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Wie 2015, nur heftiger

Gastkommentar von Johannes Huber zur Landtagswahl in Niederösterreich.
Gastkommentar von Johannes Huber zur Landtagswahl in Niederösterreich. ©APA/HELMUT FOHRINGER
GASTKOMMENTAR VON JOHANNES HUBER. Die Freiheitlichen sind die großen Gewinner der Niederösterreich-Wahl, ÖVP und SPÖ die klaren Verlierer. Ob sie es noch einmal schaffen können, sich vor einer Nationalratswahl zu erneuern, ist fraglich.
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Die Spitzenkandidaten bei der niederösterreichischen Landtagswahl können nicht behaupten, dass allein die Bundespolitik zum Ergebnis geführt habe. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat’s schon auch selbst verbockt, hat einen Teil des Verlustes ihrer Partei zu verantworten.

In den abschließenden Elefantenrunden vor dem Urnengang hat sie nicht einmal sinnvoll erklären können, was auf dem Spiel steht; obwohl sie selbst Anfang Jänner ohne weitere Erläuterungen behauptet hatte, es handle sich um „alles“. Geblieben ist daher die Botschaft, dass es allein um die Macht ihrer Partei geht. Das ist zu mager in Zeiten wie diesen.

Am Wahltag selbst schaffte es die Landeshauptfrau nicht, einer Klimaaktivistin den Wind aus den Segeln zu nehmen, die ihr vor laufenden Kameras vorwarf, ihresgleichen nicht ernst zu nehmen. Mikl-Leitner wirkte schlicht genervt, versuchte die junge Frau mit der Aussicht auf einen Termin zu vertrösten und bat diese schließlich, sie endlich ihre Interviews geben zu lassen.

Dürftiger noch als die ÖVP-Landeschefin schlug sich SPÖ-Mann Franz Schnabl im Wahlkampf. Er gab sich in Anlehnung an den Vornamen von Mikl-Leitner als „rote Hanni“ aus und erklärte später, Landeshauptmann werden zu wollen. Damit hat er sich zwei Eier gelegt: Fortan wurde er nicht mehr ernst genommen.

Insofern könnte man den Absturz der niederösterreichischen ÖVP und den Verlust der dortigen SPÖ ein Stück weit mit der Performance von Mikl-Leitner und Schnabl erklären. Und umgekehrt vor allem auch den Triumpf der Freiheitlichen unter Führung von Udo Landbauer. Ihre Stärke ist in der Schwäche ihre Mitbewerber begründet.

In Wirklichkeit passt das Ergebnis vor allem auch zu dem, was zumindest ebenso relevant war: Wir leben in einer Zeit multipler Krisen, also maximaler Unsicherheiten. Die ÖVP, die noch dazu seit dem Sebastian Kurz-Abgang ganz grundsätzlich orientierungslos ist, wird dem nicht gerecht. Karl Nehammer ist kein Krisenkanzler. Und die SPÖ hat unter Pamela Rendi-Wagner nicht nur keine Alternative, geschweige denn eine Perspektive für Österreich und seine Menschen anzubieten, sie ist auch noch in sich gespalten. Rendi-Wagner steht Hans Peter Doskozil gegenüber.

All das stärkt Herbert Kickl und die Freiheitlichen bundesweit. Es ist ein Stück weit wie 2015, nur heftiger: Damals, in der Zeit einer Flüchtlingskrise, stürzten ÖVP und SPÖ bei Landtagswahlen in der Steiermark, in Oberösterreich, im Burgenland und in Wien ab, während die Freiheitlichen (in der Steiermark) um bis zu 16 Prozentpunkte zulegten. Im Jahr darauf gingen ÖVP und SPÖ bei der Präsidentschaftswahl mit ihren Kandidaten Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer überhaupt unter, während es Norbert Hofer (FPÖ) beinahe in die Hofburg geschafft hätte. Das hatte Konsequenzen. Sowohl die ÖVP als auch die SPÖ richteten sich später neu aus. Erstere mit Sebastian Kurz, zweitere mit Christian Kern.

Es wäre naiv, zu glauben, dass sich Ähnliches fix wiederholen wird und es die Freiheitlichen (wie 2017) letzten Endes wieder nicht ins Kanzleramt schaffen werden, weil sich Schwarz/Türkise und Rote einmal mehr neu aufstellen werden; weil sie ja selbst merken, dass sie sonst verloren sind. Ihr Problem ist, dass sie kaum noch Reserven haben. Die ÖVP hat weit und breit keinen Hoffnungsträger und bei Hans Peter Doskozil, der es für die SPÖ Umfragen zufolge vielleicht noch richten könnte, ist es aufgrund immer wieder notwendig werdender Operationen am Kehlkopf bzw. der angeschlagenen Stimme ungewiss, ob auch nur ein Nationalratswahlkampf zumutbar wäre für ihn.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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