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Tibeter Gemeinschaft Österreich feiert Jubiläum: "Ich bin Tibeter"

Unter dem Motto "Ich bin Tibeter" feiert die Tibeter Gemeinschaft Österreich (TGÖ) am Samstag (21.2.2015) ihr 25-jähriges Bestehen in Österreich. Vier, fünf Menschen tibetischer Abstammung lebten damals im Lande verstreut, sie kannten einander kaum. Heute zählt die Exil-Tibeter-Community Österreichs rund 450 Mitglieder, sie ist damit nach der Schweiz und Belgien die drittstärkste in Europa.
Hubert von Goisern für Tibet
Solidaritätskundgebung in Wien

Die langjährige TGÖ-Präsidentin Tseten Zöchbauer, unermüdliche Aktivistin für die Sache Tibets, war unter den ersten ihrer Landsleute, die es nach Österreich verschlug. Aufgewachsen in der Schweiz, kam sie durch die Heirat her.

1988 forderte das Tibet Office in Genf, die Europa-Repräsentanz der Exil-Tibeter, die Jungvermählte auf, in Österreich eine eigene Sektion zu gründen. 1990 wurde der Verein angemeldet.

Kontakt zu Tibetern anfangs schwierig

Eine harte Aufgabe für einen Neuankömmling, hier versprengte Tibeter zu finden. Zöchbauer kontaktierte zuerst den Tibet-Forscher Heinrich Harrer, machte dann selbst drei Tibeter ausfindig. Die österreichischen Adoptiveltern zweier tibetischer Kinder verweigerten den Kontakt. Zöchbauer selbst hatte mehr Glück: “Meine Schweizer Adoptiveltern förderten immer die Kontakte zu Tibetern.” Ihre leiblichen Eltern traf sie das erste Mal, als sie 15 war, in Dharamsala, Hochburg der Tibeter in Nordindien und Sitz des Dalai Lama.

Bis zur Gründung der TGÖ trafen die wenigen Mitglieder des Himalaya-Volkes einander meist zufällig in Orten wie dem Buddhistischen Zentrum in Wien. Bis zum Jahr 2008 gab es in Österreich nur wenige Tibeter. Dann änderte sich die Sachlage, als es im Vorfeld der Olympischen Spiele von Peking zu Aufständen in Tibet kam. Im Zuge einer Flüchtlingswelle kamen viele, besonders junge Tibeter nach Europa. Die TGÖ musste “neue Aufgaben für Asywerber übernehmen”. Die Organisation wurde “auch für die Selbstdarstellung wichtig”.

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In ganz Österreich

Die Tibeter sind heute über Wien hinaus in ganz Österreich verteilt. In Salzburg, Tirol, Ober- und Niederösterreich sind jeweils zwischen 40 und 80 beheimatet. In den alpinen Bundesländern im Westen sind sie “glücklich und fühlen sich geliebt”, meint die TGÖ-Präsidentin. In Dörfern, wo Tibeter leben, werden Feste organisiert, Bevölkerung und Bürgermeister setzen sich für abgewiesene Asylwerber ein. “Solche Aktionen kennen wir in Wien nicht.”

Dabei gibt es in Österreich offiziell gar keine Tibeter. Exil-Tibeter, die als Flüchtlinge in die Alpenrepublik kommen, werden hierzulande von den Behörden und in Dokumenten als Chinesen geführt. Zöchbauer schildert, dass anfangs chinesische Übersetzer im Auffanglager Traiskirchen für die Gespräche mit Beamten eingesetzt wurden. Den Tibetern musste man beibringen, dass sie hier in Visumanträgen als Chinesen eingestuft würden. In Indien sei dies ganz anders. Dort stehe in den Ansuchen von Tibetern der Vermerk “tibetischer Abstammung”, ebenso in den Personalausweisen. “In Indien behalten wir unsere Identität”, so TGÖ-Vizepräsident Tenzin Choesang, der in Indien aufwuchs.

Wunsch nach Anerkennung als “Volksgruppe”

Im Gegensatz zur Schweiz gibt es in Österreich keine Unterstützung der öffentlichen Hand. Die TGÖ-Chefin freut sich, dass jetzt das Afro-Asiatische Institut gratis einen Raum zur Verfügung stellt, wo die Tibeter Kurse über Kultur und Sprache abhalten können.

Eine Anerkennung als “Volksgruppe” ist ein sehnlicher Wunsch der Austro-Tibeter. Dieser Wunsch stehe auch hinter dem Neujahrs- und Jubiläumsfest, betont die TGÖ-Präsidentin. Österreich ist sie dankbar: “Hier können wir unsere Kultur leben.” Ziel der Gemeinschaft sei “Integration in den Aufnahmeländern unter Beibehaltung der tibetischen Kultur”. Die TGÖ müsse für die Tibeter, die wahrscheinlich nie mehr in ihr Ursprungsland kommen, einen Beitrag leisten “Sie ist Anlaufstelle für alles.” Ihre zentrale Aufgabe bestehe darin, für den Zusammenhalt der Tibeter in Österreich zu sorgen.

Tibeter feiern am Samstag in Wien

Zöchbauer hat auch den Verein “Save Tibet” mitbegründet, der sich als “Österreichische Gesellschaft zur Hilfe an das Tibetische Volk” versteht und karitative Aufgaben wahrnimmt. So kümmert sich der von Elisabeth Zimmermann geleitete Verein um Patenschaften für Tibeter. In Dharamsala wurde ein “Home Austria” errichtet. Alljährlich wird ein Adventbazar veranstaltet, auch Momo-Kochkurse gibt es. Das Tibetzentrum im Kärntner Hüttenberg hat Kultur und Spiritualität im Fokus. Im Jänner wurde dort etwa ein Thangka-Malkurs angeboten.

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Tseten Zöchbauer ist stolz auf “ihre Tibeter” in Österreich. “Keiner ist kriminell, es gibt keine Drogensüchtigen, keine Arbeitslosen. Die Tibeter leben nicht von Sozialhilfe.” In der Schweiz und in Belgien gäbe es schon Drogenprobleme. Die TGÖ bemühe sich darum, ihren Mitglieder zu helfen, aber auch darum, sie zu erziehen. Sechs junge Tibeter gehen auf Hochschulen. 35 Kinder wurden in Österreich geboren. Tenzy Zöchbauer, Tochter der TGÖ-Chefin, führt die Österreich-Sektion des Tibetischen Jugendvereins Europa.

Am Samstag wollen die österreichischen Tibeter ausgiebig feiern. Aus dem Genfer Büro kommt der Gesandte des Dalai Lama, Ngodup Dorjee. Den Auftakt der Losar-Feiern im Don Bosco-Haus in Wien-Hietzing bildet eine Rauchopferzeremonie mit tibetischen Mönchen. Ein facettenreiches Kulturprogramm zieht sich bis in den Abend. Eine Reihe von Künstlern musiziert und tanzt (“Tibetan Ladies of Vienna”), ab 22:00 Uhr findet ein Ball statt.

Rückblick: Der Dalai Lama in Wien.

(APA/Bilder: APA/AP)

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