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ORF-Radioredakteure protestierten in Wien gegen Postenbesetzung

Vor dem ORF-Funkhaus in Wien-Wieden demonstrierten am Dienstag 130 Redakteure.
Vor dem ORF-Funkhaus in Wien-Wieden demonstrierten am Dienstag 130 Redakteure. ©APA
Vor dem ORF-Funkhaus in Wien haben am Dienstag 130 Redakteure gegen die umstrittene Postenbesetzung in der Radio-Innenpolitik protestiert. "Die Redakteurinnen und Redakteure der Radio-Information wollen gehört werden.Wir wollen gehört werden, denn wir sind misstrauisch", sagte Redakteurssprecher und Hochner-Preisträger Peter Daser. Generaldirektor Alexander Wrabetz sprach sich hingegegen für eine "Versachlichung der Diskussion" aus.
ORF-Mitarbeiter ziehen in Container

Der ORF-Chef wies auf das korrekte Vorgehen in der Causa hin: die Innenpolitik-Leitung sei ausgeschrieben, Hearings durchgeführt worden. Auf Basis des Vorschlags von Radiodirektor Karl Amon und der Abstimmung der Redakteursversammlung werde es noch ein Gespräch mit Redakteursvertretern geben, danach die Entscheidung, so Wrabetz. Kenner des ORF-Chefs rechnen damit, dass dieser dem Amon-Vorschlag folgen und Edgar Weinzettl zum Radio-Innenpolitik-Chef bestellen wird. “Es ist bedauerlich, dass das nicht eine Frage der internen Diskussion, sondern eine starke externe Debatte ist. Es wurden teilweise auch Worte gewählt, die in keiner Weise dem Sachverhalt entsprechen. Ich kann nur hoffen, dass wir zu vernünftigen Gesprächen und einer sachlichen Entscheidung zurückkommen. Alle Kandidaten sind langjährige ORF-Mitarbeiter mit hoher Reputation und ausgewiesen unabhängig”, hielt sich Wrabetz in der Causa gegenüber Publikumsräten aber bedeckt.

ORF-Redakteure machten ihrem Unmut Luft

Deutlicher waren da die Radioredakteure vor dem ORF-Funkhaus. “Wir sind misstrauisch, wenn umstrittene Entscheidungen ausgerechnet vor Feiertagen und vor langen Wochenenden bekanntgemacht werden. Wir sind misstrauisch, wenn Personalfragen mit sogenannten Hearings begründet werden, die dann genau das Ergebnis bringen, das schon vorher in der Zeitung stand. Wir sind misstrauisch, wenn die Geschäftsführung bis in die kleinste Redaktionseinheit mitbestimmen will, dort, wo die Interviews und die Beiträge gemacht werden”, so Redakteursvertreter Daser.

Misstrauen sei aber keine gute Arbeitsgrundlage. “Misstrauen schadet unserer Glaubwürdigkeit. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht Glaubwürdigkeit. Wir protestieren gegen die Pläne des Hörfunkdirektors mit der Radio-Innenpolitik. Was hier der Hörfunkdirektor will, das wollen die Redakteurinnen und Redakteure nicht, auch nicht der Chefredakteur.”

Protest gegen Postenbesetzung

Das Ringen um den neuen Leiter der Radio-Innenpolitik steuert auf seinen Höhepunkt zu. Radiodirektor Karl Amon schlug vergangene Woche seinen Wunschkandidaten Edgar Weinzettl für den Posten vor. Dem Wortchef von Radio Wien wird eine Nähe zur SPÖ und mangelnde innenpolitische Fachkompetenz nachgesagt. Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter plädierte für den bisherigen interimistischen Innenpolitik-Leiter Andreas Jölli. Die Redakteursversammlung sprach sich mit deutlicher Mehrheit für Jöllis Stellvertreter Stefan Kappacher oder Jölli selbst aus.

Redakteurssprecher Daser erinnerte am Dienstag an die Worte von ORF-General Wrabetz rund um die Bestellung Fritz Dittlbachers zum TV-Chefredakteur. Wrabetz habe “ein Votum unserer Kollegen von der Fernsehinformation, als es dort um einen wichtigen Posten ging, als klares Signal bezeichnet. Als klares Signal, dass damit auch nach Meinung der Redaktion der Weg der Unabhängigkeit und der Professionalität des Journalismus im ORF konsequent fortgesetzt wird. Das muss auch für das Radio gelten. Und nicht nur für einen Leitungsposten, sondern für alle. Das ORF-Gesetz sieht ein Mitwirkungsrecht der Redaktionen an personellen Entscheidungen vor.”

“Wir gehören gehört”

Die ORF-Journalisten fordern, dass dieses Mitwirkungsrecht auch durchgesetzt wird. Daser: “Wir fordern, dass Posten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachvollziehbar und transparent vergeben werden. Wir fordern, dass der Gesetzgeber einen Rahmen schafft, der die Unabhängigkeit der Redaktionen und des ganzen ORF stärkt. Denn wir Journalistinnen und Journalisten sind unseren Hörerinnen und Hörern verpflichtet. Und wir werden weiterhin kämpfen gegen jede Gefährdung der Glaubwürdigkeit und der Unabhängigkeit des ORF. Das ist wichtig für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das ist wichtig für die Demokratie. Wir gehören gehört!”

Die ORF-Journalisten waren bei ihrem Protest in der Mittagspause mit gelben Schals bekleidet. Sie wollten damit einerseits ihre politische Unabhängigkeit demonstrieren und sich mit einer Farbe kennzeichnen, die im politischen System Österreichs nicht besetzt ist, und sie zeigten zugleich ihre Unterstützung für Radio-Chefredakteur Aigelsreiter, dessen modisches Markenzeichen ein Schal ist. Unter Motorradfahrern bedeutet ein gelber Schal auch “Ich brauche Hilfe”, erklärte ein Teilnehmer die Symbolik. Daneben wurden von den Redakteuren Buchstaben hochgehalten, die in Anlehnung an eine Ö1-Werbebotschaft den Slogan “WIR GEHÖREN GEHÖRT” ergaben. (APA)

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