Sie haben vielfach Krieg und Verfolgung hinter sich, haben oftmals ihre gesamten Ersparnisse für die Flucht aus ihrem krisengebeutelten Heimatland ausgegeben, mussten Teile ihrer Familie zurücklassen – und dann sind Flüchtlinge bei der Ankunft in Österreich mit Ablehnung und Fremdenfeindlichkeit konfrontiert.
Weitere Bilder von der Verteil-Aktion in #Traiskirchen – #identitär #deraustausch pic.twitter.com/LRnKyeDZi4
— Identitäre Bewegung (@Identitaere_B) June 21, 2015
Identitäre an Flüchtlinge: “You are going home”
Etwa in Form von Briefen der Identitären-Bewegung, die im Juni an Asylwerber in Traiskirchen verteilt wurden. “NO WAY! You will not make Europa [SIC!] your home.” stand darauf zu lesen, ergänzt von langwierigen Ausführungen darüber, dass die Flüchtlinge in Österreich nur bedingt bleiben könnten. Der Grundtenor: “You are going home.” Detail am Rande: Diese Botschaften wurden zynischerweise in Kombination mit Süßigkeiten, nämlich Manner-Schnitten, den Flüchtlingen in die Hand gedrückt – wovon sich das Wiener Traditionsunternehmen laut dem Radiosender FM4 entschieden distanziert.
Diese Flyer verteilen die Identitären an Flüchtlinge in Traiskirchen. Ich bin kurz vor dem Heulen. pic.twitter.com/ejneC1lCPS — Hanna Herbst (@HHumorlos) June 22, 2015
You Are Welcome: Aufruf für Willkommens-Briefe an Flüchtlinge
Als Reaktion darauf wurde eine Website ins Leben gerufen, deren Betreiber aufzeigen möchten, dass bei Weitem nicht ganz Österreich so ablehnend denkt. “Die Identitären mögen diese Zettel verteilen, aber sie sind ein kleiner Haufen. Es sind wenige und wir sind viele. Immer mehr Menschen spenden Kleidung, Geld, Decken, immer mehr Menschen sammeln aktiv und geben es an Menschen in Not, immer mehr Menschen nehmen privat Flüchtlinge auf. Immer mehr Menschen zeigen, dass sie helfen möchten.” heißt es auf “You Are Welcome. Briefe für Traiskirchen”.
Die Überzeugung der Betreiber ist, dass Flüchtlinge Nachrichten von all jenen zu lesen bekommen sollten, die sich über ihre Ankunft freuen. Demzufolge starteten sie einen Aufruf, Briefe mit positiven Willkommensbotschaften an Flüchtlinge zu verfassen. Diese sollen an ein Postfach in Wien gesendet und daraufhin gesammelt an die Bewohner von Traiskirchen übergeben werden.
Hunderte Briefe, tausende Postkarten an Traiskirchen
Die Resonanz auf die Aktion blieb nicht aus, wie Mitinitiatorin Hanna Herbst auf Anfrage von VIENNA.at ausführte. Mehrere hundert Briefe und Mails seien bereits eingetroffen. “Sehr schön ist, dass sich Lehrer mit ihren Schülern hingesetzt haben und auch eine Pfadfindergruppe, und uns gesammelt Briefe geschickt haben. Einige Menschen haben auch viele Briefe geschrieben. Es sind echt so wunderschöne Dinge dabei. Viele Familien haben auch einen Umschlag geschickt, in dem jedes Familienmitglied einen Brief geschrieben hat”, erzählt Herbst.
Eine 3. Klasse aus Wels hat uns #briefefürtraiskirchen geschickt. Viele mussten vor Jahren selbst flüchten. pic.twitter.com/0h9rAxK8N8
— Hanna Herbst (@HHumorlos) July 31, 2015
Zwischenzeitlich war es auch möglich, diese Botschaften digital zu verfassen, woraufhin sie auf Postkarten gedruckt wurden und so ebenfalls ihren Weg zu den Flüchtlingen fanden – über die Website #aufstehn. Knapp 3000 Postkarten habe man auf diesem Wege gesammelt, berichtet Herbst. Das ist zwar nicht mehr möglich, doch die Brief-Aktion läuft weiter. “Man kann uns sehr gerne noch Briefe an das Postfach schicken”, so Herbst. Auch Mails an die Mitinitiatorin können geschickt werden, die Herbst dann ausgedruckt den Flüchtlingen zukommen lässt.
#aufstehn: “In unserer Gemeinde ist Platz!”
#aufstehn hat sich zudem in einer weiteren Aktion dem Problem verschrieben, dass nach wie vor um eine sinnvolle Aufteilung der Flüchtlinge nicht nur auf Bundesländer, sondern auch auf Gemeinden gerungen und diskutiert wird, wobei bislang noch kein Aufteilungsschlüssel erzielt werden konnte.
Unter dem Motto “In unserer Gemeinde ist Platz!” bieten die Betreiber ein einfaches Formular an, mit dem man sich an den Bürgermeister der Heimatgemeinde wenden kann, um diesen aufzufordern, ohne Angst Flüchtlinge in seiner Gemeinde willkommen zu heißen. “Sag deinem Bürgermeister oder Bürgermeisterin, dass du kein Problem mit Flüchtlingen in Deiner Gemeinde hast.”, so der Appell, den man hier unterschreiben kann. Um einmal mehr ein Zeichen der Menschlichkeit zu setzen – ein Zeichen, dass Flüchtlinge in Österreich willkommen sind.
(DHE)