Sekowitsch-Prozess: Entscheidung fällt nächsten Mittwoch

Auf andere Lokalgäste machte der Tschetschene einen aggressiven Eindruck. Einer flüchtete sich sogar zu Sekowitsch hinter die Schank, wobei jenem auffiel, dass der 27-Jährige ein Klappmesser mit sich führte. “Lass dein Messer stecken”, verlangte der als “Stier von Serbien” bekanntgewordene Boxer.
Gegen 5.30 Uhr schloss Sekowitsch sein Lokal. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nur mehr der Tschetschene und ein weiterer, bis heute unbekannt gebliebener Mann in der Gaststätte, der sich jedoch rasch davonmachte, als zwischen den beiden anderen ein Streit entbrannte, in dessen Verlauf der 27-Jährige sein Messer zückte.
Den ersten Stich ins Gesicht kassierte der unbewaffnete Sekowitsch noch im Eingangsbereich des Pubs. Er versuchte daraufhin, sein vor dem Lokal geparktes, abgesperrtes Fahrzeug zu erreichen. Der Tschetschene folgte ihm und stach dem zum Tatzeitpunkt 50-Jährigen vier weitere Male in Gesicht, Hals und Brust.
Sekowitsch versuchte sich noch zu wehren, indem er seine Armbanduhr über die Finger zog, damit einen provisorischen Schlagring bildete und dem Angreifer einmal auf den Kopf schlug. “Es war das letzte Aufbäumen eines tödlich getroffenen Mannes”, sagte dazu der Staatsanwalt. Denn der letzte Stich war Sekowitsch mit einer Tiefe von 15 Zentimeter in die Brust gedrungen und hatte Lunge und Herz beschädigt. Der frühere Boxchampion verblutete hilflos wenige Meter von seinem Lokal entfernt.
Verteidiger Lennart Binder behauptete, der Angeklagte habe sich “nur gewehrt”. Sein Mandant habe das Lokal bereits verlassen gehabt und sei nur mehr zurück gekommen, weil er seinen Rucksack vergessen hatte. Sekowitsch, der sich zuvor schon negativ über den Glauben des Muslims und dessen Herkunft geäußert hätte, habe ihm dann “nur Schwierigkeiten gemacht”.
Dass der 27-Jährige bewaffnet war, habe den Boxer zusätzlich “angestachelt”, so Binder. Dieser habe den Kampf gesucht: “Es muss ihn der Teufel geritten haben. Offenbar muss er einen Nervenkitzel in diesem ultimativen Boxkampf gefunden haben.”
Er sei von Sekowitsch “wie ein kleiner Welpe” geschlagen worden, behauptete der Angeklagte. Er habe sich in dieser Situation “vor Wut nicht kontrollieren können” und zu dem Messer gegriffen, das er zum Selbstschutz seit Jahren bei sich trage. “Alles, was mir in die Hand gekommen wäre, hätte ich genommen”, sagte der 27-Jährige.
Auf die Frage des Staatsanwalts, warum er dann nicht zugebe, in Tötungsabsicht zugestochen zu haben, erwiderte der Mann: “Ich finde nicht, dass ich ein Mörder bin, weil ich noch nie den Gedanken gehabt habe, jemanden zu töten. Ich habe meine Heimat verlassen, um nicht zu sehen, wie Leute getötet werden.”
Opferanwalt Rudolf Mayer, der die Interessen der Hinterbliebenen vertritt, machte daraufhin darauf aufmerksam, dass bei der noch am Tatort erfolgten Festnahme des 27-Jährigen bei diesem nur geringfügige Verletzungsspuren festgestellt werden konnten. “Das spricht entschieden gegen die Version, Sekowitsch hätte ihn angegriffen. Wenn der Boxer wirklich hingeschlagen hätte, wär’ er platt gewesen”, gab Mayer zu bedenken.