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Über 400.000 Arbeitslose: ÖGB will Konjunkturspritze

ÖGB-Präsident Kazian fordert ein Konjunkturpaket.
ÖGB-Präsident Kazian fordert ein Konjunkturpaket. ©APA/HANS PUNZ
Der Österreichische Gewerkschaftsbund will angesichts der Pandemie ein Konjunkturpaket schnüren, das den steigenden Arbeitslosenzahlen entgegenwirken soll.
"Arbeit" für Kurz zentrales Thema

Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) drängt angesichts der Coronakrise und der hohen Arbeitslosenzahlen erneut auf ein weiteres Konjunkturpaket. "Wann wenn nicht jetzt, wäre der richtige Zeitpunkt, das zu tun", sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Montag im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radio. Auf einen genauen Betrag für die Konjunkturspritze wollte sich Katzian nicht festlegen.

Im September hatte er ein Konjunkturpaket in Höhe von "einigen Milliarden" gefordert. Neben der von der Regierung bereits umgesetzten Mehrwertsteuersenkung und der Investitionsprämie sieht der ÖGB-Chef Bedarf für zusätzliche Investitionen vor allem im Bereich der Gemeinden, im öffentlichen Verkehr, bei Digitalisierung und Bildung, Wohnen sowie Umwelt- und Energiepolitik. Auch mehr Mittel im Sozialbereich, etwa bei der Pflege, wären notwendig. Bei den Arbeitsmarkt- und Konjunkturmaßnahmen der Regierung gebe es "noch Luft nach oben", so Katzian.

Über 400.000 Personen arbeitslos

Ende September waren knapp 409.000 Arbeitslose und Schulungsteilnehmer beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet, ein Plus von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Dem gegenüber standen rund 67.000 sofort verfügbare offene Stellen. "Es gibt einfach zu wenig Arbeit", sagte der ÖGB-Chef im Radio-Interview.

Katzian drängt unter anderem auf eine Ausweitung der Altersteilzeit und des Solidaritätsprämienmodells. Aufgrund der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung im Herbst und Winter kann er sich eine Beendung der Kurzarbeit Ende März 2021 derzeit nicht vorstellen. "Es wird weitere Maßnahmen brauchen", so der ÖGB-Präsident. Für sehr stark betroffene Branchen wie etwa die Veranstaltungsbranche und die Stadthotellerie seien wohl Extra-Pakete notwendig.

"Arbeit" für Kurz zentrales Thema

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte Montagfrüh angekündigt, das Thema "Arbeit" neben der Bekämpfung der Pandemie zum zentralen politischen Thema im nächsten halben Jahr machen zu wollen. Neben der Gesundheitskrise soll eine anhaltende Wirtschafts- und Arbeitskrise "mit allen Mitteln" verhindert werden, teilte der Regierungschef in einer Stellungnahme mit.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch übten Kritik an den heutigen Aussagen des Bundeskanzlers. "Die Regierung hat sechs Monate zugeschaut, wie die Wirtschaft den Bach runtergeht, die Arbeitslosigkeit explodiert und der Kanzler hat betroffenen Menschen, die ihren Job verloren haben, das Gespräch verweigert", so Muchitsch am Montag in einer Aussendung. Die SPÖ fordert seit Monaten ein großes Konjunktur- und Investitionspaket. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch drängt auf "einen schonungslosen und ehrlichen Kassasturz" der beiden AMS-Vorstände Johannes Kopf und Buchinger bei der morgigen Sitzung des Sozialausschusses im Parlament. "Vor allem die AMS-Budgets 2021-2024 sind in einer Mittelfristvorschau hier von größtem Interesse."

Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen und der Langzeitbeschäftigungslosen hat sich aufgrund der Coronakrise und dem Rückgang der offenen Stellen stark erhöht. Die Anzahl der langzeitarbeitslosen Personen - mindestens 12 Monate durchgehend arbeitslos - kletterte Ende September im Vergleich zum Vorjahresmonat um 45 Prozent auf 67.800 Personen und bei Langzeitbeschäftigungslosen - bei denen die Arbeitslosigkeit unterbrochen durch Kurzzeitjob, Weiterbildung, Reha, Karenz wurde- stiegen die Zahlen um 28 Prozent auf 120.500. Personen mit längeren Schulungen scheinen in den Zahlen nicht auf.

Laut dem links-liberalen Momentum-Instituts lag die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen inklusive Schulungsteilnehmer per Ende September bei über 157.000 Menschen. Das seien nur um rund 10.000 weniger als auf dem bisherigen Höhepunkt im Jänner 2017, verweist das Institut auf Zahlen aus der Datenbank des Arbeitsmarktservice. AMS-Sprecherin Beate Sprenger erklärte gegenüber der "Presse" (Montagsausgabe), dass es sich dabei oft um sehr lange, intensive Ausbildungen handelt. "Nach solchen Ausbildungen sind die Jobaussichten in der Regel sehr gut", sagte Sprenger der Zeitung. Daher handle es sich bei diesen Menschen nicht um die eigentliche Problemgruppe, da sie sehr gute Chancen hätten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

(APA/red)

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