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Doppelmord in Wien-Meidling: Prozess-Neuauflage nach Freispruch

Beim Prozess in Wien
Beim Prozess in Wien ©APA
Wiederauflage nach Freispruch: Am Donnerstag muss sich der 47-jährige Andreas B. zum zweiten Mal im heurigen Jahr für den Mord an einer Seniorin und ihrer Heimhelferin in Meidling verantworten. Der 16-fach Vorbestrafte war in einem aufsehenerregenden Verfahren freigesprochen worden.
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Andreas B. steht am 29. August erneut vor einem Wiener Schwurgericht, nachdem er im April vom Vorwurf freigesprochen wurde, gemeinsam mit seinem Bekannten Martin Sch. (35) in Wien-Meidling eine 88-jährige Pensionistin und ihre 54 Jahre alte Heimhelferin in räuberischer Absicht erstochen zu haben.

Freispruch für Angeklagten war knapp

Während Sch. damals im Straflandesgericht von den acht Geschworenen mit deutlicher Mehrheit (7:1 Stimmen) schuldig erkannt und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, wurde B. mit dem knappest möglichen Abstimmungsverhältnis (4:4 Stimmen) freigesprochen. Die drei Berufsrichter setzten daraufhin in seinem Fall den Wahrspruch wegen Irrtums der Geschworenen aus.

Nun muss sich ein völlig neu zusammengesetzter Schwurgerichtshof unter Vorsitz von Richter Ulrich Nachtlberger neuerlich mit dem Fall auseinandersetzen. Martin Sch., der gegen die über ihn verhängte Höchststrafe Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung eingelegt hatte – über die Rechtsmittel hat der Oberste Gerichtshof (OGH) noch nicht entschieden – ist diesmal als Zeuge geladen. Ob und inwieweit er seine Aussagen nach der über ihn verhängten Höchststrafe ändern wird, bleibt abzuwarten.

Der Doppelmord in Wien-Meidling

Als die Heimhelferin Halina H. am 22. Juni gegen 11.30 Uhr nach getaner Arbeit die Wohnung der 88-jährigen Stephanie V. in der Böckhgasse in Meidling verlassen wollte, wurde sie unmittelbar nach dem Öffnen der Tür mit einem Faustschlag attackiert, der einen Nasenbeinbruch zur Folge hatte. Die 54-Jährige taumelte zurück in die Wohnung und versuchte ins Schlafzimmer zu flüchten, als laut Anklage einer der beiden Täter mit einem Messer auf sie einzustechen begann.

Gezählte 19, teils mit äußerster Wucht geführte Stiche trafen Halina H. Als sie zu Boden stürzte, wurde sie noch mit Fußtritten und Schlägen traktiert. Sie hatte ebenso keine Überlebenschance wie Stephanie V., die der Anklage zufolge vom zweiten Angreifer in der Küche mit 14 Messerstichen zu Tode gebracht wurde.

Motiv für Bluttat: Spielsüchtige in Geldnot

Im Stauraum einer Eck-Sitzbank fanden die Eindringlinge Bargeld und zudem ein Goldcollier, Ringe und weiteren Schmuck der Wohnungsinhaberin. Darin erblickt Staatsanwalt Christian Walzi das Motiv für die Bluttat: Der Sohn der 88-Jährigen soll im Cafe “Magaluf” auf der Wienerbergstraße in Meidling im angeheiterten Zustand regelmäßig über einen hohen Bargeld-Betrag berichtet haben, den seine Mutter daheim aufbewahre. Die Angeklagten Andreas B. und Martin Sch. waren Stammgäste im “Magaluf”, finanziell angeschlagen und laut Anklage der Spielsucht verfallen. Sie sollen sich daher zu einem Raubüberfall auf die betagte Pensionistin entschlossen haben.

DNA-Spuren überführten Täter

Andreas B. und Martin Sch. beteuerten im Ermittlungsverfahren und später vor Gericht, sie hätten sich nicht am Tatort befunden. Allerdings wurde im Eingangsbereich der Wohnung ein Zigarettenstummel sichergestellt, der eindeutig Andreas B. zugeordnet werden konnte: 17 von 17 DNA-Merkmalen stimmten mit denen des 16-fach vorbestraften Mannes überein.

Bei Martin Sch. wurden wiederum im Zuge einer Hausdurchsuchung ein Gürtel und eine Jean sichergestellt, an denen die Ermittler der Polizei in einem Vortest – dem sogenannten Blue Star-Verfahren – stark positive Anzeichen auf fremde DNA-Spuren – vermutlich Blut – entdeckten. Eine Gutachterin überprüfte die verdächtigen Gegenstände und landete aufschlussreiche Treffer: An der Gürtelschnalle wurden DNA-Merkmale nachgewiesen, die eindeutig der umgekommenen Heimhelferin nachgewiesen werden konnte.

Beim ersten Prozess in Wien

Der Darstellung des 35-Jährigen, der wahre, ihm unbekannte Täter müsse ihn im “Magaluf” stürmisch begrüßt und bei der Umarmung die DNA der umgebrachten Heimhelferin auf seine Kleidung übertragen haben, schenkten die Geschworenen im ersten Prozess mit deutlicher Mehrheit keinen Glauben.

Dagegen war die Behauptung von Andreas B., jemand müsse im “Magaluf” die Reste einer von ihm gerauchten Zigarette eingesteckt und später bewusst am Tatort deponiert haben, um eine falsche Spur zu legen und ihn zu Unrecht zu belasten, für vier Laienrichter glaubwürdig. Das hätte – wären die drei Berufsrichter nicht eingeschritten – für einen Freispruch gereicht.

(apa/red)

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