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"Westachsen-Weg" bei Mindestsicherung in Tirol

Land Tirol beschloss "Westachsen-Modell" bei der Mindestsicherung.
Land Tirol beschloss "Westachsen-Modell" bei der Mindestsicherung. ©APA/BARBARA GINDL
Schwarz-Grün schärfte in Tirol zwar - dem politischen Trend entsprechend - nach, zu einem restriktiven Mindestsicherungs-Modell à la Ober- oder Niederösterreich kam es aber nicht. Gefunden wurde ein "Westachsen-Modell", das als goldener Mittelweg bezeichnet wurde.

Am liebsten wäre der Tiroler Politik aber eine bundeseinheitliche Mindestsicherung gewesen – und ist es immer noch. Natürlich mit unterschiedlichen inhaltlichen Vorstellungen. Er sei zwar bekennender Föderalist, im Sinne eines gelebten Subsidiaritätsprinzips sei es jedoch notwendig, österreichweit eine einheitliche Lösung zu finden, “um Mindestsicherungstourismus zu verhindern”, meinte etwa Landeshauptmann Günther Platter im Juli 2017. Zuletzt ging er noch einen Schritt weiter und stellte im Sinne eines “klaren Föderalismus” die Mindestsicherung als alleinige Gesetzgebungskompetenz des Bundes in den Raum. Zuvor hatte sich Platter dementsprechend relativ lange Zeit mit Nachschärfungen gelassen – in der Hoffnung auf eine Bundeslösung noch unter der damaligen rot-schwarzen Koalition.

2016 wurde “Tirol-Modell” der Mindestsicherung beschlossen

Im April 2016 hatte Schwarz-Grün, dem allgemeinen politischen Trend noch ein wenig zum Trotz, ein “Tirol-Modell” der Mindestsicherung ohne generelle Kürzungen beschlossen. Dieses sollte unter anderem an die Integrations- und Arbeitswilligkeit der Bezieher gekoppelt werden. Die von der ÖVP im Bund geforderte generelle Kürzung für Zuwanderer sollte es in Tirol aber nicht geben. Eine Kürzung der Mindestsicherung um bis zu 50 Prozent war dann vorgesehen, wenn jemand nicht bereit sei, etwa Deutschkurse zu besuchen oder eine Arbeit anzunehmen. Ziel sei es, die Armut zu bekämpfen und der sozialen Ausgrenzung entgegen zu steuern, hatte es damals seitens der Koalitionäre geheißen. Es wurde betont, dass der Beschluss einerseits ein klares Bekenntnis der Landesregierung zum bestehenden Mindestsicherungsgesetz darstelle und dass es zudem keine Deckelung oder allgemeine Kürzung geben werde.

Im Jahr 2016 war man in Tirol mit deutlichen Steigerungen bei den Mindestsicherungs-Ausgaben konfrontiert. Hatten die Ausgaben 2010 noch rund 26 Millionen Euro betragen, waren es 2015 bereits 51 Millionen Euro.

“Westachsen-Modell” bei der Mindestsicherung in Tirol

In Folge nahm die Heftigkeit der Debatte zu, der Weg ging in Richtung stärkere Restriktion. Im Jänner 2017 war schließlich das “Westachsen-Modell” geboren – laut Platter im “Gleichklang” mit Vorarlberg und in Abstimmung mit Salzburg. Das Modell sah keine generelle Deckelung vor, aber etwa einen verminderten Tarif für Personen in Wohngemeinschaften: Der Richtsatz für Bezieher, die in Wohngemeinschaften leben – meist Flüchtlinge – wurde von 633 Euro auf künftig 473 Euro pro Person vermindert. Wohnen sollte künftig vermehrt als Sachleistung geregelt werden. Der Behörde wurde die Möglichkeit eingeräumt, Mindestsicherungsempfängern eine Wohnung zuzuweisen. Wird diese nicht angenommen, kann dies zum Wegfall der Wohnleistung führen.

Auf Basis des aktuellen Immobilienpreisspiegels gibt es eine gesetzlich festgelegte, bezirksweise Deckelung der Wohnungskosten. Die Höhe wird an Wohnungen mit mittlerem Wohnwert angepasst. Über diesen hinaus gibt es keine Übernahme der Wohnkosten mehr. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wurde eingeschränkt. Ausgenommen davon waren Minderjährige (mit Anspruch auf Familienbeihilfe), Mindestrentner, Alleinerzieher und Menschen mit Behinderung (ab 50 Prozent Beeinträchtigung).

ÖVP spricht von “goldenem Mittelweg”

Ein Sprengstoff-Thema, das in der Koalition zwar nicht öffentlich, aber intern für Debatten sorgte, wurde damit vorerst aus dem Weg geräumt. Die ÖVP sprach von einem goldenen Mittelweg, der gefunden worden sei. Die Grünen zeigten sich angesichts der Kürzungen nicht zufrieden, betonte aber die Wichtigkeit eines Kompromisses, auch wenn dieser schwer gewesen sei. Scharfe Kritik kam von der FPÖ, die für das “Oberösterreich-Modell” plädierte und nur “marginale Einschränkungen” ortete.

Im Dezember entschärfte Schwarz-Grün dann noch rechtzeitig vor der Landtagswahl ein weiteres Problem: Der Landtag beschloss eine Änderung des Mindestsicherungsgesetzes im Pflegebereich. Damit gehört die Anrechnung des Pflegegeldes als Einkommen für die in die Mindestsicherung fallenden Pflegegeldbezieher der Vergangenheit an.

(APA/Red)

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