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Impfpflicht und Verschwörungstheorien: ÖGK befragt Experten

Der Experte glaubt, dass die Impfpflicht zu einer kurzfristigen Zunahme des Widerstands bei den Impfgegnern führen wird
Der Experte glaubt, dass die Impfpflicht zu einer kurzfristigen Zunahme des Widerstands bei den Impfgegnern führen wird ©APA/EXPA (Sujet)
Verschwörungstheorien rund um das Thema Corona beschäftigten am Donnerstag die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK). Man lud einen Experten für Verschwörungsmythen zu einem Hintergrundgespräch ein.
Dokureihe zu Verschwörungstheorien
Ex-Verschwörungstheoretiker berichtet

Den deutschen Experten für Verschwörungsmythen, Jan Skudlarek, empfing die ÖGK am Donnerstag zueinem Hintergrundgespräch. Der Philosoph geht davon aus, dass die Impfpflicht zu einer kurzfristigen Zunahme des Widerstands bei den Impfgegnern führen wird, dieser werde aber wieder "abebben".

Warum glauben Menschen an irrationale Verschwörungstheorien?

ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer warf zu Beginn des Gesprächs die Frage auf, wie es passieren könne, dass Menschen völlig irrational an Verschwörungstheorien glauben - etwa der Erzählung, dass in einer Impfstoff-Ampulle ein "Chip" drinnen sei. Skudlarek führte aus, Verschwörungstheorien hätten für manche Personen eine bestimmte Funktion. Wenn jemand etwa in eine Ampulle hineinschauen möchte, dann könne es etwa um ein Kontrollbedürfnis bzw. Sicherheitsbedürfnis gehen. Dieses Kontrollbedürfnis sollte man thematisieren - also die Fragen, die hinter der Verschwörungstheorie steht.

Gefragt, ob man Menschen, die sich in derartige Verschwörungstheorien verstricken, überhaupt mit Argumenten begegnen kann, sagte Skudlarek, die faktische wissenschaftliche Gegenrede sei definitiv wichtig. Mit der Sachebene komme man aber oft nur "bis zu einem bestimmten Punkt". Manche Menschen würden oft in eine "Antihaltung" schalten und den Argumenten keinen Glauben schenken. In der öffentlichen Diskussion sei es schwer zu thematisieren, was hinter diesen Ängsten steht - etwa auch oft existenzielle Sorgen.

ÖGK: War Umgang mit der Impfpflicht falsch?

Die Frage, ob es ein Fehler war, die Impfpflicht nur als allerletztes Mittel darzustellen, bejahte Skudlarek. Man habe - etwa auch in Deutschland - erklärt, die Impfpflicht werde es nicht geben und sie "schon fast als drakonisches, menschenfeindliches Mittel, dass man doch bitte umgehen muss, dargestellt". "Man hätte sich vielleicht da eine Exit-Strategie hinlegen sollen." Besser wäre es gewesen, zu betonen, dass man zwar an die Eigenverantwortung und das Prinzip der Freiwilligkeit glaubt - "aber wenn das alles nicht klappt, dann reden wir auch über eine Impfpflicht", genauso wie man die Verpflichtung habe, Steuern zu zahlen.

Experte glaubt, Widerstand wird abnehmen

Gefragt nach der in Österreich ab Februar geltenden allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren sagte Skudlarek, der Widerstand gegen diese Vorgabe werde wohl kurzzeitig zunehmen, "es werden Menschen lauter werden, aggressiver, schlimmstenfalls gewalttätiger" werden. Dies werde dann aber abebben und "in Akzeptanz übergleiten müssen, das kann nicht in einen staatlichen Kontrollverlust übergehen".

FPÖ-Ablehnung der Impfpflicht: Deutschland hat mit AfD ähnliche Probleme

Zur Bedeutung der die Impfpflicht ablehnenden FPÖ sagte der Experte, weltweit sei die Rolle von "nationalen Populisten" eine des "Anfeuerns, des Anstachelns, des antifaktische wissenschaftsfeindliche Gegennarrative Bietens. Das ist in Österreich genauso wie in Deutschland und den USA. Da werden Märchen erzählt, da wird gelogen, da wird agitiert, da wird parteipolitisch auch probiert, Land zu gewinnen". Dass die Impfung wirkt und im Vergleich zu Krankheit weniger schädlich ist, sei Konsens. "Wer jetzt noch das Gegenteil behauptet, zumindest als Profi-Politiker, tut dies - wenn schon nicht mit böser Absicht - dann aus Täuschungsabsicht". In Deutschland habe man mit der AfD ein ähnliches Phänomen.

Zur gesellschaftlichen Spaltung: Großteil hält sich an Regeln

Zur Frage der gesellschaftlichen Spaltung betonte der Experte, dass die sogenannten "Wutbürger" immer noch eine Minderheit darstellen - "eine wichtige Minderheit, die uns Sorgen machen muss". Der überwiegende Großteil halte sich aber an die Regeln und sei solidarisch.

Zu den laut seiner Wahrnehmung häufigsten Verschwörungstheorien zählt Skudlarek die Vorstellung, dass Regierungen und Pharmaindustrie aus Profitgründen "unter einer Decke stecken" und dass die Maßnahmen der "erste Schritt hin zu einem totalitärem System" sei - und dass die Medien "lügen" würden.

>>Alles zur Corona-Pandemie

(APA/Red)

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