Opernball-Debütantin erstochen: "Scheiß Angst" - Täter fasst 20 Jahre aus

Kurz zur Vorgeschichte: Claudia L., die bereits mit 16 eine Beziehung zu Tobias W.eingegangen war, hatte diese schon seit Monaten beenden wollen. Denn abseits der kleinen Wohnung, die Claudia L. mit ihrem Freund, einem Jus-Studenten, in Wien-Margareten bezogen hatte, verlief ihr Leben sehr erfolgreich: Job in einem Haubenlokal, Debütantin am Opernball und einen Modelvertrag in Aussicht. Nur die Beziehung funktionierte nicht – daher wollte sie diese beenden. Da war der Freund ausgerastet und hatte die junge Frau förmlich zerfleischt.
Die jungen Leute waren seit Herbst 2009 ein Paar. Zunächst führten sie eine Fern- bzw. Wochenendbeziehung, da der gebürtige Kärntner in der Bundeshauptstadt studierte, während die Steirerin in ihrer Heimat noch die Schule beendete. Im Vorjahr zog sie zu ihm. “Ab Februar 2011 haben wir versucht, uns als junges Paar in Wien zu etablieren”, erzählte der Angeklagte den Geschworenen. Das funktionierte am Anfang recht gut, doch das Klammern des jetzt Verurteilten wurde ihr zu viel, wie eine Psychologin feststellte.
Unterschiedliche Aussagen über den Tathergang
Zweifel an den Angaben des 22-jährigen Angeklagten nährte eine Zeugin, die sowohl mit ihm als auch der 18-Jährigen befreundet gewesen war. Die Kellnerin erklärte, das Mädchen habe sie unmittelbar vor ihrem Ableben noch in ihrem Lokal besucht. Es sei vereinbart gewesen, dass Claudia L. die Nacht nicht mehr bei ihrem Ex-Freund verbringt. Dann – offenbar nach Erhalt einer SMS – sei diese jedoch mit den Worten, dieser “brauche sie”, aufgestanden und habe das Lokal in Richtung dessen Wohnung verlassen.
Um 0.31 Uhr erhielt die Kellnerin einen Anruf von Claudia L., die meinte sie habe “eine Scheiß Angst”. Die Kellnerin forderte die 18-Jährige auf, sich in ein Taxi zu setzen und zu ihr zu kommen. Zu spät – Minuten später kam es zu dem tödlichen Messerangriff.
Reanimation nach zahllosen Messerstichen
Laut Anklage versuchte der 22-Jährige nach den zahllosen Stichen die leblos vor ihm Liegende noch zu reanimieren. Doch jede Hilfe kam zu spät. Dies erkennend, ging der Jus-Student duschen, zog sich neue Kleider an und schickte Claudias Eltern eine SMS: “Es tut mir von Herzen leid. Ich bin psychisch krank. Ich habe eure Tochter Claudia ermordet.” Im Anschluss teilte er seinem Vater mit: “Eines Tages verstehst du mich. Ich bin krank.” Dann kontaktierte er die Polizei und ließ sich beim Eintreffen der Sicherheitskräfte unweit des Tatorts auf der Reinprechtsdorfer Straße widerstandslos festnehmen.
Täter ist leicht psychisch gestört
Laut psychiatrischem Gutachten liegen bei dem Angeklagten schizoide Persönlichkeitszüge vor, doch sind diese noch nicht derart deutlich ausgeprägt, dass bei ihm zum Tatzeitpunkt eine strafrechtlich relevante geistig-seelische Beeinträchtigung gegeben gewesen wäre. Zweifellos habe sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt in einem “heftigen Gemütszustand” befunden, sagte Psychiater Werner Brosch. Das Ende der Beziehung habe ihm “den Boden unter den Füßen weggezogen”. Sein Persönlichkeitsbild sei “schwer erschüttert, aber noch nicht vor dem unmittelbaren Zerstört-Werden” gewesen. Laut Gutachten liegt beim Angeklagten Zurechnungs- und damit auch Schuldfähigkeit vor.
Die Verhandlung endete mit einem klaren Schuldspruch. Tobias W. muss für den Mord an der Opernball-Debütantin für 20 Jahre (nicht rechtskräftig) hinter Gitter. (APA)