Todesfälle durch Corona-Impfungen: Mit oder an der Impfung gestorben?

Datenbanken zur Erfassung von möglicherweise durch Impfungen verursachten Nebenwirkungen werden seit Monaten von impfkritischen Gruppen herangezogen, um auf angebliche Gefahren der Corona-Impfstoffe hinzuweisen. Tatsächlich sind die gemeldeten Nebenwirkungen und Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang zu einer Impfung so hoch wie nie.
Tausende Todesfälle durch Impfungen?
Dies zeigt auch eine Grafik zu gemeldeten Todesfällen, die auf Blogs kursiert und auch von Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus auf Facebook geteilt wurde. Aussagekräftig ist die Darstellung jedoch nicht.
Die gemeldeten Nebenwirkungen und Todesfälle stehen einzig in zeitlichem Zusammenhang zu einer Corona-Impfung. Darunter befinden sich zahlreiche Personen, die rein statistisch in dem Zeitraum sterben würden. Vor einer Interpretation der Meldungen warnen die Gesundheitsbehörden hinter den Datenbanken selbst.
Interpretation der Daten problematisch
Auf das Problem der Interpretation der Daten weisen die Datenbanken selbst hin. Die Informationen auf der Webseite seien nicht als Bestätigung eines Zusammenhangs zwischen Arzneimittel und "beobachteter Reaktion" zu verstehen, heißt es in einem Hinweis der EMA. Darüber hinaus sollten aufgrund der Anzahl der Meldungen keine Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Nebenwirkung eintritt, gezogen werden.
Das bestätigte auch eine Pressesprecherin der EMA der APA für einen früheren Faktencheck. Fallberichte von vermuteten Nebenwirkungen würden alleine selten ausreichen, um zu beweisen, dass eine bestimmte vermutete Reaktion tatsächlich durch ein bestimmtes Arzneimittel verursacht worden sei. "Jeder Fallbericht sollte als Teil eines Puzzles gesehen werden, wobei alle verfügbaren Daten berücksichtigt werden müssen, um das Bild zu vervollständigen. Diese Daten umfassen (...) klinische Studien, epidemiologische Studien und toxikologische Untersuchungen. Nur die Bewertung aller verfügbaren Daten erlaubt belastbare Schlussfolgerungen", so die Sprecherin.
In der CDC-Datenbank VAERS wird ebenso darauf hingewiesen, dass es sich bei den eingehenden Meldungen nicht um Dokumentationen von durch Impfungen verursachten Nebenwirkungen handelt. Jede Person könnte eine derartige Meldung machen - neben Gesundheitsdienstleister auch Patienten oder Familienangehörige. Oft würden diese Informationen daher auch Fehler enthalten. Ähnliche Hinweise finden sich auch im britischen Yellow Card-Meldesystem.
Falschbehauptungen verweisen auf Datenbanken
Trotz dieser Hinweise werden die Zahlen aus den Datenbanken von impfkritischen Menschen immer wieder für bare Münze gehalten. Ex-FPÖ-Politiker Gudenus teilte eine Grafik (2), die eine deutliche Zunahme an Meldungen in der VAERS-Datenbank visualisiert, sogar mit dem falschen Hinweis, dass die Zahlen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stammen würden.
Der Blog tkp.at widmete den Meldungen in den Datenbanken der EMA und CDC einen eigenen Eintrag. Hier werden mehrere fragwürdige Schlüsse gezogen. Zum einen vermutet der Autor in Europa eine "massive Untererfassung" an Todesfällen und Nebenwirkungen. Während in der US-amerikanischen Datenbank rund 11.000 Todesfälle bei 336 Millionen verabreichten Impf-Dosen gemeldet wurden, sind es in der EMA-Datenbank nur etwa 5.500 bei 416 Millionen verabreichten Dosen. Dieser Unterschied ist jedoch vermutlich durch die unterschiedlichen Meldebeschränkungen zu erklären. Während in der VAERS-Datenbank jeder Mensch Meldungen vornehmen kann, basiert die EMA-Datenbank auf dem Meldesystem EudraVigilance, das in erster Linie etwa für Meldungen von Unternehmen mit einer Marktzulassung der EMA, Gesundheitsbehörden der Länder oder Auftraggeber von klinischen Studien vorgesehen ist.
Blog kommt auf 90.000 Impftote in Europa
Danach zieht der Artikel eine weitere kaum belastbare Schlussfolgerung. Von einem ORF-Artikel ausgehend, der von einer hohen Dunkelziffer an nicht gemeldeten Nebenwirkungen nach Impfungen ausgeht, legt der Autor den dort genannten Schätzwert von nur sechs Prozent erfassten Nebenwirkungen auch auf Todesfälle um. Dadurch kommt er auf einen Wert von über 90.000 Impftoten in Europa.
Wie unwahrscheinlich diese Zahl ist, sieht man, wenn man diese behaupteten 90.000 Todesfälle anteilsmäßig auf die Bevölkerung Österreichs umlegt. Geht man von rund 90.000 Todesfällen unter 520 Millionen Einwohnern in der von der EMA erfassten Europäischen Wirtschaftszone aus, würden auf die Bevölkerung Österreichs mit knapp 9 Millionen Einwohnern um die eintausend Impftote entfallen.
146 Todesfälle nach Impfungen in Österreich dokumentiert
Laut aktuellstem Bericht des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) wurden in Österreich bisher aber überhaupt erst 146 Todesfälle in zeitlicher Nähe zu einer Covid-Impfung dokumentiert. Nur bei einem einzigen Fall konnte bisher auch ein kausaler Zusammenhang zur Impfung nachgewiesen werden.
Dass in der VAERS-Datenbank so viele Todesfälle wie noch nie gemeldet werden, wie auch die virale Grafik eindrucksvoll darstellt, ist wohl vor allem mit dem hohen öffentlichen Interesse an der Corona-Pandemie zu begründen. Durch die Relevanz der Impfungen wird wohl ein höheres Augenmerk auf die Beobachtung und Dokumentation von möglichen Nebenwirkungen gelegt.
(APA/red)