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Wien-Wahl: Spitzenkandidaten lieferten sich hitzige Debatte in finaler Elefantenrunde

Die letzte Elefantenrunde vor der Wien-Wahl.
Die letzte Elefantenrunde vor der Wien-Wahl. ©APA/ORF/KLAUS TITZER
Am Donnerstagabend haben sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten für die Wien-Wahl zu einer vom ORF veranstalteten finalen Elefantenrunde eingefunden.
Selma Arapovic (NEOS) im Wordrap zur Wien-Wahl
Dominik Nepp (FPÖ) im Wordrap zur Wien-Wahl
Michael Ludwig (SPÖ) im Wordrap vor der Wien-Wahl
Karl Mahrer (ÖVP) im Word-Rap zur Wien-Wahl
Barbara Urbanic (KPÖ) im Wordrap zur Wien-Wahl
Judith Pühringer (Grüne) im Wordrap zur Wien-Wahl

In der Runde waren die Rollen meist klar verteilt: Die rot-pinken Regierungsmitglieder würdigten ihre Leistungen und Maßnahmen, die Vertreterinnen der Opposition ließen hingegen kaum ein gutes Haar an der Performance der Koalition. Anfangs wurden die Rollen aber kurzfristig getauscht, da es um den Bund ging.

SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig, ÖVP-Chef Karl Mahrer, Grünen-Chefin Judith Pühringer, FPÖ-Chef Dominik Nepp und Bildungsstadträtin Bettina Emmerling (die nicht NEOS-Listenerste ist, aber Christoph Wiederkehr als Vizebürgermeisterin nachfolgte, Anm.) trafen sich im Festsaal des Wiener Rathauses. Bei der von "Report"-Chefredakteurin Eva Linsinger und ORF-Wien-Chefredakteur Oliver Ortner moderierten Diskussion drei Tage vor der Wahl wurden zahlreiche Themenbereiche angeschnitten. Dabei ging es nicht nur um Wien, denn zunächst wurde gebeten, zum Budgetdefizit im Bund Stellung zu nehmen.

Letzte Elefantenrunde vor Wien-Wahl: Defizit als Herausforderung

Wiens ÖVP-Chef Mahrer verteidigte die Ausgaben, da die frühere Bundesregierung das Land durch "multiple Krisen" geführt habe. In der Pandemie seien Unternehmer verzweifelt gewesen und Arbeiter und Angestellte hätten Angst um ihren Job gehabt. Ihnen sei geholfen worden, lobte Mahrer. "Wir konnten gut durchstarten." Judith Pühringer verwies auf die von den Grünen im Bund forcierten Maßnahmen: "Es wurde auch in Klimaschutzmaßnahmen investiert, die wir unbedingt brauchen." Auch sei ein Mietpreisdeckel eingeführt worden.

NEOS-Stadträtin Bettina Emmerling konterte: "Die letzte Bundesregierung hat das Geld mit beiden Händen zum Fenster hinausgeworfen als gäbe es kein Morgen." Bürgermeister Ludwig teilte die Diagnose der vielen Krisen, kritisierte jedoch die seiner Ansicht nach mangelnde Inflationsbekämpfung im Bund. FPÖ-Chef Nepp zeigte sich unzufrieden damit, dass nun Pensionistinnen und Pensionisten belastet würden. Das sei auch in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP ein Streitpunkt gewesen. Die FPÖ habe das abgelehnt. "Wir wollten unsere Seele nicht verkaufen."

Rasch ging es um die Finanzpolitik in Wien. Pühringer warf Ludwig vor, nicht wie Oberösterreich in den Energiemarkt eingegriffen zu haben. Auch Nepp beklagte, dass die Wien Energie die Preise massiv in die Höhe "geschnalzt" habe. VP-Chef Mahrer bekrittelte die massive Erhöhung des Schuldenstandes seit dem Antritt von Rot-Pink. Ludwig wiederum versicherte, dass man unterstützt habe, wo man könne. 2023 sei etwa beschlossen worden, die Mieten im Gemeindebau nicht zu erhöhen. Und der Strom- und Gasmarkt sei liberalisiert. Hier dürfe man nicht einfach eingreifen, gab er zu bedenken.

Streit um Mindestsicherung vor Wien-Wahl

Erwartungsgemäß ebenfalls ohne Konsens wurde über die Mindestsicherung diskutiert. Nur Tirol und Wien zahle subsidiär Schutzberechtigten diese Leistungen aus, ärgerte sich Nepp. Auch Mahrer befand, dass Wien diese Menschen anziehe "wie ein Magnet". Einmal mehr wurde von türkisen und blauen Vertretern der Fall einer Großfamilie erwähnt, die 4.600 Euro monatliche Unterstützung erhalten hat. Ludwig hielt dazu fest, dass er schon wiederholt den Vorschlag gemacht habe, die Mindestsicherung für arbeitsfähige Menschen bundesweit einheitlich über das AMS abzuwickeln.

Asyl und Migration seien zudem Bundeskompetenz, hob er hervor. In Wien würden alle Kinder gleich behandelt, zudem werde, wenn man die Gesamtleistung betrachte, in drei Bundesländern sogar mehr ausgezahlt als in Wien. "Das ist eine Mär, dass wir so großzügig sind." Oft würden jedoch Einzelfälle als Beispiele herangezogen. Konkret sind es laut Grünen-Chefin Pühringer insgesamt nur zehn in ganz Wien, bei denen die Leistungen derart hoch sind. Nötig sei aber sehr wohl, dass Geflüchtete Anreize zur Integration in den Arbeitsmarkt erhalten würden, hielt sie fest.

NEOS-Kandidatin Emmerling ortete eine Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Betroffenen in Österreich - sah es aber auch durchaus problematisch, wenn eine Familie mehr an Geldleistungen erhalte, als zwei Erwachsene erwirtschaften könnten. "Wir haben eine Schieflage."

Kritik an Bildungspolitik

Auch beim Thema Bildung ging es vorrangig um Auswirkungen der Migration, also etwa die oft ungenügenden Deutschkenntnisse von Taferlklasslern. Die Vertreter der Opposition warfen hier der Stadtregierung massive Versäumnisse vor - etwa weil auch viele Kinder, die aus dem Kindergarten kommen, die Sprache schlecht beherrschen. Die beiden Regierungsmitglieder verwiesen wiederum auf gesetzte Unterstützungsmaßnahmen. Ludwig zeigte sich auch zufrieden über die nunmehrige Aussetzung des Familiennachzugs.

Ziemlich einhellig sprachen sich die Diskutantinnen und Diskutanten für eine möglichst frühe Sprachstandsfeststellung im Kindergarten aus. Übereinstimmung gab es in einem Punkt auch beim Thema Sicherheit: Die Forderung nach mehr Polizei wurde quasi von allen geteilt. ÖVP-Chef Mahrer bekräftigte dabei die Forderung nach einer Stadtwache. Grünen-Spitzenkandidatin Pühringer verlangte auch mehr Grätzelpolizisten. Der Notbetrieb in Polizeistationen war wiederum Nepp ein Dorn im Auge. Emmerling und Ludwig urgierten weiters Möglichkeiten, strafunmündige Kinder bei Bedarf anhalten zu können.

Keine Klarheit über künftige Koalition in Wien

Die Frage, wer nach dem Urnengang in Wien regiert, blieb wenig überraschend unbeantwortet. Ludwig gab zu bedenken, dass zunächst die Wahl abzuwarten sei - und ließ vorerst keine Präferenzen erkennen. Emmerling plädierte für eine Fortsetzung von Rot-Pink. Auch Mahrer und Pühringer machten keinen Hehl aus ihrem Wunsch, der nächsten Stadtregierung anzugehören.

Auch Nepp würde gern Regierungsverantwortung übernehmen, er zeigte sich aber realistisch, hier nicht zum Zug zu kommen - auch wenn er so manche vernünftige Kräfte in der SPÖ orte, wie er es ausdrückte. Ludwig erteilte einer Zusammenarbeit mit den Stadt-Blauen prompt einmal mehr eine Absage: "Mit ihnen und der FPÖ werden wir keine Koalition eingehen können." Er verwies dabei auf "Terminologie aus der Nazizeit", die von der FPÖ im Parlament verwendet werde. Der Bürgermeister bezog sich hier auf den jüngsten "Umvolkungs"-Sager des blauen Abgeordneten Peter Wurm.

Eine grün-pinke Übereinstimmung zeigte sich bei der Frage an die Gesprächsgäste, welches Wiener Wahrzeichen sie gerne wären. Denn sowohl Judith Pühringer als auch Bettina Emmerling entschieden sich für die Wiener Märkte - wobei die Grünen-Chefin konkret den Brunnenmarkt nannte. Nepp wäre am liebsten ein Heuriger, Mahrer der Donauturm und Bürgermeister Ludwig der Stephansdom.

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(APA/Red)

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