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"Yseut.": Marlene Streeruwitz schickt in neuem Roman auf Rätselrallye

Die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz gibt in ihrem neuen Roman manches Rätsel auf
Die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz gibt in ihrem neuen Roman manches Rätsel auf ©S. fischer Verlag / APA
Einen "Abenteuerroman in 37 Folgen" hat Marlene Streeruwitz verfasst - und in diesem gibt sie ihrer Leserschaft so manches spannende Rätsel auf. "Yseut." ist unser Buch-Tipp der Woche.

“So wird das Leben” heißt der aktuelle “Wahlkampfroman” von Marlene Streeruwitz, die jeden Donnerstag neue Erlebnisse ihrer Protagonistin Vroni veröffentlicht. Mit dem, was zu ihrem Leben wurde, beschäftigt sich die Titelheldin in ihrem nun erscheinenden neuen Roman “Yseut.”. Bei einem Aufenthalt in Oberitalien auf den Spuren des Dichters Byron kommen ihr jedoch dunkle Machenschaften in die Quere.

Überraschungen im neuen Streeruwitz-Roman

Marlene Streeruwitz versteht immer wieder zu überraschen. So veröffentlichte sie vor zwei Jahren als Jungautorin Nelia Fehn genau jenen Roman, den sie in ihrem zuvor erschienenen Roman “Nachkommen.” angekündigt hatte. Nun erscheint von ihr ein “Abenteuerroman in 37 Folgen”, bei dem das Abenteuer vor allem darin besteht, den vielen geschichtlichen und literaturhistorischen Querverbindungen und Anspielungen auf die Spur zu kommen. Die Handlung selbst kommt dagegen nicht recht in Schwung, was nicht nur daran liegt, dass die Hauptfigur immer wieder im Kreis fährt und an seltsame Gestalten gerät, deren Verhalten nur schwer zu deuten ist. Auf welche Weise Kriminelle und Gastwirte, Polizisten, CIA-Agenten und Landadelige in separatistische Untergrundkämpfe und kriminelles Schlepperwesen verwickelt sind, ist kaum zu durchschauen.

“Yseut.”: Rätsel stecken schon im Titel

Schon der Titel ist eine ziemliche Herausforderung. Die Wiener Mittsechzigerin, eine Sprachwissenschafterin und Ex-Schauspielerin, die sich in einer alten Villa bei Taglio di Po auf den Spuren Byrons einquartiert und zudem Drehorte von Michelangelo Antonionis Film “Der Schrei” abfährt, heißt Yseut Ysabella Lucas, die altfranzösische Form für Isolde (“Tristan et Yseut”). Ausgesprochen wird ihr Vorname laut Buch “Üsutt”. Einerseits ist die Heldin damit als etwas ganz Besonderes hervorgehoben, andererseits ist ihr Leben, an das sie sich in einem eingeflochtenen zweiten Handlungsstrang in Etappen erinnert, typisch für eine Frau ihrer Generation: immer männlich fremdbestimmt.

So erfährt man zwar im typischen abgehackten, atemlosen Stil der Autorin, “Wie es kam, dass Yseut nach Kalifornien ging und Feministin wurde” oder “Wie es kam, dass Yseut lernte, was Liebe bedeutet, und trotzdem ihre Ehen nicht retten konnte” (wie zwei Kapitelüberschriften lauten), wird aber dennoch nicht wirklich schlau aus ihr. Dass es dem Leser dabei nicht anders geht als Yseut selbst, die sich immer wieder von außen beobachtet, ohne Position beziehen zu können, ist nur ein schwacher Trost.

Lachen zieht sich durch das Buch

Immerhin entscheidet sie sich, vor die Wahl zwischen Lachen oder Weinen gestellt, meist für das Erstere – das Lachen ist eines der Grundmotive, die sich durch das Buch ziehen. Und gegen immer wieder auftretendes Schwäche- und Ohnmachtsgefühl hilft rechtzeitige Bewaffnung. Dass die in der Handtasche mitgeführte Pistole auch zum Einsatz kommt, zeigt, dass Streeruwitz’ Heldinnen keineswegs gewillt sind, weiterhin kampflos aufzugeben. Dass die Schüsse langfristig folgenlos bleiben, scheint dagegen ein Beleg dafür, dass ihre Autorin die Lage mehr realistisch als idealistisch beurteilt.

“Yseut.” ist ein Buch, das bewusst Rätsel aufgibt. Der Anspruch, in der Analyse von Vergangenheit und Gegenwart politisch-emanzipatorisch zu sein, ist unverkennbar. Die Lust, ein beziehungsvolles Netz aus Erlesenem und Erfundenem zu spinnen, ist deutlich. Und doch ähnelt das Buch einer komplizierten Rätselrallye, bei der man am Ziel nicht recht froh wird: Weil alle anderen vorher ausgestiegen sind, ist man am Ende ganz alleine. Vielleicht hätte man sich doch gelegentlich umdrehen sollen, ob die anderen eh’ nachkommen…

Marlene Streeruwitz: “Yseut. Abenteuerroman in 37 Folgen.”, S. Fischer Verlag, 414 S., 25,70 Euro

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(apa/red)

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