Schnitzelgutschein fürs Impfen? Pro und Contra

PRO
Wien ist nicht nur anders, Wien ist Vorreiter. Ob Gastro-Gutscheine oder „Alles Gurgelt“, die Stadt ist für seine Ideen und Innovationen bekannt. Und obwohl momentan fleißig geimpft wird, wird dennoch einmal der Moment kommen, an dem die Impfstraßen nicht mehr so stark besucht sind. Was spricht also gegen einen kleinen Ansporn fürs Jauckerl.
Knapp zwei Millionen Menschen wohnen in Wien auf engstem Raum. Die Gefahr, dass irgendwo ein Cluster ausbricht, ist dementsprechend hoch. Eine hohe Durchimpfungsrate würde dagegen helfen, anvisiert ist eine Impfquote von über 60 Prozent. Ein sportliches Ziel, denn nach der anfänglichen Euphorie wird auch die Impfbereitschaft abnehmen. Und dann kommt noch die Urlaubszeit im Sommer, die Ablenkung durch andere Termine – und im Winter die vierte Welle.
Die Regierung schaltet deshalb Werbung für die Corona-Impfung, doch die erreicht bei weitem nicht alle. Nicht jeder hält sich auf dem Laufenden, bei vielen kommen sprachliche Barrieren hinzu. Ein Gastro-Gutschein würde das ändern, wie Wien bereits weiß. Der durchdringt alle Gesellschaftsschichten und anstatt Inserate in Medien zu zahlen, kommt das Geld bei allen Bürgern an. Wer sich partout nicht impfen lassen will, der wird sich auch nicht vom Gutschein umstimmen lassen. Muss er auch nicht, dafür ist er auch nicht gedacht.
In jedem Fall wäre ein zweiter Gastro-Gutschein eine direkte Wirtschaftshilfe für Betriebe, die in den letzten Monaten sowieso auf Einnahmen verzichten mussten. Kommt die Wirtschaft möglichst schnell wieder in Fahrt, spült das auch wieder Geld in die Stadtkassen und die Krise wird abgemildert. Also eine Win-win-Situation für alle.
(obl)
CONTRA
Ein Schnitzel mit Pommes – das hört sich gut an. Vielleicht als Belohnung nach der Impfung? Hört sich sehr gut an. Und das vielleicht sogar gratis? Das hört sich noch besser an! Ein Schnitzelgutschein zur Impfung – ja, das klingt wirklich gut. Doch was sich gut anhört, muss nicht automatisch gut sein.
Ob man sich impfen lässt oder nicht sei jedem freigestellt – das hier vorneweg. Die Impfung kann der Ausweg, der Rückweg zur Normalität sein. Sie minimiert das Risiko einer Ansteckung und das Risiko eines schweren Verlaufs. Wer sich impfen lassen möchte, für den ist hoffentlich ein vorhandener Impftermin Belohnung genug. Wer nach wie vor skeptisch ist, dem sollte man jedoch nicht mit Goodies begegnen, sondern mit Aufklärung.
Wenn jetzt begonnen wird, Impf-Anreize zu vergeben, nimmt man auch den Start eines schlechten Trends in Kauf. Einerseits werden jene Menschen, die bereits geimpft sind, über die Ungerechtigkeit klagen. Die Impfung, die als erfreuliches Ereignis wahrgenommen wurde, bekommt einen negativen Beigeschmack – nicht vergleichbar mit dem Geschmack eines Schnitzels. Und wenn man einmal ein Geschenk zur Impfung bekommen hat, wird man dieses auch für Zweit-Impfungen brauchen, für Routine-Untersuchungen und viele Dinge, die es eigentlich gibt, um den Menschen zu helfen. Wenn nun Anreize geschaffen, spricht man der Impfung ihre Bedeutung ab: Nämlich, dass sie Schutz und Rückkehr zur Normalität bietet.
Aber noch viel schlimmer: Anreize sprechen auch den Menschen ihre Mündigkeit ab. Sie würden aussagen, dass die Meinungen von einem Schnitzel-Gutschein geändert werden kann, dass Menschen Skepsis aufgrund eines Schnitzel-Gutscheins verlieren. Gastrogutscheine um Wirte zu unterstützen, ja gerne. Aber Gutscheine, um die Meinung von Menschen zu manipulieren – nein danke.
(lyd)
(Red)