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"Ich bin im Stau gestanden, hervorgerufen durch eine Blockade", berichtet Michael Ludwig im Interview.
"Ich bin im Stau gestanden, hervorgerufen durch eine Blockade", berichtet Michael Ludwig im Interview. ©APA/MARTIN HÖRMANDINGER (Symbolbild)

VIENNA.at-Interview mit Michael Ludwig: Klimaaktivisten, Maskenpflicht, SOKO Donau

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) spricht im großen VIENNA.at-Interview über eine Straßenblockade von Klimaaktivisten, die Einhaltung der Maskenpflicht in den Öffis und die Serie SOKO Donau.

Das Jahr 2022 hatte für Michael Ludwig unter anderem einen SOKO-Donau-Setbesuch im Gepäck. Der Landeschef berichtete im Herbst auf Instagram davon, weniger als drei Wochen danach war die Serie gleich zu Beginn des Interviews mit VIENNA.at am 22. November in Wien Thema.

VIENNA.at: Werden wir Sie in Zukunft in der Serie SOKO Donau sehen?

Michael Ludwig: Das kann durchaus möglich sein. Ich habe mich schon mehrfach angeboten, ich war ja schon einige Male am Set. Es ist wirklich interessant und ich habe gesagt, wenn sie einmal entweder eine Wasserleiche oder einen Bürgermeister brauchen, dann bin ich gerne mit dabei (schmunzelt).

Meine Frage zielt auf den Post auf Ihrem Instagram-Profil vom November ab, wonach Sie am SOKO-Donau-Set waren. In einem Video bei dem Post wird gefragt: „Welche Rolle bekommt der Bürgermeister?“. Welche Rolle hätten Sie gerne?

Jede (lacht). Es zeichnet einen guten Schauspieler aus, dass er in jeder Rolle brillieren kann.

Sie meinen in dem Video: „Ich würde am liebsten den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig spielen und sagen, dass Wien eine der sichersten Städte weltweit ist.“

Richtig. Das stimmt ja auch.

Wie hat sich dieses Sicherheitsgefühl im heurigen Jahr 2022 bei Ihnen entwickelt?

Sicherheit muss man immer sehr breit sehen. Es geht natürlich vor allem um die Bekämpfung von Kriminalität, aber auch um soziale Sicherheit und Sicherheit vor Erkrankungen. Von daher war das heurige Jahr sicher ein sehr forderndes, weil wir durch die Corona-Pandemie gerade in einer Millionenstadt wie Wien besondere Maßnahmen gesetzt haben, um die Gesundheit der Bevölkerung zu sichern. Das ist durch einen sehr konsequenten Wiener Weg, den wir in der Corona-Pandemie beschritten haben, auch gelungen.

©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)

Gibt es einen Punkt, bei dem Sie sagen „Das ist heuer wirklich gut gelaufen, das hat sich in Wien wirklich sehr zum Positiven entwickelt“?

Das, was mich sehr freut, ist, dass die Wirtschaft, im Wesentlichen vor allem in der ersten Hälfte des heurigen Jahres, gebrummt hat. Wir sind ja ein sehr wichtiger Industriestandort. Es wird oft übersehen, dass wir nicht nur Wirtschaftsmotor in Österreich sind, mit 100 Milliarden Brutto-Regionalprodukt, sondern auch im Bereich der Industrie sehr viele innovative Unternehmen haben, die gemeinsam mit der Stadt Wien, mit wissenschaftlichen und universitären Einrichtungen hier vor allem in der ersten Hälfte, auch wirtschaftlich, sehr gute Ergebnisse erzielt haben. Dass es im Bereich der Universitäten gelungen ist, und wir sind der wichtigste Universitätsstandort im deutschsprachigen Raum mit rund 200.000 Studierenden, im Bereich Wissenschaft große Fortschritte zu erzielen, auch gemeinsam. Wir haben beispielsweise das Institut für Präzisionsmedizin auf den Weg gebracht, wir sind in den Bereichen Pharmazie, Biotechnologie und Kommunikationstechnologie sehr gut unterwegs, von daher sind wir eine sehr moderne Stadt, die auch unter dem Titel „Smart Klima City Strategie“ zeigt, dass wir nicht nur seit über 20 Jahren eine Klimastrategie haben, sondern diese auch gemeinsam mit wissenschaftlichen Einrichtungen, privaten Unternehmen realisieren. Das ist der Grund dafür, dass wir in Wien halb so viel CO2-Emmissionen pro Kopf haben wie der Österreich-Schnitt und den Energieverbrach auch in diesem Jahr deutlich reduziert haben. Der liegt ebenso in etwa bei der Hälfte des Österreich-Schnittes. Wir haben auch den niedrigsten Anteil pro Kopf an Pkw im Vergleich mit dem Rest Österreichs. Wir haben vor der Tür des Rathauses die größte U-Bahn-Baustelle Europas, das ist ein sehr wichtiger Schritt im Bereich Klimaschutz und Umweltpolitik. Wir sehen vor allem auch im weiteren Begrünen unserer Stadt, dem Herstellen neuer Grünflächen, und da haben wir uns 400.000 Quadratmeter noch in dieser Legislaturperiode vorgenommen, dass wir den Ruf, dass wir die Stadt weltweit mit dem höchsten Grün-Anteil sind, nicht nur behaupten, sondern weiter ausbauen. Von daher ist in schwierigen Zeiten unter sehr komplexen Rahmenbedingungen einiges gelungen. Was mich auch freut, ist, dass der Tourismus ebenso wieder angesprungen ist in diesem Jahr, dass wir bei der Auslastung der Hotels in etwa bei 80 Prozent im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten liegen und dass auch große Konferenzen und Kongresse wieder in Wien stattfinden, das ist auch ein Motor des gesamten Tourismus.

©APA/HERBERT NEUBAUER (Symbolbild)

Und wenn wir vom Positiven zu vielleicht negativen Entwicklungen schauen: Ist Ihnen da etwas ins Auge gesprungen, wo sie sagen „Da müssen wir 2023 gegensteuern“?

Sicher, die größte Herausforderung ist die Teuerung, vor allem getrieben durch die Energiepreise, die alle Lebensbereiche umfasst, insbesondere auch Mieten, sonstige Lebenshaltungskosten, Lebensmittel und vieles andere mehr. Da waren wir die erste Gebietskörperschaft, die schon im März eine Wiener Energieunterstützung auf den Weg gebracht hat, wir haben zusätzlich zu den Maßnahmen des Bundes hier auch an die Haushalte Geld ausgeschüttet beziehungsweise auch Unternehmen und Betriebe in dieser schwierigen Phase gestützt. Das wird mit Sicherheit die größte Herausforderung im nächsten Jahr bleiben. Weiters haben wir ein großes Thema bei den Arbeitskräften. Zum großen Teil bedingt auch durch die sogenannte demographische Entwicklung, durch den Umstand, dass geburtenstarke Jahrgänge, die Babyboomer-Generation, wenn man so will, in Pension geht und weniger geburtenstarke Jahrgänge nachkommen. Das nehmen wir jetzt schon wahr, dass es in vielen Bereichen der Wirtschaft, egal ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlicher Dienst, spürbar ist und sich nicht nur auf Fachkräfte, sondern mittlerweile auf alle Formen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bezieht. Da werden wir auf jeden Fall sehr stark gegensteuern müssen.

Sie haben das Thema Energie schon angesprochen. Wie viel Kopfzerbrechen hat das dieses Jahr bereitet?

Die Frage Energie beschäftigt uns natürlich in ganz Europa sehr stark. Besonders befördert durch den Krieg in der Ukraine, aber nicht nur, sondern auch aus Überlegungen, den Klimawandel zu stoppen, ist es wichtig, aus Gas, Öl und Kohle zu gehen. Das tun wir in Wien schon seit längerer Zeit sehr konsequent, indem wir sehr stark auf Photovoltaik setzen. Wir haben vor, dass wir jedes Jahr in der Größenordnung von 100 Fußballfeldern Photovoltaikanlagen in Wien errichten. Wir setzen sehr stark auf Geothermie, hier haben wir neue Projekte, zum Teil auch gemeinsam mit der OMV. Die hat sehr viel Erfahrung im Bohren, früher nach Erdöl, jetzt in Kombination mit der Stadt Wien auch nach warmem Wasser in der Erde. Und wir haben vor allem Wärmepumpen schon geschaffen und in Arbeit, die zu den größten Europas zählen, wo wir Abwasser, aber auch Abfall und die Wärme, die dadurch entsteht, nutzen wollen, auch um sehr umweltfreundliche Energie auf den Weg und in die Haushalte zu bringen. Von daher tun wir alles, um uns von der Abhängigkeit Russlands freizuspielen, aber natürlich auch, um unseren Beitrag zu leisten, um den Klimawandel zu stoppen.

APA/Barbara Gindl (Symbolbild)

Neben der Energie waren die Klimaaktivisten in Wien heuer sicherlich ein anderes Thema. Sind Straßenblockaden gut oder schlecht?

Ich verstehe zum einen natürlich die Ambitionen vor allem jüngerer Menschen, aber nicht nur von diesen. Es sind quer durch die Generationen Menschen, die da beteiligt sind. Man muss sich nur immer fragen, ob man mit diesen Aktivitäten etwas Gutes für die Sache macht. Die Reaktionen sind sehr geteilt und ich glaube, es würde andere Formen geben, um auf die dringenden Herausforderungen aufmerksam zu machen, als dass man Menschen, die zur Arbeit fahren, oder Kinder, die unterwegs sind, zum Teil auch Rettungsfahrzeuge, behindert. Daher glaube ich, sind andere Formen des Protestes sicher sinnvoller.

Das Leopold-Museum in Wien ist heuer auch mit Klimaaktivisten in Kontakt gekommen. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie davon gehört haben?

Ich bedauere das deshalb, weil solche Aktivitäten natürlich mehr Sicherheitsvorkehrungen bringen. Es wird für die Besucherinnen und Besucher, die in Zukunft in Museen gehen, schwieriger, diese zu besuchen, es wird mehr Kontrollen geben, es wird auch mehr finanziellen Aufwand geben müssen, um die Sicherheit der ausgestellten Exponate zu garantieren. Daher bin ich generell, was solche Aktivitäten betrifft, nicht sehr begeistert, weil es im Wesentlichen nur immer den Wunsch nach mehr Abgrenzung, nach mehr Sicherheit, fördert. Es reduziert eigentlich eine offene Gesellschaft und deshalb kann ich mich für solche Aktivitäten nicht sehr begeistern. Trotz allem Verständnis für das Anliegen, aber ich glaube, es gäbe andere Möglichkeiten, die auch bei einem großen Teil der Bevölkerung mehr Sympathie für die Sache erreichen.

Wie würden Sie eigentlich reagieren, wenn Sie mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit sind und dann nicht weiterkommen, weil Klimaaktivisten die Straße blockieren?

Das ist mir schon passiert.

Wie haben Sie reagiert? Und wo war das?

Das bedeutet natürlich, dass man zu Terminen später kommt, dass Menschen warten müssen und dass sich der gesamte Terminplan verschiebt. Ich bin sehr oft mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, manchmal auch mit dem Auto. Es gibt in unterschiedlicher Art und Weise Betroffenheit. Wenn Straßen gesperrt werden, trifft es beispielsweise natürlich auch Autobusse und daher bin ich mir nicht sicher, ob man mit solchen Aktivitäten die betroffenen Menschen positiv beeinflusst oder ob man dadurch nicht eigentlich eine Missstimmung für ein wichtiges Thema herstellt.

Wann und wo war das, als Sie selbst betroffen waren und wie ist das abgelaufen?

Ich bin im Stau gestanden, hervorgerufen durch eine Blockade, die Kilometer woanders entstanden ist. Die Blockade war in der Nähe des Schottenrings und der Stau geht dann natürlich quer durch die Stadt. Und jetzt gibt es ohnehin schon viele Stausituationen bedingt dadurch, dass durch Wien ein großer Teil des auch internationalen Transitverkehrs geht, der durch die Stadt geführt wird, und sich da bedauerlicherweise keine Lösung abzeichnet, den Durchzugsverkehr um die Stadt abzuleiten, so wie das in jeder anderen Gemeinde in Österreich oder Europa üblich ist. Das bedaure ich deshalb, weil sich natürlich die gesamte Situation im Stadtgebiet niederschlägt und von daher werden auch in Zukunft weiterhin die internationalen Lkw-Ströme durch die Südosttangente geführt werden und damit durch den Prater und die bewohnte Stadt.

Neben den Klimaaktivisten war heuer natürlich nach wie vor Corona Thema und auch die Maskenpflicht in den Öffis, wo sich nicht alle daran halten. Wie groß war das Thema eigentlich im Rathaus selbst, dass die Maskenpflicht in den Öffis nur von einem Teil befolgt wird?

Ich sehe das gar nicht. Ich bin viel in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, ich kann das aufgrund eigener Erfahrung absolut nicht bestätigen. Es gibt Menschen, die sich bewusst nicht daran halten wollen, es gibt Touristen, die das oft nicht wissen, das merke ich dann auch im Gespräch, wenn ich Menschen darauf aufmerksam mache, aber ein Großteil hält sich daran. Ich halte das für ein völliges Gerücht, dass sich da ein größerer Teil nicht an der Maskenpflicht orientiert, auch deshalb, weil die Menschen natürlich verstehen, dass das die eigene Gesundheit und auch die der Mitmenschen schützt. Und wir gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie nicht überwunden ist und dass wir im heurigen Jahr auch mit einer wahrscheinlich stärkeren Grippewelle rechnen müssen, einer Influenza, so wie das in jenen Ländern, die von der Jahreszeit vor uns sind, Australien zum Beispiel, schon spürbar ist. Eine Maske in einem relativ kleinen Raum, wie es öffentliche Verkehrsmittel darstellen, heißt nicht nur Schutz vor Corona, sondern auch Schutz vor einer Influenza-Infektion. Daher macht man das, wenn man vernünftig ist, schon einmal, um die eigene Gesundheit zu wahren. Aber ich empfinde das auch im Gespräch mit vielen Menschen durchaus so, dass sie auch andere Menschen schützen wollen und ich finde, das ist ein sympathischer Charakterzug einer Gesellschaft, dass man an sich denkt, aber auch an die Gesundheit der Mitmenschen.

©APA/GEORG HOCHMUTH 

Wenn wir noch in die Zukunft schauen: Was wird 2023 die größte Veränderung sein, die auf die Wienerinnen und Wiener zukommt, was glauben Sie?

Ich hoffe, dass es als positive Veränderung gelingt, die hohe Inflation wieder zu dämmen, denn die Gewerkschaften haben in den Verhandlungen, die schon abgeschlossen worden sind, gute Ergebnisse erzielt. Trotzdem ist es so, dass die Preise nach wie vor sehr stark steigen und dass es mit gemeinsamen Anstrengungen in Österreich aber darüber hinaus auch in Europa gelingen muss, die Inflation deutlich zu reduzieren und damit auch die Haushaltseinkommen deutlich zu entlasten und auch die Wirtschaft anzukurbeln. Von daher hoffe ich, wird es als eine der großen Veränderungen spürbar sein, dass es gelingt, die Teuerung zu stoppen.

Und wenn wir zum Abschluss noch einmal auf SOKO Donau zurückkommen, wie oft schauen Sie die Serie eigentlich selbst?

Nicht jedes Mal, da komme ich leider nicht dazu, aber ich schaue sie mir oft in der Mediathek an. Erfreulicherweise sind die Folgen der SOKO Donau auch relativ lang in der Mediathek nachzusehen und daher bin ich immer mit dabei.

(Red)

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