. Wenn also einige im Vakzin enthaltene Bereiche des Antigens, gegen die das Immunsystem dann eine angepasste Antwort entwickeln soll, verändert werden, wandern die für die Erinnerung an den Virus-Teil zuständigen B-Zellen wieder in die Lymphknoten zurück. Dann kommt es zu einer Anpassung der veränderlichen Strukturen der Antikörper auf den neuen Reiz. Krammer: "Das Immunsystem kann das. Da muss man nicht von Null anfangen."

Erwartung zur Corona-Booster-Impfung

Der Forscher geht jedenfalls nicht davon aus, dass man längerfristig alle vier bis sechs Monate zur Boosterimpfung schreiten müsste. Auch wenn der Schutz nach zwei Impfungen mit der Zeit abnimmt, sei davon auszugehen, dass das Niveau nach der dritten Impfung nicht so weit absinkt. Dazu kommt die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man mit dem Virus in Berührung kommt und eben wie oft. In Österreich ist diese leider momentan ziemlich hoch, in New York sei das gerade anders. Dementsprechend rät man in Hochinzidenzregionen auch zum früheren Boosten.

Intervall von Corona-Booster-Impfung

Längerfristig glaubt Krammer weiter, dass man Auffrischungsimpfungen eher nur "alle paar Jahre" abholen wird müssen. Mit der Zeit könnten sich durchaus Impfstoffe durchsetzen, die auch weniger der unbedenklichen, aber unangenehmen Nebenwirkungen haben, die man mit mRNA-Vakzinen oft beobachtet. Weiter interessant seien auch relativ bequem per Nasenspray zu verabreichende Wirkstoffkandidaten. Einen solchen entwickelt und testet auch ein Team um Krammers Kollegen in New York, den österreichischen Forscher Peter Palese. Man sollte auch die langsamer voranschreitenden Impfstoffentwicklungen "nicht abschreiben".

Wäre es tatsächlich notwendig, jedes Jahr gegen Covid-19 zu impfen, wären auch Kombinationsvakzine gegen das jeweilige Grippevirus interessant. Hier gebe es bereits Studien. "Das könnte ohne weiteres funktionieren", er sei aber skeptisch, dass eine jährliche Auffrischung überhaupt notwendig wird.

(APA/Red)

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