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Österreich will Coronavirus-Impfstoff für acht Millionen Menschen

Im Ministerrat wurde festgelegt, dass sich alle in Österreich lebenden Menschen freiwillig impfen lassen können.
Im Ministerrat wurde festgelegt, dass sich alle in Österreich lebenden Menschen freiwillig impfen lassen können. ©APA/BARBARA GINDL
Das Ziel des österreichischen Gesundheitsministerium ist es, Impfstoff für acht Millionen Einwohner zu bekommen. Damit soll jeder, der möchte, Gelegenheit bekommen, sich impfen zu lassen. Bisher gibt es den Impfstoff jedoch noch nicht.

Impfstoff für acht Millionen Einwohner - so lautet das Ziel des österreichischen Gesundheitsministeriums, wenn einmal eine Vakzine vorhanden ist. Allerdings kann das kein Alleingang werden, denn die Europäische Kommission verhandelt für alle 27 EU-Länder über Vorverträge mit Herstellern. Einen Abschluss gibt es bisher mit AstraZeneca über 300 Millionen Dosen plus 100 weitere Millionen optional.

Österreich könnte fix sechs Millionen Dosen bekommen

Laut Gesundheitsministerium haben sich die Mitgliedsländer der EU gemeinsam mit der Europäischen Kommission verpflichtet, nicht getrennt, sondern gemeinsam mit den Herstellern von potenziellen Covid-Impfstoffen Vorverträge abzuschließen. Mit diesen Vorverträgen werden Liefermengen reserviert, die innerhalb der EU nach Bevölkerungsanteil aufgeteilt werden. Österreich kommt dabei auf zwei Prozent Anteil. Das bedeutet, dass - wenn sich der AstraZeneca-Impfstoff als wirksam und verträglich erweist und von der Europäischen Arzneimittelagentur die Zulassung erhält - Österreich rund sechs Millionen Dosen fix hat.

Ein Vorteil des gemeinsamen Vertragsabschlusses ist laut Gesundheitsministerium, dass das Risiko, mit diesen Herstellern Lieferverträge abzuschließen und sich an den Forschungs- und Produktionskosten zu beteiligen, die EU gesamt trägt und nicht jeder einzelne Staat. Neben dem Vorvertrag mit dem AstraZeneca verhandelt die EU mit weiteren fünf Unternehmen. Dies dient dazu, ein möglichst ausgewogenes Portfolio an Impfstoffen zu bekommen. Das soll auch das Risiko minimieren, dass es zu Engpässen kommt, wenn bei einem der Fabrikanten Unwägbarkeiten bei der Impfstoffherstellung auftreten.

Ministerrat legt fest: Impfung ist freiwillig

Im Ministerrat wurde festgelegt, dass sich alle in Österreich lebenden Menschen freiwillig impfen lassen können, so das Gesundheitsministerium auf eine APA-Anfrage. Das bedeutet, dass für rund acht Millionen Menschen ausreichend Impfdosen vorhanden sein müssen. Diese Rechnung erfolge unabhängig davon, ob eine oder zwei Dosen zur Herstellung des Impfschutzes notwendig sind. "Jedenfalls ist es unser erklärtes Ziel, dass jeder an der Impfung interessierte Bewohner/jede Bewohnerin eine ausreichende Versorgung mit Impfstoff erhält. Wir gehen also vom maximal möglichen Verbrauch und nicht von einer geschätzten Erwartungshaltung aus", betonte das Gesundheitsministerium.

Impfstoffe: Für Themis-Chef "aberwitziger Wettlauf"

Im Februar hat das Wiener Biotech-Unternehmen Themis Bioscience begonnen, an einem Impfstoff gegen das Virus SARS-CoV-2 zu arbeiten. Ende Mai wurde die Firma von MSD, einem Unternehmen der US-amerikanischen Merck & Co, übernommen, und findet sich nun inmitten des weltweiten Wettlaufs um einen Impfstoff. Geschäftsführer Erich Tauber warnt vor übereilten Lösungen: "Beim Pfuschen passieren Fehler."

"Wir sehen uns nicht als die, die am Start drängeln, sondern als die, die am Ende mit einer wirklich ausgezeichneten Lösung dastehen werden", zog Tauber am Donnerstag am Rande der Alpbacher Technologiegespräche im Gespräch mit der APA einen Vergleich mit einem Langstreckenlauf. "Das Problem ist auch: Wenn die Schnellstarter bei Kilometer 10 daliegen, muss man aufpassen, dass man nicht darüber stolpert."

Namentlich nennt der Themis-CEO keine Mitbewerber, aber er geht mit Unternehmen, die sich "in diesem aberwitzigen Wettlauf" aus nationalistischen Gründen oder "sehr stark börsenmotiviert" darauf konzentrieren, die schnellsten zu sein, scharf ins Gericht. Gehe dabei etwas schief oder habe ein Impfstoff Nebenwirkungen, befeuere das nur die wachsende Impfskepsis in der Bevölkerung und das könne alle Bemühungen vernichten.

Themis will auf ausgereifte Lösung setzen

Themis will dagegen auf eine ausgereifte Lösung setzen. "Für uns stellt sich die Covid-Krise so dar, dass man sie wahrscheinlich nur so lösen kann, indem man Hunderte Millionen an Dosen von Impfstoffen in einer ausgezeichneten Qualität herstellt und zur Verfügung stellt", so Tauber. Im März 2020 hat das Unternehmen mit dem Institut Pasteur und dem Center for Vaccine Research an der University of Pittsburgh ein Konsortium geschlossen, um einen Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln.

Die Forscher am Standort Muthgasse in Wien setzen dabei laut Tauber auf das "Wolf-im Schafspelz"-Prinzip: Für die Impfstoff-Produktion werden nur gewisse Schnipsel des Coronavirus hergenommen ("Spike-Antigen"), die keine Infektion auslösen können, und in einen Masernvirus-Impfstoff eingebaut. Dadurch kann das Immunsystem gegen dieses Antigen Antikörper entwickeln. Themis konzentriert sich einerseits auf das Optimieren dieses Trägerkonstrukts ("Vektor") und andererseits wurde auch der Herstellungsprozess in der Muthgasse entwickelt.

"Eine Phase-I-Studie ist bereits in Belgien und Frankreich gestartet, eine weitere wird in Österreich, USA und Belgien starten. Phase-III-Studien werden noch heuer beginnen und wahrscheinlich global durchgeführt werden", so der Firmenchef über den Status quo. Ist der Impfstoff einmal fertig und zugelassen, Tauber rechnet mit "nächstem Jahr", könne er gleich im großen Maßstab von MSD in Europa oder den USA produziert werden. "Die Hoffnung, die MSD hat ist, dass eine einzelne Impfung ausreichend Impfschutz bietet, aber es werden auch zwei Impfungen in einem gewissen Abstand getestet", erklärte Tauber.

Themis Bioscience wurde 2009 von CEO Tauber gegründet und beschäftigt aktuell um die 40 Personen. Auch nach der am 25. Mai beschlossenen und mittlerweile von Wettbewerbshütern abgenommenen Übernahme durch MSD wird der Firmenname bestehen blieben. Tauber erwartet sich, "dass wir als eigenständige Entität in der Merck-Familie weiterarbeiten werden, hauptsächlich auf dem Gebiet pandemische Krankheiten und tropische Infektionskrankheiten". Wie sich die Integration in MSD auf das Wachstum auswirken werde, könne man noch nicht sagen, so der Themis-Geschäftsführer: "Wir konzentrieren uns jetzt auf die Covid-Sache und werden dann Ende des Jahres mehr wissen."

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(APA/Red)

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