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Noch viel Kritik an geplantem Home-Office-Gesetz

Die Begutachtungsfrist für das Home-Office-Gesetz endete.
Die Begutachtungsfrist für das Home-Office-Gesetz endete. ©APA/AFP/INA FASSBENDER
Die Begutachtungsfrist für das geplante Home-Office-Gesetz ist heute abgelaufen, bisher gibt es 38 Stellungnahmen dazu.
Home Office wird bleiben
Freiwilligkeit und Steuerbegünstigung

Die äußerst kurze Begutachtungsfrist von dreieinhalb Tagen wird in zahlreichen Eingaben scharf kritisiert. Weitere Kritik betrifft etwa die unvollständige Übernahme der Kosten für Betriebsmittel durch den Arbeitgeber sowie die Haftungsübernahme durch den Arbeitnehmer, wenn etwa Haustiere oder Personen Betriebsmittel des Arbeitgebers beschädigen.

Home-Office-Gesetz werde "im Eilverfahren durchgepeitscht"

Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) findet zur kurzen Begutachtungsfrist klare Worte: "Der Verfassungsdienst betont immer wieder die Notwendigkeit der Festsetzung angemessener Fristen für die Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und Verordnungen. Wenige Tage sind definitiv nicht angemessen." Das rügt auch die Sozialwirtschaft Österreich: "In dieser kurzen Zeit von dreieinhalb Werktagen ist eine seriöse, alle Aspekte des Themas umfassende Begutachtung schlichtweg unmöglich." Auch das Amt der Tiroler sowie jenes der Vorarlberger Landesregierung sehen das so.

Vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag heißt es in Bezug auf die seit Monaten geführten Verhandlungen: "Es ist daher für den ÖRAK nicht nachvollziehbar, warum die längst überfällige Gesetzesnovelle nun plötzlich in einem Eilverfahren durchgepeitscht werden soll, bei dem die Auseinandersetzung mit grundlegenden Bestimmungen des Arbeitsrechts den Expertinnen und Experten nur innerhalb einer nicht einmal vier Tage langen Frist ermöglicht wird."

Der Verfassungsdienst betont: "In Hinblick auf die äußerst knapp bemessene Begutachtungsfrist wird darauf hingewiesen, dass die Begutachtungsfrist bei Gesetzesvorhaben im Regelfall sechs Wochen zu betragen hat." Und die Gruppe "Aktive Arbeitslose" meint: "Mit großer Verwunderung nehmen wir zur Kenntnis, dass die Regierung zum wiederholten Male ordnungsgemäße Arbeit verweigert und mit einer "Kurzbegutachtung" von nicht einmal 4 Tagen ihre Geringschätzung gegenüber der Bevölkerung zum Ausdruck bringt."

Kritik: Entwurf sieht Ausweitung der Dienstnehmer-Haftung vor

Die Bundesarbeiterkammer (BAK) hat in ihrer Stellungnahme mehrere Kritikpunkte am Entwurf: Die geplante Änderung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DNHG) sollte korrigiert werden, da nach dem vorliegenden Entwurf eine Verschlechterung der Rechtsposition für Arbeitnehmer im Homeoffice eintreten würde. Demnach würden Schäden, die durch haushaltszugehörige Personen oder im Haushalt lebende Tiere verursacht wurden, dem Dienstnehmer zugerechnet.

"Paradoxer Weise - und nicht im Sinne der Sozialpartnervereinbarung - käme es mit dieser Novellierung zu einer Ausweitung der Haftung des Dienstnehmers, zB für ein schädigendes Verhalten von Kindern", kritisiert die BAK und formuliert ein Beispiel: Im Streit zerstört der Ehegatte vorsätzlich den Laptop des Dienstgebers, den die Dienstnehmerin verwendet. Bisher hafte die Dienstnehmerin gar nicht, sondern der Ehegatte. Nach dem Gesetzesentwurf würde aber die Dienstnehmerin zur Gänze haften, sie müsste sich ihrerseits beim Ehegatten regressieren.

42-Tage-Mindesterfordernis für
Home Office zu hoch

Abgelehnt wird von der BAK auch, dass bei der steuerlichen Geltendmachung der Übertrag der noch nicht abgeschriebenen Anschaffungskosten letztmalig mit 2023 möglich ist. Auch das Erfordernis von 42 Tagen Homeoffice sei "zu starr" und könne bei längeren unfreiwilligen Abwesenheiten z.B. durch Karenz oder Arbeitslosigkeit zu Benachteiligungen führen.

Ausgesprochen positiv sieht die BAK die Verpflichtung des Arbeitgebers, digitale Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Den Erläuterungen zufolge seien damit die erforderliche IT-Hardware sowie die Datenverbindung zu verstehen. Ergänzend regt die BAK eine Klarstellung an, dass nach der Sozialpartnervereinbarung auch die erforderliche IT-Software und ein Diensthandy bereitzustellen seien. Abweichend davon könne auch die Nutzung privater Arbeitsmittel vereinbart werden, wenn die erforderlichen Kosten vom Arbeitgeber angemessen ersetzt werden, zweckmäßiger Weise in Form einer Pauschale.

Datensicherheitsmaßnahmen auf privaten Geräten gefordert

Bedenken zum Gesetzesentwurf kommen von der Datenschutzbehörde: Da der Arbeitgeber datenschutzrechtlicher Verantwortlicher bleibe, sollte der Arbeitnehmer auf Kosten des Arbeitgebers Datensicherheitsmaßnahmen setzen müssen, wenn er auf privaten Geräten arbeite.

Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar sollten bereits ab 20 Homeoffice-Tagen je Kalenderjahr steuerlich absetzbar sein, und nicht wie derzeit ab 42, fordert unter anderem die Landwirtschaftskammer. Der Österreichische Landarbeiterkammertag fordert die rasche Umsetzung des Homeoffice Gesetzes auch für den Bereich des Landarbeitsgesetzes, da zahlreiche Landarbeiter wie Forstwarte oder Wirtschafter administrative Tätigkeiten auch jetzt schon im Homeoffice verrichten.

Anwälte: 300 Euro Pauschale zu niedrig

Für den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag ist das steuerfreie Homeoffice-Pauschale zu niedrig. "De facto lassen sich mit 300 Euro jährlich jedenfalls nicht mehr als zwei Homeoffice-Tage pro Woche kompensieren." In der Praxis würden monatliche Pauschalen von 30 bis 80 Euro von den Arbeitgebern angeboten. Darüber hinaus sei die 42-Mindesttagesgrenze unbillig. Dies führe insbesondere dazu, dass Teilzeitmitarbeiter, die nur einen Homeoffice-Tag pro Woche haben, von der Steuerbegünstigung nicht profitieren.

Für den Arbeitgeberverband der Diakonie ist nicht tragbar, dass laut dem Entwurf neu abgeschlossene Homeoffice-Vereinbarungen von Arbeitsvertragsparteien nur mehr bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gelöst werden können. Arbeitgeber laufen Gefahr, Arbeitskräfte nur mehr schwierig an den Betriebsstandort zurückrufen zu können. Ein Widerruf einer Vereinbarung für Homeoffice müsse ohne Angabe von Gründen für beide Vertragsparteien möglich bleiben.

Der Österreichische Gemeindebund erwartet durch das Gesetz Mindereinnahmen und Mehraufwand, etwa im Bereich der Lohnverrechnung, für die Gemeinden.

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(APA/Red)

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