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Wintersaison: Corona gab Tourismus den Todesstoß

Die Hotels waren im Winter kaum belegt.
Die Hotels waren im Winter kaum belegt. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Die Wintersaison ist wegen der Coronapandemie praktisch tot. Seit Anfang November gab es Rückgänge bei den Nächtigungen von über 90 Prozent. Nächtigungen gab es vor allem von Kurgästen und Geschäftsreisenden.

Winterurlaub hat in der heurigen Saison 2020/21 wegen der Coronapandemie noch nicht stattgefunden. Seit Anfang November sind alle Hotels und Pensionen wegen der Infektionslage behördlich geschlossen. Nur Dienstreisen und Kuraufenthalte sind im Lockdown erlaubt. Bis Ende Jänner kommen die Beherbergungsbetriebe dadurch auf 2,61 Millionen Nächtigungsbuchungen - ein Rückgang von 92,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wie vorläufige Daten der Statistik Austria zeigen.

Über 30 Millionen Nächtigungen fielen weg

Zwischen November 2020 und Jänner 2021 wurden somit um 31,39 Millionen weniger Übernachtungen im heimischen Tourismus verzeichnet als vor einem Jahr. Die Zahl der Urlaubsgäste minimierte sich um 94,8 Prozent auf rund 520.000.

"Vor dem Hintergrund behördlich verordneter Betriebsschließungen seit 3. November ist der Tourismus in Österreich in der ersten Hälfte der Wintersaison 2020/21 mit einem Minus von 92,3 Prozent nahezu zum Erliegen gekommen", fasste Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Freitag zusammen. Die Nächtigungen, die heuer von November bis Jänner gemeldet wurden, gingen vor allem auf Kurgäste und Geschäftsreisende zurück.

Minus vom mehr als 95 Prozent

Im Monat Jänner kam der heimische Tourismus lediglich auf 0,79 Millionen Nächtigungen, was einem Minus von 95,2 Prozent bzw. von 15,43 Millionen Buchungen entspricht. Die Übernachtungen ausländischer Gäste sackten im Vergleich zum Jänner 2020 um 98,4 Prozent auf 0,21 Millionen ab, jene der inländischen Gäste um 80,6 Prozent auf 0,57 Millionen.

Dass trotz der weitgehenden Schließung der Beherbergungsbetriebe überhaupt Nächtigungen stattfanden, ist auf die genannten Ausnahmeregelungen in der Covid-19-Verordnung zurückzuführen. Neben den genannten Kuraufenthalten und Übernachtungen aus geschäftlichen Gründen, etwa auch von Handwerkern auf Montage, waren das auch Nächtigungen von Profisportlern.

Tourismus in tiefster Krise seit Zweitem Weltkrieg

Seit Ausbruch der Coronakrise vor fast einem Jahr gibt's Urlaub auch in Österreich nur auf Sparflamme - und seit Anfang November bis dato gar nicht mehr. Sämtliche Hotels und Pensionen sind seit Monaten durchgängig behördlich gesperrt, nur Geschäftsreisen sind im Lockdown erlaubt. "In dem Moment, wo Grenzen schließen und es keine Reisefreiheit gibt, gehören wir zu den verletzlichsten Branchen der Welt", sagte Hotelleriesprecherin Susanne Kraus-Winkler im Gespräch mit der APA.

"Uns ist klar, dass sich im Grunde genommen vieles verändern wird und dass wir nicht mehr so schnell dorthin zurückkommen werden, wo wir waren", so die Obfrau des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich mit Blick auf die internationale Vernetztheit der Branche, "die bei den Airlines beginnt und bei den Hotels und Reiseführern endet". "Die Auswirkungen sind dramatisch - alles hängt davon ab, dass es Reisefreiheit und offene Hotels gibt - ohne Hotels geht gar nichts im Tourismus."

Gästebetten leer

Die Gästebetten bleiben seit Mitte März 2020 über weite Strecken leer. Grosso modo fehlen die Urlauber aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland. Das kann der Inlandstourismus nicht wettmachen. Internationale Reisewarnungen, strenge Quarantänebestimmungen und entsprechend ausgedünnte Flugverbindungen bremsen die Branche aus.

"Wir haben gelernt, wirklich megaflexibel zu sein - es kommt eine neue Vorgabe in einer Verordnung und wir erfüllen das in der Sekunde", ortet die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer, einen unbeugsamen Überlebenswillen in der Branche. "Wir haben uns durch alle möglichen Formen der Masken durchgekämpft und sorgen durch Abstandhalten, Plexiglaswände, Hygienemaßnahmen in den Zimmern, weniger Tische in den Restaurants und regelmäßige Personaltestungen für größtmögliche Sicherheit." In den Hotels selbst habe es bisher keinen einzigen Corona-Cluster gegeben - es habe lediglich Coronafälle gegeben, die "aber sofort separiert" worden seien. "Nur in St. Wolfgang gab es einen Cluster - da haben sich Praktikanten beim Feiern gegenseitig angesteckt", räumte Reitterer ein. Und der sonst auch von ausländischen Touristen so gerne besuchte Skiort Ischgl hat sich gleich zu Beginn der Krise als Corona-Hotspot international einen unliebsamen Namen gemacht.

Tourismus fiel um Jahrzehnte zurück

Die Coronapandemie hat den Beherbergungsbetrieben 2020 jedenfalls einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Zahl der Urlauber in den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen halbierte sich gegenüber dem Jahr davor nahezu auf 25 Millionen, wie vorläufige Daten der Statistik Austria vor Augen führen. Der Tourismus fiel um Jahrzehnte zurück: Die Zahl der gebuchten Übernachtungen sackte erstmals seit etwa 50 Jahren unter die 100-Millionen-Grenze. Gegenüber 2019 brachen die Buchungen um mehr als ein Drittel (35,9 Prozent) von 152,7 Millionen auf nur noch 97,9 Millionen Nächtigungen ein. Vor allem das Stadthotellerie-Geschäft, das zu Normalzeiten hauptsächlich von ausländischen Touristen lebt, ist quasi erloschen.

Ohne staatliche Unterstützungsmaßnahmen als Überbrückung wäre für zahlreiche Betriebe das Licht längst endgültig ausgegangen. Die Hilfen, die letztlich von den Steuerzahlern geschultert werden müssen, reichen von Steuerminderungen (nur noch 5 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen, Getränke, Zimmervermietung, Kulturveranstaltungen, etc. bis Ende 2021), Steuerstundungen (Aufschub der Körperschaft- und der Einkommenssteuer), Umsatzersatz (bis zu 80 Prozent im November, 50 Prozent im Dezember 2020) bzw. Verlustersatz (bis zu 70 Prozent ab Jänner 2021) über Fixkostenzuschuss bis hin zur Kurzarbeit, die dieser Tage vorerst bis Ende Juni um weitere drei Monate verlängert wurde. "Man muss so was langsam ausklingen lassen - in der Stadthotellerie wird das am längsten dauern", hielt ÖHV-Sprecher Martin Stanits fest. "Das mit den Unterstützungen kann nicht abrupt aufhören, außer man will die Arbeitslosigkeit in die Höhe katapultieren."

Hilfsgelder fließen zu langsam

Es gibt die Regierungsgelder, was in der Branche sehr goutiert wird, doch fließen die Zahlungen oftmals noch zu langsam, lautet die Kritik. "Wir haben seit vier Monaten kein Einkommen und die Mitarbeiter haben nach einem Jahr Pandemie fünf Wochen Urlaub aufgebaut", so die ÖHV-Chefin, die selbst ein Hotel in Wien führt. "Bei den Betrieben, wo es eindeutig war, hat bei den Hilfen alles funktioniert - bei den anderen geht es nun wirklich ums Eingemachte", verdeutlichte Reitterer die finanziell bedrängte Lage. "Wir haben Februar und viele haben das Geld vom November noch nicht." Sie selbst habe erst vor einer Woche das Geld vom Oktober bekommen, und diesen Montag das Geld vom November.

Einen Hoffnungsschimmer auf eine Verbesserung der tristen Situation im Tourismus geben die allmählich verfügbaren Corona-Impfungen und die in der Bevölkerung zunehmende Akzeptanz von Covid-19-Tests. Damit könnte der Branche wieder frisches Leben eingehaucht werden. Neidvoll blicken die Hoteliers auf die körpernahen Dienstleister, die mittlerweile wieder Kunden empfangen dürfen. "Jetzt soll mir jemand erklären, warum es bei uns nicht so 'safe' ist, wie beim Friseur, bei der Fußpflege oder bei der Massage", sagte Reitterer und hofft, dass auch die Hoteltüren bald wieder aufgehen. "Wir müssen mehr testen, rascher testen, rasch impfen - um das Leben nebeneinander zu ermöglichen", ergänzte Stanits. "Es hat sehr lange gedauert, bis die ersten Coronatests am Markt waren", kritisierte Kraus-Winkler.

Den Touristikern wird extrem viel Durchhaltevermögen abverlangt. Die Wintersaison 2020/21 hat bis jetzt, Mitte Februar, de facto noch nicht einmal begonnen. Starttermin gibt es noch immer keinen, vielleicht zu Ostern. Die Regierung will die Infektionslage in eineinhalb Wochen erneut evaluieren. "Die Hotels wollen endlich einen klaren Fahrplan in Richtung Öffnung, damit sie ihren Mitarbeitern eine Perspektive geben können", betonte die ÖHV-Präsidentin.

(APA/Red)

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