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Stimmen befahlen Wiener eine Messer-Attacke gegen Nachtportier: Prozess

Ein Security-Mann wurde im Haus der Forschung mit einem Messer attackiert
Ein Security-Mann wurde im Haus der Forschung mit einem Messer attackiert ©dpa (Sujet)
"In einem psychischen Ausnahmezustand" soll ein 40-jähriger Mann gewesen sein, der am Freitag wegen der Messerattacke auf einen Wiener Portier vor dem Straflandesgericht stand. Stimmen hätten ihm gesagt, an seinem ehemaligen Arbeitsplatz trotz Hausverbots gegen "den Dämon" zu kämpfen.
Die Messer-Attacke

In dem Verfahren ging es allerdings nicht um versuchten Mord. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Angeklagter war Security

Der 40-Jährige litt bereits seit geraumer Zeit unter psychischen Problemen. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre fand der Akademiker keinen adäquaten Job und heuerte 2003 als Security bei einer Sicherheitsfirma an, wo er schließlich die Überwachung des “Hauses der Forschung” in Wien-Alsergrund übernahm. Im Dezember 2012 hatte er die erste Wahnvorstellung: “Ich habe vor meinen Augen einen Mordanschlag gesehen”, sagte der Beschuldigte. Es folgte ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung. Er glaubte damals gesehen zu haben, wie einer schwangeren Kollegin das Kind gewaltsam aus dem Bauch getreten worden sei, erklärte er der Vorsitzenden des Schwurgerichts, Eva Brandstetter.

Weltuntergangs-Wahnvorstellungen von Stimmen

Nach einem mehrmonatigen Krankenstand war der 40-Jährige seinen Arbeitsplatz los, er sollte einen jüngeren Kollegen auf den Job einschulen – sein späteres Opfer. Zwei Wochen vor dem Übergriff auf seinen Ex-Kollegen im Oktober 2014 haben die Wahnvorstellungen wieder angefangen, “ich habe vom Weltuntergang geträumt”. In der Nacht vor der Tat konnte der 40-Jährige nicht schlafen, Stimmen von Poltergeistern und Vampiren ließen ihn nicht zur Ruhe kommen.

Doch plötzlich hörte er nur noch eine Stimme in seinem Kopf, nämlich jene von einer ehemaligen Arbeitskollegin, für die er ein wenig geschwärmt hatte. Die Frau habe ihm in seinen Wahnvorstellungen gesagt, er soll sich in das “Haus der Forschung” begeben und in den siebenten Stock fahren, dort würde er ein Geschenk erhalten und sie würde auch auf ihn warten. Er solle jedoch zur Verteidigung gegen mögliche Angriffe von Zombies ein Messer mitnehmen, was der 40-Jährige auch tat. Bewaffnet mit einem Küchenmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge fuhr er am 7. Oktober 2014 um 6.00 Uhr in die Sensengasse und betrat das Gebäude.

Messer-Attacke im Haus der Forschung

Dort traf er auf seinen 30-jährigen Ex-Kollegen, der gerade den Dienst begonnen hatte und sich wunderte, was der 40-Jährige um diese Zeit dort verloren hat. Nachdem über den Mann auch ein Hausverbot verhängt worden war, komplimentierte er den 40-Jährigen aus dem Gebäude. Wie aus der Videoüberwachung, die im Gerichtssaal vorgespielt wurde hervorging, kehrte der Beschuldigte nach nicht einmal einer Minute zurück und stach mit heftigen Bewegungen auf den 30-Jährigen mehrmals in Bauch, Brust und Rücken ein. “Eine Stimme hat mir gesagt, ich soll den Dämon bekämpfen. Ich schäme mich heute dafür”, sagte der Angeklagte.

Portier war “wie ein Bruder”

“Er war wie ein Bruder zu mir”, beschrieb der Angeklagte das Verhältnis zu seinem späteren Opfer, das die Attacke nur knapp überlebt hat. Der 30-Jährige erlitt mehrfache Stiche in Bauch, Brust und Rücken. An der rechten Hand wurden ihm durch Abwehrverletzungen die Sehnen durchtrennt. Durch die Wucht der Stiche kam es zudem zu einem Bruch des linken Schulterblattes.

Laut Gerichtsmediziner Wolfgang Denk hatte der Angriff keine schweren Dauerfolgen verursacht, jedoch wären durch die Attacke mit dem langen Messer “lebensgefährliche Verlaufsfolgen zu erwarten gewesen”. Wie massiv der Angriff auf den 30-Jährigen war, zeigten die Videoaufnahmen aus einer Überwachungskamera, die im Gerichtssaal auf eine große Leinwand projiziert wurden.

Bei Messer-Attacke wie im Blutrausch

Immer wieder stach der 40-Jährige auf den Portier ein, der fiel mehrmals hin, rappelte sich wieder auf, ehe wieder auf ihn eingestochen wurde. “Er war in einem Blutrausch. Ich hab geglaubt, das war’s”, sagte der Portier, der nach einem dreimonatigen Krankenstand seit Jänner wieder im “Haus der Forschung” seinen Dienst versieht.

“Ich hatte den Blick zum Notausgang, und dann bin ich geflüchtet”, erzählte der 30-Jährige, der auf der Straße von Passanten versorgt und ins nahe gelegene AKH gebracht wurde. “Ich habe um mein Leben gekämpft.”

Diagnose: Paranoide Schizophrenie

Gerichtspsychiater Siegfried Schranz attestierte dem Angeklagten eine paranoide Schizophrenie, bei der er nicht in der Lage sei, von der Realität zu differenzieren. Zum Zeitpunkt der Tat sei der 40-Jährige zurechnungsunfähig gewesen, weshalb die Staatsanwaltschaft eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragte. Frühere Behandlungen hatte der Mann abgebrochen, weil die Medikamente nicht den gewünschten Erfolg erzielten. “Ich habe auch mein Leben führen müssen, ich konnte nicht ständig schlafen”, meinte der Beschuldigte. Sein Verteidiger Martin Mahrer stellte in seinem Abschlussplädoyer einen Antrag auf Abweisung der Unterbringung. Kurz vor 13.00 Uhr haben sich die Geschworenen zur Beratung zurückgezogen.

Entscheidung: Einweisung in Anstalt

Am Freitagnachmittag war es entschieden: Wegen der Messerattacke auf den Portier des Wiener “Hauses der Forschung” ist der 40-jährige Mann im Straflandesgericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingeliefert worden. Der Beschuldigte erklärte vor einem Schwurgericht (Vorsitz: Eva Brandstetter), Stimmen hätten ihm gesagt, gegen “den Dämon” zu kämpfen. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.

Die Vorsitzende des Schwurgerichts, Eva Brandstetter, hielt sich an die Empfehlungen von Gerichtspsychiater Siegfried Schranz, der dem Angeklagten eine paranoide Schizophrenie attestierte, bei der er nicht in der Lage sei, von der Realität zu differenzieren. Zum Zeitpunkt der Tat sei der 40-Jährige aufgrund seiner Erkrankung nicht zurechnungsfähig gewesen. Er wird in einem Maßnahmenvollzug für zurechnungsunfähige Täter (Paragraf 21/1 StGB) untergebracht.

(apa/red)

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