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Prostitution in Vorarlberg: Schauraum ZollART wird zum Stundenzimmer

©VOL.AT/Mayer
Künstlerin Bettina Bohne aus Dornbirn beschäftigt sich in ihrer aktuellen Ausstellung mit dem Thema Prostitution. Im Schauraum ZollART hat sie ein fiktives Stundenzimmer eingerichtet.
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"Grenzverkehr Stundenzimmer" - so heißt die aktuelle Kunstinstallation von Bettina Bohne. Thema ist der etwas andere Grenzverkehr zwischen Vorarlberg und der Ostschweiz - mit dem offiziell Bordell-freien Ländle und dem männlichen Besucherstrom in die Schweiz. Die Dornbirner Künstlerin hat dafür im Schauraum ZollART in Koblacher Grenznähe ein fiktives Stundenzimmer eingerichtet, wie es irgendwo im Ländle in einer privaten Wohnung existieren könnte: komplett mit Bett, rotem Samtsessel, Sekt und Sexspielzeugen.

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Der Schauraum wird zum fiktiven Stundenzimmer. Bild: VOL.AT/Mayer

Scheinmoral im "suboro Ländle"

"Ich hätte natürlich auch Schwemmhölzer inszenieren können", meint Bohne im VOL.AT-Gespräch. Das Thema habe sie schon lange beschäftigt und begleitet: "Ich finde, dass das Thema Prostitution einerseits aus feministischer Sicht sehr interessant ist, auch aus menschenrechtlicher Sicht und auch aus sozialarbeiterischer Sicht." Prostitution wird im Ländle gerne totgeschwiegen. Offiziell ist sie illegal und verboten.

Als Künstler habe man den Auftrag, Wunden in ein Thema zu legen, dass sehr brisant und tabuisiert sei, so die Dornbirnerin. "Weil Vorarlberg ein sehr moralisches Land ist, geprägt von der katholischen Kirche." Ihr geht es dabei auch um die Moral und Scheinmoral im "suboro Ländle": Sexworker arbeiten meist im Verborgenen, etwa in privaten Wohnungen. Vorarlbergs Herren pilgern derweil auch in das Rotlichtmilieu des Dreiländerecks, besuchen Table-Dance-Lokale, "Massagesalons" und Animierlokale.

Bohne schlüpft selbst in einen fiktiven Charakter. Bild: VOL.AT/Mayer

Künstlerin wird Teil der Installation

Bohne, die auch Performance-Künstlerin ist, schlüpft für die Installation auch selbst in die Rolle einer Sexworkerin und wird zum Teil der Kunst. Mit dem fiktiven Charakter macht sie sich an die thematische Inszenierung ihrer selbst. Dadurch will sie nach eigener Aussage Bilder kreieren, "die wirken und die bestenfalls zum Dialog inspirieren". "Vorher war ein Radfahrer - ein älterer Herr - hier", erzählt sie beim Interview im Schauraum. Er habe direkt angefangen, mit ihr zu diskutieren. "Das war eigentlich ein sehr ein klischeehaftes Denken", meint sie und schmunzelt. Wer vorbeischaue, sei neugierig, so mancher schaue auch sehr vorsichtig umher. Auch eine Familie mit Sohn sei hier gewesen. Das Kind sei sehr interessiert gewesen. Der Vater habe dann beim Gehen einen Flyer mitgenommen und gemeint, er werde das Ganze zu Hause in Kindersprache übersetzen. "So was finde ich einfach auch cool", meint Bohne.

Enttabuisierung als großes Ziel

Der Dornbirnerin geht es auch darum, gewisse Themen, die mit Prostitution in Verbindung gebracht werden, zu enttabuisieren: etwa Callgirl, Masseurin, Stripteasetänzerin, Edelhure, Luder oder auch "Schlampe": "Das ist zum Beispiel ein Begriff, der nur für Frauen verwendet wird", verdeutlicht sie. Für Männer existiere er nicht.

Auch die Tantramassage werde oft missverständlich in den falschen Kanal gebracht. Tantra sei eine indische Philosophie, habe mit Spiritualität zu tun. Sie werde oft "zweckentfremdet oder sprachlich und inhaltlich missbraucht". "Und auch oft gerade im Kontext von Prostitution einfach falsch kommuniziert und das gibt natürlich Missverständnisse", gibt sie zu verstehen. Wer sich informiere, könne sehen, dass Tantra mit Energiearbeit und Wellness zu tun habe, ja fast pro­phy­lak­tisch sei. "Das ist einfach viel Aufklärungsarbeit, die auch hier in Vorarlberg noch für viel Diskussionsstoff sorgen wird", schließt Bettina Bohne.

(VOL.AT)

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