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Fehlgeburt nach Corona-Impfung? Der Faktencheck

Steigen Fehlgeburten nach der Corona-Impfung an? Nein.
Steigen Fehlgeburten nach der Corona-Impfung an? Nein. ©pixabay.com
Steigen die Fehlgeburten bei geimpften schwangeren Frauen an? Laut Faktencheck bewegt sich die Rate der Fehlgeburten im Durchschnitt.
Wird Corona-Impfstoff von Mensch zu Mensch übertragen?

In Österreich werden nun auch Schwangere gegen Covid-19 geimpft, wie mehrere Medien berichteten. Das Nationale Impfgremium (NIG) hatte die Impfung für Schwangere zuletzt empfohlen und sie in der Priorität hochgestuft. Besonders zu mRNA-Impfstoffen wird geraten.

Dies ruft impfkritische Gegenstimmen auf den Plan, die behaupten, dass Schwangere durch Impfungen gefährdet seien. Eine bei einer Studie festgestellte hohe Zahl an Fehl- und Frühgeburten bei geimpften Frauen soll dies belegen, heißt es etwa in einem Artikel von "Wochenblick".

Rate der Fehlgeburten im Durchschnitt

Laut einer Studie erlitten 13,9 Prozent der geimpften Schwangeren eine Fehlgeburt und 9,4 Prozent eine Frühgeburt. Dies ist bedenklich hoch.

Die Prozentzahlen stimmen. Der Anteil der Frauen, die nach einer Corona-Impfung eine Fehl- und Frühgeburt hatte, liegt aber im Durchschnitt. Die vorläufigen Ergebnisse der Studie deuten nicht auf Sicherheitsbedenken hin.

Die Studie wurde im medizinischen Journal "The New England Journal of Medicine" veröffentlicht. 3.958 schwangere Frauen wurden mit dem BioNTech/Pfizer oder dem Moderna-Impfstoff geimpft und befragt. Die Daten wurden verschiedenen Datenbanken entnommen, etwa dem Tool VAERS, das vermutete Impf-Nebenwirkungen dokumentiert.

Fehlgeburten meist zu Beginn der Schwangerschaft

Den vorläufigen Ergebnissen zufolge hatten tatsächlich 13,9 Prozent der Frauen in der Studie eine Fehlgeburt, 9,4 Prozent eine Frühgeburt und bei 3,2 Prozent der Frauen waren die Babys bezogen auf das Reifealter zu klein. Alle Werte liegen verglichen mit sonstigen Raten von Fehl- oder Frühgeburten aber im Durchschnitt oder teilweise sogar darunter. Zu beachten gilt dabei, dass nur rund 29 Prozent der Frauen im ersten Trimester, 43 Prozent im zweiten Trimester und 26 Prozent im dritten Trimester geimpft wurden und die Studie nur eine kleine Stichprobe umfasste. Die meisten Fehlgeburten finden zu Beginn der Schwangerschaft statt. Aufgrund der hohen Varianz der Zahlen bei Früh- und Fehlgeburten in verschiedenen Regionen werden im Faktencheck mehrere Quellen angeführt.

15 Prozent aller Schwangerschaften führen zu Fehlgeburten

Dem medizinischen Journal "The Lancet" (2021) zufolge liegt das Gesamtrisiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, unter allen wahrgenommenen Schwangerschaften bei 15,3 Prozent. Die US-Stiftung "March of Dimes" gibt das Risiko mit zehn bis 15 Prozent an. Die US-Organisation Planned Parenthood nennt zehn bis 20 Prozent. Laut dem wissenschaftlichen Informations-Portal "Science Direct" (2019) ist die Fehlgeburt die häufigste Komplikation in der Schwangerschaft. Berichten zufolge hätten 12 bis 24 Prozent der Frauen mit positivem Schwangerschaftstest eine Fehlgeburt.

Fehlgeburten werden nicht einheitlich definiert. Normalerweise spricht man aber vor der 20. Schwangerschaftswoche von einer Fehlgeburt ("miscarriage", "early pregnancy loss", "fetal demise", oder "spontaneous abortion"), nach der 20. Schwangerschaftswoche von einer Totgeburt ("stillbirth"). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht diese Teilung in der 28. Schwangerschaftswoche.

Rate der Frühgeburten

Zu Frühgeburten zählen alle Geburten vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche, schreiben Statistik Austria und die WHO auf ihren Webseiten. In Österreich lag die Frühgeborenenrate im Jahr 2019 laut Statistik Austria bei 7,4 Prozent aller Lebendgeburten und damit niedriger als in der Studie zu mRNA-Impfstoffen. Der WHO zufolge rangiert die Rate der Frühgeburten in 184 Ländern aber bei fünf bis 18 Prozent.

Wachstumsverzögerungen des Babys

Ist ein Baby bezogen auf das Reifealter, also der Anzahl der Schwangerschaftswochen, zu klein, nennt man das im internationalen Sprachgebrauch "Small for gestational age" (SGA). Auch hier gibt es verschiedene Definitionen und Prozentzahlen. Laut der US-Stiftung "The Magic Foundation" werden zwischen drei und zehn Prozent aller Babys, die jedes Jahr lebend geworden werden, mit SGA diagnostiziert. Einer Studie von Euro-Peristat (2016) zufolge variiert die Rate in Europa von Land zu Land stark. In Österreich lag sie demnach im Jahr 2010 bei Lebendgeburten einzelner Babys bei zehn Prozent. Statistik Austria (20) zufolge deutete im Jahr 2018 bei 9,8 Prozent der Einzelgeborenen in Österreich das Geburtsgewicht bezogen auf die Schwangerschaftsdauer auf SGA hin.

Auch in der Studie zu mRNA-Impfungen (5) bei Schwangeren selbst steht, dass die Anteile der negativen Schwangerschaftsentwicklungen den Anteilen, die bei Untersuchungen vor der Corona-Pandemie festgestellt wurden, ähnlich zu sein scheinen. Frühgeburten oder Fehlgeburten zählen zu solchen negativen Ausgängen. Dies sei aber u.a. aufgrund der genannten Gründe nicht gänzlich miteinander vergleichbar. Daher brauche es noch mehr Studien, etwa in früheren Schwangerschaftsphasen. Die vorläufigen Ergebnisse hätten aber keine Sicherheitsbedenken bei schwangeren Personen, die mRNA-Covid-19-Impfstoffe erhalten hatten, gezeigt.

Keine Impfrückstände in Muttermilch

Laut dem Nationalen Impfgremium (NIG) lassen tierexperimentelle Studien nicht auf schädliche Wirkungen in Bezug auf Schwangerschaft, Entwicklung des Babys oder Geburt schließen. Das schreibt auch die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Bezüglich des Stillens heißt es in der Empfehlung des NIG: "Es ist nicht zu erwarten, dass mRNA-Impfstoffe oder Bestandteile desselben in die Muttermilch übertreten und sich daraus irgendein theoretisches Risiko ableiten ließe. (...) Dies ist auch bei Vektorimpfstoffen nicht zu erwarten." Davor hatte der "Wochenblick" gewarnt.

Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) empfiehlt in ihrer Stellungnahme von 29. April 2021, Schwangeren aufgrund des erhöhten Risikos für einen schweren Verlauf die Corona-Impfung zu ermöglichen. Stillenden Frauen könne die Impfung empfohlen werden: "Durch die Impfung gebildete Antikörper gegen eine Infektion mit Sars-CoV2, welche durch die Muttermilch auf das Neugeborene übertragen werden, sind als potenziell schützend anzusehen." Das wird auch in der Studie zu mRNA-Impfungen bei Schwangeren beschrieben.

(APA/red)

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