Van der Bellen über Gewalt gegen Frauen: "Nicht wegschauen!"

"Frauenrechte sind Menschenrechte. Es ist unser aller Kampf. Nur gemeinsam werden wir gegen Gewalt gewinnen." Das sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer Videobotschaft anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen und Mädchen am Mittwoch. "Nicht wegschauen!", appellierte das Staatsoberhaupt.
Kein Randphänomen: "Zahlen sind alarmierend"
"Wir reden hier nicht von einem Randphänomen, im Gegenteil, die Zahlen sind alarmierend", betonte Van der Bellen. "Jede dritte erwachsene Frau in der europäischen Union hat psychische oder körperliche Gewalt erfahren müssen. Allein in meiner Heimat Österreich wurden in den letzten drei Jahren mehr als hundert Frauen getötet - in der Partnerschaft, in der Familie". Für Betroffene sei der bedrohlichste Ort der Welt oft das eigene Zuhause, so der Bundespräsident.
Van der Bellen: Gewalt gegen Frauen ebenso bekämpfen wie Pandemie
Gewalt an Frauen und Mädchen habe viele Ursachen, "etwa falsche Rollenbilder oder Gewaltverherrlichung, dazu noch die Covid-19-Pandemie mit all ihren Problemen". Die Botschaft des Staatsoberhauptes: "So wie wir den Kampf gegen die Pandemie gemeinsam durchstehen müssen, muss auch der Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen gemeinsam geführt werden."
Zum Start der weltweiten Kampagne "Orange the World - 16 Tage gegen Gewalt an Frauen" am Mittwoch wird das Innenministerium erstmals in oranges Licht getaucht.
Nehammer: "Jedes Opfer häuslicher Gewalt ist eines zu viel"
"Mit der Teilnahme setzen wir ein klares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Kindern und möchten zur Sensibilisierung beitragen", sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).
"Jedes Opfer häuslicher Gewalt ist eines zu viel. Für die Polizei ist die große Herausforderung, dass sie über Gewalt informiert wird. Wir können immer nur dann einschreiten, wenn wir gerufen werden", betonte Nehammer. Es gehe vor allem um Bewusstseinsbildung.
Gewalt an Frauen: "133 ist immer zu wählen"
Gerade in Zeiten einer Pandemie mit erhöhtem Druck auch in Familien, sei es "wichtig, dorthin zu schauen, wo man hinschauen muss". Die Botschaft laute daher: "Wenn sich Opfer bedroht fühlen, wenn Frauen Angst haben, dann gibt es eine Telefonnummer, die immer zu wählen ist, und das ist 133."
Frauenbewegung fordert mehr Schutz und Beratung
Den weiteren Ausbau des Gewaltschutzes fordert die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö). Corona-Pandemie und Lockdowns hätten hierzulande und weltweit zu mehr häuslicher Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen geführt, mahnte die stellvertretende kfbö-Vorsitzende Petra Unterberger laut Kathpress zum Start der weltweiten Kampagne "16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen" am Mittwoch.
Dazu komme, dass mit den Schulschließungen und der eingeschränkten Versorgungslage der Druck auf Familien steige - insbesondere auf Frauen, die einen Großteil der Sorgearbeit erledigten. Konkret seien in Österreich neben mehr Geld für Prävention und Gewaltschutz der Ausbau von Frauenberatungs- und Hilfseinrichtungen, Verbesserungen des Opferschutzes und der Prozessbegleitung, klare und verbindliche Richtlinien für die Strafverfolgungsbehörde bei Gewalt an Frauen und Kindern sowie mehr Antigewalttrainings nötig. Frauen und Mädchen sollten über Hilfsangebote ausreichend informiert und der Zugang zu ihnen kostenlos und auch niederschwellig gehalten werden. Auch auf globale Missstände "wie etwa auf die wirtschaftliche und sexuelle Ausbeutung von Arbeitsmigrantinnen" seien Antworten nötig, fordert die kfbö.
ÖVP: "Jede Frau hat das Recht auf gewaltfreies Leben"
Die Regierung appellierte am Mittwoch in einem Video auf Facebook, gemeinsam gegen Gewalt an Frauen und Kindern vorzugehen. "Jede Frau hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben", betonte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP). Barbara Neßler von den Grünen machte in einer Aussendung darauf aufmerksam, dass in den Monaten der Corona-Krise nicht nur Gewaltakte gegen Frauen gestiegen sind, sondern auch gegen Kinder.
Grüne fordern Prozessbegleitung für minderjährige Gewalt-Zeugen
Mit von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) geplanten Maßnahmen gebe es für minderjährige Zeuginnen und Zeugen von häuslicher Gewalt künftig juristische und psychosoziale Prozessbegleitung. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim sprach sich in einer Stellungnahme für verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings aus: Diese könnten "Rückfälle verhindern und dabei helfen, Strategien für eine gewaltfreie Konfliktlösung aufzuzeigen".
(APA/Red)