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NÖ-Wahl naht: Ein Blick auf die Parteien

2023 steigt eine Landtagswahl in NÖ
2023 steigt eine Landtagswahl in NÖ ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Rund fünf Wochen trennen Niederösterreich noch von der Landtagswahl. Fünf Landesparteien stehen am 29. Jänner landesweit am Stimmzettel.

Die Absolute der ÖVP zu brechen ist das Ziel aller anderen Parteien bei der niederösterreichischen Landtagswahl am 29. Jänner - und das wird ihnen nach aktuellem Umfragestand auch gelingen. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) muss sich darauf einstellen, dass sie einen Koalitionspartner brauchen wird. Bisher war das nur in zwei der 16 Legislaturperioden seit 1945 nötig, von 1993 bis 2003 unter Erwin Pröll, der sich damals für die SPÖ entschied.

NÖ-Wahl mit Folgen für Bund?

Die Wahl in Niederösterreich, dem größten Bundesland und Kernland der ÖVP, gilt auch als Testwahl für den Bund - auf den sie auch Auswirkungen haben könnte. Als ÖVP-Marke für gröbere Konsequenzen im Land und möglicherweise auch im Bund sehen Meinungsforscher 40 Prozent.

Landesweit am Stimmzettel stehen werden am 29. Jänner die Landtagsparteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS. Dazu kommen in einzelnen Wahlkreisen die KPÖ, MFG und die von Ex-MFG-Politikern gegründete Liste "Mein Ziel". Der nächste Landtag wird somit wohl wieder aus den fünf etablierten Parteien bestehen.

Mikl-Leitner verteidigte bei ihrer ersten NÖ-Wahl die Absolute

Die ÖVP kann zwar sicher sein, weiter Erste zu bleiben. Aber auf die Absolute, die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrer ersten NÖ-Wahl noch verteidigte, kann sie nicht mehr hoffen. 2018 hatte sie auch vom türkisen Rückenwind unter Sebastian Kurz profitiert. Nach dessen Abgang gilt es jetzt für die mobilisierungsstarke VPNÖ, den Komplettabsturz abzuwenden - also von den 49,6 Prozent nicht unter die 40er-Marke einzubrechen. Das könnte laut Umfragen gelingen, obwohl aus dem Bund mittlerweile ein rauer Gegenwind (mit Teuerungskrise und all den Nachrichten rund um die Korruptionsermittlungen) weht. Zudem ist die 58-jährige frühere Innenministerin auch mit einer landesinterne Affäre konfrontiert - jener um den ORF-NÖ-Landesdirektor, samt Vorwürfen angeblich massiver Einflussnahme der NÖVP. Dass die ÖVP das Land fest im Griff hat, zeigen die bisher 16 Landtagswahlen: Elf Mal kam sie über 50 Prozent, und sonst reichte es meist noch für die Mandats-Absolute. Nur zweimal war das nicht der Fall, bei Erwin Prölls ersten Wahlen. 1993 musste die Volkspartei das bisher schwächste Ergebnis (44,2 Prozent) verantworten - nachdem sie zuvor schon das größte Minus (6,95 Prozentpunkte) erlitten hatte. Zum Koalitionspartner nahm sich Pröll die SPÖ. Wer nach dem 29. Jänner dafür in Frage kommt hat Mikl-Leitner bisher ebenso wenig wissen lassen wie ihr Wahlziel. Orientiert sie sich an Tirol, wo die ÖVP in der ersten Landtagswahl unter Bundesparteichef Karl Nehammer im September 9,6 Prozentpunkte verlor, würde es die SPÖ. Nicht nur mit der SPÖ, sondern auch mit der FPÖ hat Mikl-Leitner 2018 trotz Absoluter Arbeitsübereinkommen geschlossen; beide haben dank dem Proporzsystem Sitze in der Landesregierung. Die ÖVP stellt derzeit sechs der neun Mitglieder; verliert sie nur eines davon, hätte sie zumindest noch die Absolute in der Landesregierung.

NÖ-Wahl: SPÖ will ÖVP-Absolute brechen

Wahlziel der SPÖ ist, die Absolute der ÖVP brechen und selbst deutlich stärker zu werden - hat Spitzenkandidat Franz Schnabl (64) bereits wissen lassen. Zahlen nannte er keine. Schafft er nicht mehr als die gerade 0,2 Prozentpunkte Zuwachs, mit denen sich die Oberösterreicher und Tiroler 2020 bzw. 2021 begnügen mussten, könnte das freilich Konsequenzen haben - sowohl im Land als auch im Bund. Und auch bedeuten, dass die SPÖ - wie in Tirol - in Niederösterreich erstmals hinter der FPÖ auf Platz 3 landet. Zufrieden sein könnte Schnabl mit den 2,35 Prozentpunkten Plus, die die SPÖ 2018 in seiner ersten Wahl lukriert hat. Das war der erste rote Wählerzuwachs seit 15 Jahren - und zwar das zweitschlechteste Ergebnis seit 1945, aber doch deutlich mehr als der historische Tiefststand von 21,6 Prozent 2013. Dabei waren die Roten den Schwarzen in NÖ schon einmal recht nahe gekommen: 1979 lagen sie mit ihrem Rekord von 45,4 Prozent keine fünf Prozentpunkte mehr hinter der Volkspartei. Danach setzte (mit dem Erstarken der FPÖ) ein - von nur einem Plus 2003 unterbrochener - stetiger Niedergang ein. Schnabl hofft nun, das Blatt endgültig zu wenden - und vielleicht auch wieder tatsächliche Regierungsverantwortung zu bekommen. Die hatte die SPÖ bisher nur für zehn Jahre, als kleiner Partner der ÖVP von 1993 bis 2003. Allerdings gab es meist (freiwillige) Arbeitsübereinkommen, denn dank Proproz war die SPÖ immer in der Landesregierung vertreten. Aktuell ist Schnabl Landeshauptfrau-Stellvertreter und Ulrike Königsberger-Ludwig Landesrätin.

NÖ-Wahl: FPÖ auf Platz 2?

FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer (36) will nicht nur "das System ÖVP" brechen, sondern auch die Landeshauptfrau vom Thron stoßen. Als Landeshauptmann möchte er, wie er sagte, Niederösterreich "aus der Krise führen". Dass die FPÖ Erste wird, ist jedoch sehr unwahrscheinlich - auch wenn sie dank wieder aufgeflammtem Asylthema und Teuerungskrise mit kräftigen Zugewinnen rechnen kann. Platz 2 scheint aber diesmal erreichbar in dem Bundesland, das für die Blauen bisher immer ein schwieriges Pflaster war. Erst 1988 zogen sie in den Landtag ein, seither schwankten ihre Wahlergebnisse in der beachtlichen Breite von 4,5 Prozent (2003 nach dem Knittelfeld-Krach in der Bundespartei) bis 16,1 Prozent 1998 (kurz vor dem Schwenk zu Schwarz-Blau im Bund). Heuer könnte der Wiener Neustädter Landbauer das Wahlziel erreichen, das ihm 2018 die "Liederbuch-Affäre" vermasselt hat - nämlich das beste FPÖ-Ergebnis aller Zeiten. Vor fünf Jahren wurde es aber immer noch das zweitbeste, weil viele "Team Stronach"-Wähler (das waren 2013 9,8 Prozent) zur FPÖ zurückkehrten. Damit stellt die FPÖ dank Proporz auch einen Landesrat, Gottfried Waldhäusl.

Grüne wollen kein Wahlziel ausrufen

Kein Wahlziel für die Grünen ausrufen will Helga Krismer (50) - "starke ökologische Stimme" wolle man sein. Ein Wunsch der gebürtigen Tirolerin ist freilich, den Klubstatus - also das vierte Mandat - wieder zu erringen. Den hatten die Grünen 2018 mit minus 1,6 Prozentpunkten auf 6,4 Prozent verloren. Gefeiert haben sie damals trotzdem: Denn kurz vorher waren die Bundes-Grünen aus dem Nationalrat geflogen, das blieb den Niederösterreichern trotz ziemlich geringer Wahlkampfmittel erspart. Ob sie heuer wieder zulegen können, ist fraglich - einerseits wegen dem (aktuell gegen die ÖVP-Grün-Koalition laufenden) Bundestrend, andererseits auch, weil heuer erstmals in Niederösterreich Zweitwohnsitzer nicht mitwählen dürfen. Bei diesen haben die Grünen, vor allem im Wiener Umland, immer sehr gut abgeschnitten, während es die Ökopartei "am Land" immer schwer hatte. Erst 1998 konnten sie den Landtag erobern, Klubstärke (vier Mandate) hatten sie nur von 2003 bis 2018 - und vergleichsweise schwache 8,1 Prozent (2013 unter Madeleine Petrovic) waren ihr bisher bestes Ergebnis.

NEOS bei NÖ-Wahl 2018 mit 5,2 Prozent

Den Klubstatus streben auch NEOS an - und das schon für ihre zweite Landtagsperiode. 2018 haben sie mit 5,2 Prozent (drei Mandate) gleich im ersten Anlauf die Landtagshürde genommen. "Wir wollen wachsen" ist die Ansage der (damaligen und jetzigen) Spitzenkandidatin Indra Collini (52) für den 29. Jänner. Die gebürtige Vorarlbergerin setzt vor allem auf das Thema Korruptionsbekämpfung. Und kann durchaus zuversichtlich in die Wahl gehen: Nach den Umfragen ist sowohl das vierte Mandat drinnen als auch der vierte Platz vor den Grünen.

Keine Aussichten auf Mandate haben drei Parteien, die nur in einzelnen Wahlkreisen am Stimmzettel stehen. Für "MFG Österreich - Menschen Freiheit Grundrechte" (MFG) zeigte sich schon beim Sammeln der Unterstützungserklärungen, dass die besten Zeiten vorbei sind; es reichte nur in fünf der 20 Wahlkreise. Der Partei ist nicht nur das Hauptthema - die Kritik an Corona-Maßnahmen und -Impfung - abhanden gekommen, sondern mittlerweile auch schon viel Personal. Damit ist ein Einzug in den Landtag, wie er 2021 in Oberösterreich gelang, in Niederösterreich nicht in Sicht. Zwei Ex-MFGler treten im Wahlkreis Amstetten mit einer neuen Liste, "Dein Ziel" an - darunter die zwei Stadtsenats-Mitglieder aus Waidhofen an der Ybbs, wo MFG im Jänner 2020 überraschend Platz 3 geholt hatte.

Nach einer Pause kandidiert jetzt auch die KPÖ - als "KPÖ plus - offene Liste" - wieder, aber nur in vier Wahlkreisen. Sie wurde von den Niederösterreichern schon einmal in den Landtag gewählt, allerdings vor langer Zeit - bei den ersten drei Wahlen der Zweiten Republik, 1945 bis 1954.

(APA/Red)

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