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NEOS peilen bei Nationalratswahl Premiere an

Die NEOS waren bislang noch nie in einer Bundesregierung vertreten.
Die NEOS waren bislang noch nie in einer Bundesregierung vertreten. ©APA/TOBIAS STEINMAURER
Die NEOS peilen bei der Nationalratswahl 2024 erstmals eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene an.
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Ob das Vorhaben gelingt, wird zwar nicht nur, aber doch wesentlich vom eigenen Abschneiden abhängen. In ihrer noch jungen Parteigeschichte erlebten die Pinken nach anfänglichen Höhenflügen immer wieder Phasen der Stagnation bzw. kleine Rückschläge. Eine solche Durststrecke beendete zuletzt die EU-Wahl.

NEOS vor NR-Wahl auf Achterbahnfahrt

Bei der Europawahl im vergangenen Juni erzielten die NEOS mit 10,14 Prozent ihr bis dato bestes Ergebnis. Zuvor war es jedoch alles andere als nach Wunsch verlaufen. Die Urnengänge in den vergangenen zwei Jahren boten aus pinker Sicht wenig Anlass zur Freude. Zwar gab es bei der niederösterreichischen Landtagswahl im Jänner 2023 noch ein kleines Plus, danach blieben jedoch selbst kleine Erfolge aus. Bei der Kärntner Landtagswahl im März des vergangenen Jahres verfehlte die Partei den Einzug ins Landesparlament klar.

Schlimmer kam es dann bei der darauffolgenden Salzburger Landtagswahl. Mit einem Minus von 3,07 Prozentpunkten und einem Stimmenanteil von 4,2 Prozent flogen die Pinken dabei nicht nur aus der Landesregierung, sondern auch aus dem Landtag. Ähnlich enttäuschend machten sich die heurigen Gemeinderatswahlen in den Landeshauptstädten Salzburg und Innsbruck aus, wo es beide Male ein Minus setzte.

NEOS in Wahltrend vor Grünen

Kritik an Parteichefin Beate Meinl-Reisinger wurde deshalb aber nicht laut. Die NEOS-Chefin verwies stets auf die guten Ergebnisse auf Bundesebene bzw. darauf, wie schwierig es für die Pinken ist, in ländlichen Bereichen Strukturen aufzubauen. Und auch die aktuellen Umfragewerte bestätigen mehr oder weniger diese Argumentation. Die Pinken liegen im APA-Wahltrend konstant vor den Grünen. Umfragen weisen ihnen Werte zwischen acht und elf Prozent aus, was bei einer Nationalratswahl jedenfalls einen Zuwachs bedeuten würde. Bisher trat die Partei drei Mal an und wuchs dabei stetig in der Wählergunst: Von 4,96 Prozent im Jahr 2013 auf 5,30 (2017) bis zu 8,1 bei der Nationalratswahl 2019.

Für eine Regierungsbeteiligung reichte es bisher aber nicht, spielte man doch im Koalitionspoker nach den Urnengängen bisher keine Rolle. Das könnte sich diesmal ändern, falls für die ehemaligen Großparteien ein dritter Koalitionspartner notwendig werden sollte. Regierungsverantwortung zu übernehmen, ist auch erklärtes Ziel von Meinl-Reisinger, die durchaus selbstbewusst schon einmal das Finanzressort neben dem Bereich Bildung als pinkes Wunsch-Betätigungsfeld angemeldet hat.

NEOS 2013 mit erstem NR-Einzug

Erstmals in den Nationalrat gekommen waren die NEOS im Jahr 2013, als sie aus dem Stand mit knapp fünf Prozent den Einzug in das Hohe Haus erobert hatten. Kurz vor dieser Wahl war das "Das neue Österreich", kurz NEOS, aus der Taufe gehoben worden. Der ehemalige ÖVP-Mitarbeiter und Politikberater Matthias Strolz hatte im Oktober 2012 Gleichgesinnte zusammengetrommelt, um "dem Stillstand und der Korruption in der österreichischen Politik" etwas entgegenzusetzen. Nicht nur unzufriedene ÖVP-Mitglieder nahm der Vorarlberger in seinen Stall auf. Bald meldete sich auch das Liberale Forum (LIF), das ein Wahlbündnis mit der "Bürgerbewegung" einging.

Unterstützt wurden die neuen Liberalen von LIF-Mitbegründer und Großunternehmer Hans Peter Haselsteiner. Die Marke NEOS wurde im Sinne eines hippen Start-ups aufgebaut. Zu diesem Zwecke holte sich Strolz Expertin Grace Pardy ins Boot, die bereits für Coca Cola gearbeitet hatte und Lobbying-Experte Feri Thierry. Ein zentraler Erfolgsfaktor war aber Strolz selbst, der mit seiner oft unkonventionellen Art und seinem manchmal ungezügelten Wesen für Aufmerksamkeit sorgte.

Nach der Eroberung des Nationalrats folgten der Einzug ins Europaparlament, sieben Prozent bei der Landtagswahl in Strolz' Heimat Vorarlberg und der Einzug in den Wiener Landtag. Im Burgenland, der Steiermark und in Oberösterreich reichte es zunächst nicht. 2018 eroberten die Pinken dann das niederösterreichische Landesparlament und zogen in den Tiroler Landtag ein. In Salzburg kamen die NEOS sogar in die Regierung. In Kärnten blieb ihnen jedoch weiter verwehrt, Fuß zu fassen.

Von Strolz zu Meinl-Reisinger

Unbestritten eine der größten Herausforderungen bisher war der völlig überraschende Rückzug Strolz' aus der Politik kurz nach der Nationalratswahl im 2017. Dass das pinke Zugpferd ohne Vorwarnung und ohne ersichtlichen Grund die Brücke verließ, sorgte bei manchen für Unverständnis und löste Sorgen darüber aus, dass es die NEOS ohne Strolz nicht geben könne. Der Parteigründer sah das ganz anders. Er begründete seinen Rückzug damit, dass die NEOS die Pionier- und Aufbauphase abgeschlossen hätten und nun eine neue Wachstumsphase beginne.

Tatsächlich funktionierte der Wechsel zu Meinl-Reisinger reibungslos. Die Partei stand von Anfang an geschlossen hinter ihr. Und nun kann sie die NEOS in eine neue Phase führen, sollten es die Pinken nach der Wahl am 29. September erstmals in eine Regierung schaffen.

NEOS starteten optimistisch in den Wahlkampf

Mit großem Optimismus sind die NEOS am Freitagnachmittag bei einem Fest in der Wiener Strandbar Herrmann offiziell in den Nationalratswahlkampf gestartet. Von allen Rednerinnen und Rednern wurde dabei das Ziel einer Regierungsbeteiligung angesprochen. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger gab sich überzeugt, dies zu erreichen und Österreich damit verändern zu können. "Es ist ein Job, den vielleicht nur eine Frau machen kann", meinte sie in ihrer Rede.

"Jetzt ist die Chance, das zu verwirklichen und zu liefern, was wir versprochen haben", verwies sie auf das seit der EU-Wahl herrschende Momentum für die NEOS. Es herrsche unfassbar gute Stimmung in der Partei, aber auch bei den Wahlkampfterminen. "Wir haben uns sehr viel vorgenommen. Wir können das, wir wollen das und werden das in einer nächsten Regierung umsetzen." Und: "Gemeinsam mit euch kann ich das schaffen."

Generalsekretär Douglas Hoyos verwies auf den "Reformstau" im Land. "In den letzten Jahren hat sich viel zu wenig bewegt, viel zu viel ist liegengeblieben". Der Wiener Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr wiederum zeigte sich für die kommenden Wochen gerüstet. "Es wird ein heißer Wahlkampf, ich bin bereit." Veränderung sei nur mit den NEOS möglich. "Wir sind bereit, das anzugreifen." Aus seiner eigenen Erfahrung als Koalitionspartner der SPÖ in Wien wisse er: "Regieren ist nicht einfach, es ist manchmal hart - aber es ist geil."

Wiederholt stellten die NEOS das Beispiel Wien dem Bund gegenüber. In Wien habe man etwa die Luftsteuer und die GIS-Landesabgabe abgeschafft oder ein kostenloses Mittagessen an ganztägigen Schulen eingeführt. Ebenso der Gastronom und Wieder-NEOS-Kandidat Sepp Schellhorn: "Wir gehen dorthin, wo es wehtut." Und in Wien gehe es.

Als Negativbeispiel, das man bekämpfen wolle, stellte Schellhorn die Macht der Landeshauptleute bzw. deren Auswüchse dar. "Wir sind die einzige Kraft, die nicht von den Landeshauptleuten abhängig ist." Und: "Mit diesen Feudalherren müssen wir einmal anders reden." In den Ländern - und nicht nur dort - brauche es mehr Transparenz. "Wo geht welches Geld hin? Ich will das wissen."

Mit dem heutigen Freitag beginnt der Intensivwahlkampf der NEOS. Untätig war man aber auch bisher nicht. Bereits seit dem 6. August läuft die pinke Wahlkampf-Tour ("Reformkraft on tour"), die bis zum Wahltag andauern soll. Geplant sind neben Veranstaltungen wie "NEOS@Home-Abenden" auch Stammtische, Podiumsdiskussionen, Afterworks sowie Schul-, Unternehmens- oder Bierzelt-Besuche.

(APA/Red)

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