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Verhandlungen um Sputnik-Impfstoff: Russland bietet Österreich 1 Mio. Dosen

Russland bietet Österreich eine Million Sputnik-Dosen an.
Russland bietet Österreich eine Million Sputnik-Dosen an. ©APA/AFP/ANDREAS SOLARO
Laut Bundeskanzleramt laufen intensive Vertragsverhandlungen mit Russland über die Lieferung von einer Million Sputnik-Impfdosen nach Österreich. Eine Kaufentscheidung sei aber noch nicht getroffen worden.
Informationen zur Sputnik-Herstellung
Gespräche über Sputnik-Lieferung

Österreich verhandelt derzeit mit Russland über die Lieferung von einer Million Dosen des Corona-Impfstoffes Sputnik V. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erklärte am Dienstag, dass man "aktuell alle Möglichkeiten" prüfe, um möglichst rasch weiteren Zugang zu noch mehr geprüften Impfstoffen für die breite Bevölkerung zu ermöglichen". "Klar ist: jeder in Österreich eingesetzte Impfstoffe muss wirksam und sicher sein", so Anschober.

In der Europäischen Union ist Sputnik V derzeit noch nicht zugelassen. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hat aber ein sogenanntes rollierendes Verfahren zur Zulassung gestartet. Dabei können während eines Gesundheitsnotstands die notwendigen Daten bei Verfügbarkeit sukzessive eingereicht und geprüft werden. Das Verfahren kann so beschleunigt werden.

Verhandlungen um Sputnik-Impfstoff: Noch keine Entscheidung

Aus dem Bundeskanzleramt in Wien hieß es am Dienstag gegenüber der APA eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit Russland zum Austausch von Dokumenten sei unterschrieben worden. Die österreichischen Gesundheitsbehörden würden auch Zugang zu den Dokumenten erhalten. Verhandelt werde über die Lieferung von 300.000 Dosen im April, 500.000 Dosen im Mai und 200.000 Dosen Anfang Juni. Eine Kaufentscheidung sei aber noch nicht getroffen worden.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe am 26. Februar mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert und über mögliche Lieferungen des russischen Impfstoffs Sputnik V nach Österreich gesprochen, so das Bundeskanzleramt. Noch am selben Tag sei eine Kontaktaufnahme mit dem Russian Direct Investment Fund (RDIF), der mit dem internationalen Vertrieb von Sputnik V beauftragt ist, erfolgt. Am 5. März habe Kurz dann mit Kirill Dmitriev, dem RDIF-Vorstandsvorsitzenden, gesprochen. Seitdem habe es bereits mehrere Videokonferenzen und Telefonate mit dem RDIF sowie dem russischen Botschafter in Österreich, Dmitri Ljubinski, unter Einbindung des Gesundheitsministeriums und der Finanzprokuratur gegeben.

Kanzler Kurz ist zusätzlichen Impfdosen nicht abgeneigt

Kurz hatte bis jetzt immer erklärt, dass die Voraussetzung für eine Lieferung nach Österreich eine EU-Zulassung des russischen Impfstoffes sei. In einer Stellungnahme am Dienstag betonte der Bundeskanzler, dass es beim Impfstoff "keine geopolitischen Scheuklappen geben" dürfe. "Das Einzige was zählen darf ist, ob der Impfstoff wirksam und sicher ist, nicht woher er kommt." Seit Februar sei man in einem guten Austausch mit der russischen Seite, wofür er sehr dankbar sei, so Kurz. "Wenn Österreich 1 Million Impfdosen zusätzlich bekommt, wäre eine frühere Rückkehr zur Normalität möglich und wir können viele Menschenleben sowie Arbeitsplätze retten."

Die Leiterin des nationalen Impfgremiums äußerte sich am Dienstagabend eher skeptisch zu einer rein nationalen Zulassung, auch wenn Ursula Wiedermann-Schmidt diese prinzipiell nicht ausschloss. Das Problem auch auf europäischer Ebene sei aber aktuell, dass die Hersteller offenbar nicht ausreichend Daten vorgelegt hätten. Da sei dann die Frage, ob man national schneller als die EMA an diese Informationen herankäme, die belegten, ob Sputnik sicher und entsprechend wirksam sei.die belegten, ob Sputnik sicher und entsprechend wirksam sei.

Kritik von FPÖ und NEOS

Kritisch äußerte sich indes FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer. Er habe bereits Anfang Februar den Kauf des russischen Impfstoffes gefordert, so Hofer. Das Beispiel rund um Sputnik V zeige, dass es die österreichische Regierung wieder einmal verschlafen habe, die richtige Schritte zu setzen. "In mittlerweile 57 Ländern kommt Sputnik V bereits zum Einsatz. Österreich könnte schon eines dieser Länder sein, würde der Gesundheitsminister nicht Anschober heißen", so der FPÖ-Chef.

"Ohne positiv abgeschlossenes Zulassungsverfahren darf Sputnik V in Österreich nicht verimpft werden. Das würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Impfung aushöhlen und den Impffortschritt in Österreich nachhaltig gefährden", forderte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Er sehe nun den Gipfel des Impfchaos, das die Regierung Kurz verursacht habe, so Loacker: "Hätte die Regierung im Herbst nicht auf 1,5 Millionen Dosen Johnson&Johnson verzichtet, müsste die Regierung über solche Aktionen erst gar nicht nachdenken."

Ärztekammer, IV und WKÖ begrüßen Verhandlungen

Zustimmend äußerte sich indes die Ärztekammer. "Es ist sehr erfreulich, dass die zahlreichen Appelle der Österreichischen Ärztekammer, zusätzlichen COVID-Impfstoff zu besorgen, auf fruchtbaren Boden gefallen sind", sagte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Internationale Erfahrungen hätten gezeigt, dass der Impfstoff Sputnik V sicher und wirksam sei. "Es wurden bereits Millionen Dosen dieses Impfstoffes verimpft, ohne dass es größere Nebenwirkungen gegeben hat", unterstrich Szekeres.

Ähnlich zuversichtlich äußerten sich die Industriellenvereinigung (IV) und die Wirtschaftskammer (WKÖ)."Beim Rollout der österreichischen Impfstrategie zählt jeder Tag. Es ist daher richtig und wichtig, sämtliche Möglichkeiten zu prüfen und zu nutzen, die zu einer Beschleunigung der heimischen Impfkampagne führen", betonte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. WKÖ-Präsident Harald Mahrer sagte: "Wir begrüßen die Initiative, Sputnik V für Österreich zu bekommen." Mahrer und WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf betonten weiters: "Jeder Test und jede Impfung helfen, Arbeitsplätze zu erhalten und Leben zu retten."

EU-Kommission verhandle nicht zu Sputnik

Die EU-Kommission äußerte sich zu den Verhandlungen zwischen Wien und Moskau zu Sputnik V zurückhaltend. Der Impfstoff gehöre nicht zu dem von der EU-Kommission ausverhandelten Portfolio, sagte eine Sprecherin am Dienstag in Brüssel. Die EU-Behörde schloss Verträge mit den Pharmaunternehmen Biontech/Pfizer, AstraZeneca, Moderna und Johnson&Johnson ab.

"Für die EU ist es entscheidend, dass die Impfstoffe auf ihre Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit geprüft werden", betonte die Sprecherin mit Blick auf das Zulassungsverfahren durch die EMA weiter. Sie verwies außerdem, dass im Falle einer Notfallzulassung "Konsequenzen" zu tragen seien. So würde die Haftung nicht mehr bei den Herstellern, sondern bei den Mitgliedstaaten liegen. Die EU-Kommission verhandle nicht zu Sputnik V, hieß es letztlich. Man sei "zuversichtlich" mit der derzeitigen Impfstrategie, das Ziel, 70 Prozent der Erwachsenen in der EU bis Sommer geimpft zu haben, zu erreichen.

Salvini lobt "Protagonistenrolle" von Kurz bei Kampagne

Der Chef von Italiens rechter Lega-Partei, Matteo Salvini, hat am Dienstag eine "Protagonistenrolle" von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Sachen Impfkampagne gelobt. "Es ist richtig, dass sich einzelne Länder in Bewegung setzen, um sich selber Impfstoff zu beschaffen", sagte Salvini bei einer Pressekonferenz mit ausländischen Journalisten in Rom.

Salvini sprach sich für die Zulassung des russischen Impfvakzins Sputnik V aus. "Wenn es um die öffentliche Gesundheit geht, darf es keine politischen oder geopolitischen Spekulationen geben. Ich hoffe, dass Brüssel bald die Genehmigung für Sputnik geben wird. Je schneller man die Impfungen vorantreibt, desto besser ist es", sagte der Lega-Chef. "Ich hoffe, dass hinter den Verzögerungen bei den Lieferungen keine wirtschaftlichen und politischen Interessen stecken", fügte Salvini hinzu.

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(APA/Red)

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