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Nach Burgenland-Wahl: Tschürtz übergibt FPÖ an Petschnig

Johann Tschürtz tritt nach der Burgenland-Wahl als FPÖ-Chef zurück.
Johann Tschürtz tritt nach der Burgenland-Wahl als FPÖ-Chef zurück. ©APA/ROBERT JAEGER
Nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Landtagswahl tritt Burgenlands FPÖ-Chef Johann Tschürtz als Parteiobmann ab und übergibt an den bisherigen Landesrat Alexander Petschnig.
Endergebnis der Burgenland-Wahl
Erste Reaktionen zur Landtagswahl

Tschürtz zieht sich aber nicht aus der Politik zurück, sondern wird den freiheitlichen Klub im Landtag anführen. Die FPÖ verlor bei der Landtagswahl am Sonntag fünf Prozentpunkten und liegt nur mehr bei 9,8 Prozent.

Dem Klub werden somit neben Tschürtz und Petschnig die bisherige Dritte Landtagspräsidentin Ilse Benkö und der bisherige Klubobmann Geza Molnar angehören.

Tschürtz von Doskozil enttäuscht

Der scheidende FPÖ-Chef Johann Tschürtz zeigte sich vom bisherigen Koalitionspartner SPÖ und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil enttäuscht. "Ich bin ein bisschen enttäuscht. Er hätte zumindest das Wort 'Danke' in den Mund nehmen können. Ich war hilfsbereit und vertrauensvoll", sagte Tschürtz. Er überlege sogar, den für morgen anberaumten Gesprächstermin mit Doskozil nicht wahrzunehmen.

Doskozil war nach den Gremiensitzung der SPÖ am Montag deutlich auf Distanz zum bisherigen Koalitionspartner gegangen und hatte gemeint, dass ihm das Ende der Regierungszusammenarbeit nicht leidtue und das FPÖ-Prestigeprojekt Sicherheitspartner für beendet erklärt. Tschürtz warnte heute vor der Allmacht der SPÖ: "Irgendwann wird man draufkommen, dass die Alleinherrschaft von Doskozil ein Wahnsinn ist."

FPÖ als Oppositions- und Kontrollpartei

Die FPÖ will sich nun als einzige Oppositions- und Kontrollpartei positionieren. Es werde auch eine Verjüngung und "viele neue Köpfe geben", sagte Tschürtz, der eigentlich nur halb zurücktritt und sich sogar als Doppelspitze mit Petschnig sah. Petschnig wurde im Präsidium mit einer Enthaltung von sieben Stimmen als neuer Parteichef nominiert.

Tschürtz sagte zudem, dass sein Abgang als Parteichef schon länger geplant gewesen sein. Er sei schon 60 Jahre alt und habe "lange an oberster Stelle gedient". Petschnig soll beim Landesparteitag am 7. März offiziell zum neuen Obmann gewählt werden.

Die Gründe für die Wahlniederlage sah Tschürtz im Streit der FPÖ mit ihrem früheren Parteichef Heinz-Christian Strache. Gerüchte, wonach er bei der FPÖ-Abspaltung DAÖ einsteigen könnte, wies Tschürtz entschieden zurück. "In diesen Zug steige ich sicher nicht ein. Das ist alles Unsinn. Ich war und bleibe der Partei treu." Er liege sicher mit Strache nicht im Bett, zeigte sich Tschürtz von entsprechenden Fragen entnervt.

Alexander Petschnig: Kärntner soll Burgenland blauer machen

Einen Kärntner haben die burgenländischen Freiheitlichen dazu auserkoren, die von einer Wahlniederlage gebeutelte Landespartei wieder aufzurichten. Alexander Petschnig hat seinen Job als Landesrat zwar verloren, dafür ist der gebürtige Klagenfurter jetzt FPÖ-Landesobmann. Die Macht teilt er freilich mit seinem Vorgänger Johann Tschürtz, der den Klub übernimmt.

Geboren in Klagenfurt kandidierte der 46-Jährige, geboren am 29. März 1973, noch vor wenigen Jahren für die Kärntner Freiheitlichen, freilich ohne zu Mandatsehren zu kommen. Nach seinem privat motivierten Wechsel ins Burgenland engagierte sich der ehemalige Hobby-Eishockeyspieler in der FPÖ Illmitz.

Rasch wurde man landesweit auf ihn aufmerksam. Der Doppel-Magister der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik wurde zum Klubdirektor berufen und managte den vorletzten Landtagswahlkampf erfolgreich. Als Rot-Blau kam, stieg der als nicht übermäßig charismatisch geltende Petschnig zum Landesrat für Wirtschaft und Tourismus auf. Bei den türkis-blauen Verhandlungen im Bund kam er in der Finanzgruppe zum Einsatz.

Vor seinem Einstieg in die Politik war Petschnig unter anderem im Investmentbanking bei der Erste Bank und im Finanzministerium aktiv. Petschnig ist geschieden und Vater einer Tochter.

Zur Person: Alexander Petschnig, geboren am 29. März 1973 in Klagenfurt. Magister der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, ab 2013 Klubdirektor der FPÖ Burgenland, ab 2015 Landesrat für Wirtschaft und Tourismus.

Johann Tschürtz kann's noch nicht ganz lassen

2015 führte er die FPÖ in die burgenländische Landesregierung, jetzt hat ihn der Wähler daraus entfernt und er sich selbst auch gleich noch von der Landesspitze der Freiheitlichen. Das politische Aus für Johann Tschürtz bedeutet dies jedoch nicht. Der treue Weg- und Ibiza-Reisegefährte von Heinz-Christian Strache bleibt der Landespolitik als Klubobmann erhalten.

Seit 2005 war der 60-Jährige Landesparteiobmann der Freiheitlichen und seit 2015 Landeshauptmann-Stellvertreter. Bundesweite Aufmerksamkeit bescherten dem Burgenländer insbesondere seine enge Freundschaft zu Strache, der ihm auch heute noch die Treue hält, und so manch unkonventioneller Vorschlag. Sein Lieblingsprojekt der Sicherheitspartner geht gerade mit der roten Alleinregierung zu Ende.

Zur Person: Laufbahn von Johann Tschürtz

Tschürtz wurde am 12. Dezember 1959 in Eisenstadt geboren. Er absolvierte eine Schlosserlehre und war nach dem Wehrdienst im Auslandseinsatz auf den Golanhöhen. Danach besuchte er in Wien die Polizeischule und war ab 1981 bei der Exekutive tätig, bis er sich für seine politische Tätigkeit karenzieren ließ.

Seine politische Laufbahn begann der Burgenländer als FPÖ-Obmann in seiner Heimatgemeinde Loipersbach. Die dortige Ortsgruppe rief er 1992 ins Leben. Noch im selben Jahr wurde er auch Bezirksparteiobmann in Mattersburg. Vier Jahre später übernahm der damals 37-Jährige die Landesgeschäftsführung der FPÖ Burgenland. 1997 zog er in den Landtag ein. 2002 wurde Tschürtz Stellvertreter des damaligen Landesparteiobmannes Stefan Salzl, ehe er 2005 zu dessen Nachfolger gewählt wurde.

Turbulente Anfangszeit als Landesparteichef

Seine erste Zeit als Landesparteichef verlief turbulent: Wenige Monate nach seinem Amtsantritt spaltete sich das BZÖ von den Freiheitlichen ab. Tschürtz stellte sich umgehend an die Seite der FPÖ von Strache, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbindet. Im Sommer standen regelmäßig gemeinsame Familienurlaube auf dem Programm - bevorzugtes Reiseziel war Ibiza.

Bei der Landtagswahl 2005 - wenige Monate nach der BZÖ-Abspaltung - trat Tschürtz erstmals als Spitzenkandidat der Freiheitlichen an und erlebte einen Absturz von 12,6 auf 5,8 Prozent. Obwohl das BZÖ im Burgenland nie wirklich Fuß fassen konnte, nahmen die Turbulenzen nicht ab: Der einstige FPÖ-Klubchef Manfred Kölly wurde aufgrund der Unterzeichnung einer geheimen Vereinbarung mit der SPÖ aus der Partei ausgeschlossen und gründete mit Ex-Parteiobmann Wolfgang Rauter die zwischenzeitlich erfolgreiche Abspaltung "Liste Burgenland".

"Neustart" muss nun von Alexander Petchnig erreicht werden

Tschürtz schaffte es dennoch, die Blauen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen: Bei der Landtagswahl 2010 erreichte er neun Prozent, 2015 schaffte man mit 15 Prozent den Sprung in die Landesregierung. Einen Rückschlag musste der 60-Jährige 2013 einstecken. Damals wurde er beim Landesparteitag mit lediglich 71 Prozent der Delegiertenstimmen als Landesparteiobmann bestätigt und dachte über seinen Rücktritt nach. Doch Tschürtz baute die Klubdirektion und die Landesgeschäftsführung um und vollzog einen "Neustart".

Den wird der FPÖ jetzt Alexander Petschnig verschaffen müssen, nachdem Tschürtz angesichts der deutlichen Verluste am Sonntag die Reißleine zumindest halb gezogen hat, da sich die Hoffnung auf eine neuerliche Regierungsbeteiligung zerschlagen hatte.

Tschürtz ganz privat

Tschürtz ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Seine Freizeit verbringt der FPÖ-Chef im Kreise von Familie oder Freunden. Zur Erholung wandert er gerne.

Zur Person: Johann Tschürtz, geboren am 12. Dezember 1959 in Eisenstadt, Schlosserlehre und Polizeischule in Wien. Polizeibeamter seit 1981, seit 2015 karenziert. Obmann der FPÖ Loipersbach 1992, Landesgeschäftsführer 1996, Landtag 1997, Parteichef-Stellvertreter 2005, Landesparteichef seit 2005. Landeshauptmann-Stellvertreter seit 2015. Verheiratet, Vater zweier Kinder.

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