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Versuchter Doppelmord: Einstimmiger Freispruch in Wien

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. ©APA (Sujet)
Am Montagabend wurde ein 36-jährige Mann am Wiener Landesgericht vom Vorwurf des versuchten Doppelmordes freigesprochen. Dem Filipino wurde zur Last gelegt, im November 2018 zwei junge Kroaten mit einem Klappmesser niedergestochen zu haben.
Zwei Schwerverletzte nach Messerstecherei

Ein 36-jähriger Mann ist am Montagabend am Wiener Landesgericht vom Vorwurf des versuchten Doppelmordes freigesprochen worden. Die Entscheidung der acht Geschworenen fiel einstimmig aus. Staatsanwalt Bernd Ziska gab vorerst keine Erklärung ab, der Freispruch ist somit nicht rechtskräftig.

Anklage wegen versuchtem Doppelmord nach Messerstecherei in Liesing

Die Anklage hatte dem Filipino zur Last gelegt, am 17. November 2018 vor einer Veranstaltungshalle in Liesing im Zuge einer Streiterei aus nichtigem Anlass zwei junge Kroaten mit einem Klappmesser niedergestochen zu haben. Der Jüngere der beiden identifizierte im Verhandlungssaal den Angeklagten als Täter - mit hundertprozentiger Sicherheit, wie der 21-Jährige als Zeuge unter Wahrheitspflicht betonte. Sein um ein Jahr älterer Freund hat an die Bluttat keine Erinnerung mehr. Das Erlebte hat ihn schwer in Mitleidenschaft genommen, er traut sich fast nicht mehr außer Haus und leidet unter Schlafstörungen.

Der Angeklagte selbst hatte nach seiner Festnahme ursprünglich zugegeben, in Notwehr zugestochen zu haben, weil er angegriffen worden sei. Allerdings hatte die Polizei zur Beschuldigteneinvernahme einen Somali-Dolmetscher als Übersetzer beigezogen, der sich auf Englisch mit dem Filipino verständigte. Englisch spricht dieser kaum besser als Deutsch. Für Verteidigerin Astrid Wagner erwirkte die Polizei so ein "falsches Geständnis", wie sie in der Verhandlung sagte. Ihr Mandant versicherte dem Schwurgericht, er habe das Messer nie in der Hand gehabt. Der Dolmetsch habe "einfach eine Geschichte erzählt".

DNA war auf Tatwaffe nicht nachweisbar

Tatsächlich ergab ein von Wagner beantragtes Gutachten, dass auf der Tatwaffe die DNA des Angeklagten nicht nachzuweisen war. Dafür fand DNA-Expertin Christina Stein an dem Messer das Blut eines Landsmanns des 36-Jährigen, der diesen mit drei weiteren Filipinos zu einer Weihnachtsfeier begleitet hatte, wo die Gruppe mit den Kroaten aneinandergeriet. Diese hatten in einem nebenan gelegenen Saal an einer Tauffeier teilgenommen und sich beim Rauchen am Parkplatz vor der Location über einen schwer betrunkenen Filipino lustig gemacht, der sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und daher von seinen Kollegen gestützt werden musste. Dem 21-jährigen Kroaten wurde darauf in Brust und Bauch gestochen, dem 22-Jährigen in die Milz, die Bauchspeicheldrüse und das Zwerchfell. Der lebensgefährlich Verletzte verbrachte viereinhalb Wochen im künstlichen Tiefschlaf, erst nach mehreren Operationen war er über dem Berg.

Wie die DNA-Gutachterin den Geschworenen erläuterte, könne aus dem Umstand, dass an der Tatwaffe keine Spuren des Angeklagten gefunden wurden, nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass dieser das Klappmesser nie in der Hand hatte. Auf dem Messer habe sich "sehr viel Blut" befunden. Das stammte von den beiden niedergestochenen Kroaten sowie dem 32 Jahre alten Landsmann des Angeklagten. Es sei aber nicht auszuschließen, dass sich darüber hinaus andere Spuren - etwa von Hautabrieb - an der Waffe befanden, von dem vielen Blut aber "überlagert" wurden und somit nicht mehr nachzuweisen waren, meinte Stein.

Nach wie vor unklar, wer zugestochen hat

Wer zugestochen hat, dürfte letztlich ungeklärt bleiben. Der zweite verdächtige Filipino entschlug sich im Zeugenstand der Aussage und machte keinerlei Angaben zum Tathergang. Zwar belastete einer seiner damaligen Begleiter vor Gericht den 32-Jährigen. Ausschlaggebend dafür sei, dass sich dieser nach den Stichen mit seiner blutigen Jacke in seinem Auto versteckt habe, ehe er sich vom Tatort absetzen konnte, schilderte dieser Zeuge. Die Jacke sei in seinem Auto geblieben. Am nächsten Tag habe er die blutverschmierte Kleidung bei der Polizei abgeben wollen. Dort habe man ihm jedoch beschieden, es sei "eh alles erledigt", und ihn nach Hause geschickt. Er habe die Jacke daher dem 32-Jährigen zurückgegeben, "wenn sie niemand will". Dieser habe sie in weiterer Folge "verbrannt", berichtete der Filipino.

(APA/Red)

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