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Erst Corona, nun Ukraine: Krisen überlagern seit 9/11 immer wieder Klimapolitik

Die Klimakrise ist ein Problem von stetig zunehmender Dringlichkeit - wird aber regelmäßig von "aktuen" Krisen überlagert
Die Klimakrise ist ein Problem von stetig zunehmender Dringlichkeit - wird aber regelmäßig von "aktuen" Krisen überlagert ©APA/GEORG HOCHMUTH (Sujet)
Aktuell hält die Invasion Russlands in der Ukraine die Welt in Atem - und ließ die Klimapolitik einmal mehr in den Hintergrund treten. Politologe Reinhard Steurer erläutert ein sich wiederholendes Phänomen.
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Aktuell hält die Invasion Russlands in der Ukraine die Welt in Atem - und ließ die Klimapolitik einmal mehr in den Hintergrund treten.

Seit 9/11: Krisen überlagern immer wieder Klimapolitik

Schon seit 9/11 und zuletzt bei Corona beobachtet Steurer dieses Muster. "Immer wenn eine akute Krise passiert, rückt das Klimaproblem in den Hintergrund, weil es ein langwieriges Problem ist, das sich über Jahrzehnte entwickelt". Steurer schätzt, der Effekt werde kleiner, je stärker die Folgen der Erderhitzung zu spüren sind.

Für Steuer ist vollkommen klar und selbstverständlich, dass nach der Pandemie nun der Krieg in der Ukraine alle Aufmerksamkeit erfordert. "Was man aber immer wieder gesehen hat, ist, dass aus Krisen oft die falschen Schlüsse gezogen werden", sagte der Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien im Gespräch mit der APA. "Zum Beispiel hatten wir 2009 schon einmal eine Gaskrise und Bedenken, ob die Gaslieferungen reichen. Die Konsequenz war damals, dass man die Speicher ausgeweitet hat anstatt, dass man die Abhängigkeit reduziert hätte."

Lernen aus der Krise: Abhängigkeit von Gas reduzieren

"Wenn wir jetzt aus der Krise was lernen wollen, sollten wir ganz massiv die Abhängigkeit von Gas reduzieren, nicht nur von russischem Gas". Es dürfe nicht nur darum gehen, Gas von woanders zu beziehen." Mehr LNG-Terminals für Flüssiggas aus den USA zu bauen, wäre die falsche Schlussfolgerung", so Steurer.

Stattdessen sollte Europa die Stromerzeugung aus Wind und Sonne massiv ausbauen, Häuser und Wohnungen besser dämmen und die Heizungen umstellen. "Das wäre ein echter Schlag gegen Russland." Wärmepumpen seien selbst dann effizienter, wenn der Strom zur Gänze aus Gas gewonnen würde, was ohnehin nicht der Fall sei, verwies Steuer auf entsprechende Untersuchungen.

Experte Steurer: Klimakrise tritt in den Hintergrund - wird aber immer akuter

Steurer geht davon aus, dass die Klimakrise noch öfters von anderen Krisen überlagert werden wird. "Das wird immer wieder so passieren, mit einem Unterschied: Die Klimakrise selbst wird immer akuter werden. Mit jedem Jahr, das verstreicht, ohne dass die Emissionen sinken, entwickelt sich das selber zu einer sehr akuten Krise."

Für den Wissenschafter ist aufgrund der Entwicklungen in der Ukraine auch zu befürchten, dass der neue am Montag zu Mittag erscheinende Bericht des Weltklimarats IPCC nicht jene Aufmerksamkeit erhalte werde, die er angesichts der Dramatik haben sollte. "Die Information, die ich dazu habe, ist, dass es eine deutliche Verschärfung in den Befürchtungen gibt, also dass das, was für eine sehr heiße Welt angenommen wurde, ist jetzt schon anzunehmen für eine moderate Erhitzung", so Steurer.

Folgen für die psychische Gesundheit junger Leute

Der Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, hatte Mitte Februar zum Auftakt der Abschlussberatungen über den IPCC-Bericht vor den Folgen für die psychische Gesundheit junger Leute gewarnt. "Wir müssen vorsichtig sein, wie wir über die Ergebnisse der Wissenschaft berichten, über Kipppunkte, und ob wir über einen Kollaps der Biosphäre oder das Verschwinden der Menschheit sprechen", sagte Taalas. "Wir müssen aufpassen, dass wir unter den jungen Menschen nicht zu viele Ängste auslösen."

(APA/Red)

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