Mordprozess um Hadishat: "Hochsicherheitsprozess" startet am Mittwoch

Unter strengsten, bisher nicht da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen findet am Mittwoch am Wiener Landesgericht der Mordprozess gegen einen 16 Jahre alten Burschen statt, der im vergangenen Mai in einer Gemeindebau-Anlage in Döbling ein siebenjähriges Mädchen aus der Nachbarschaft getötet haben soll. Zuletzt hatte der Angeklagte behauptet, Stimmen hätten ihm die Bluttat befohlen.
Da der 16-Jährige die inkriminierten Tathandlungen nach seiner Festnahme grundsätzlich nicht bestritten hat, dürften zwei einander widersprechende psychiatrische Gutachten im Mittelpunkt der Verhandlung stehen. Während der eine Sachverständige dem Burschen Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt bescheinigt, geht der andere davon aus, dass eine seit längerem unbehandelte Schizophrenie des Musterschülers handlungsbestimmend war. In diesem Fall wäre der Angeklagte nicht schuldfähig, könnte somit nicht bestraft werden, sondern wäre allenfalls – dies zeitlich unbegrenzt – in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen.
Großaufgebot an Sicherheitskräften bei Prozess
Vor dem Beginn des Mordprozesses gegen einen 16 Jahre alten Burschen, der im vergangenen Mai in einer Gemeindebau-Anlage in Döbling ein siebenjähriges Mädchen aus der Nachbarschaft getötet haben soll, hat ein Großaufgebot von Polizei und Justizwache Stellung bezogen. Die Verhandlung wurde kurzfristig in den Saal 303 im dritten Stock verlegt, der Trakt wurde komplett gesperrt.Es herrschten strengste Sicherheitsvorkehrungen in und um das Gebäude. Vor dem Eingang hatte sich gegen 8.00 Uhr eine meterlange Warteschlange gebildet – ebenso wie vor einer technisch hochmodernen mobilen Schleuse, über die man Zutritt zur Verhandlung erhielt. Im Saal, wo ebenfalls zahlreiche bewaffnete Sicherheitskräfte postiert waren, gab es keinen Internetempfang, sodass eine Live-Berichterstattung via WLAN nicht möglich ist. Für das gesamte Landesgericht gilt ein absolutes Fotografier- und Filmverbot.
Hadishat: Vater zuletzt im Gefängnis in Südtirol
Der Vater der getöteten Siebenjährigen saß zuletzt in Südtirol wegen Schlepperei im Gefängnis. Im Juni kehrte er von einem genehmigten Freigang nicht in die Justizanstalt zurück. Seither ist er von der Bildfläche verschwunden. Es wurde befürchtet, der Mann könne versuchen, zur Verhandlung gegen den 16-Jährigen zu erscheinen. Deshalb wurden die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Zuletzt hatte der Angeklagte behauptet, Stimmen hätten ihm die Bluttat befohlen. Da der 16-Jährige die inkriminierten Tathandlungen nach seiner Festnahme grundsätzlich nicht bestritten hat, dürften zwei einander widersprechende psychiatrische Gutachten im Mittelpunkt der Verhandlung stehen. Während der eine Sachverständige dem Burschen Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt bescheinigt, geht der andere davon aus, dass eine seit längerem unbehandelte Schizophrenie des Musterschülers handlungsbestimmend war. In diesem Fall wäre der Angeklagte nicht schuldfähig, könnte somit nicht bestraft werden, sondern wäre allenfalls – dies zeitlich unbegrenzt – in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen.
Auch Geschworene streng kontrolliert
Auch die Geschworenen mussten sich am Mittwoch bei dem Mordprozess in Wien den eingehenden Sicherheitskontrollen im Eingangsbereich und vor dem Gerichtssaal unterziehen, was nicht jedem Laienrichter behagte. Einer protestierte ein wenig. Den Hinweis der Polizeikräfte, die Maßnahme diene auch seiner eigenen Sicherheit, ließ der Geschworene nicht gelten: “Ich fürchte mich nicht. Vor niemanden.”20 Minuten vor der Verhandlung erschien Verteidigerin Liane Hirschbrich, die von einem bulligen, hünenhaften Leibwächter in den Gerichtssaal geleitet wurde. Dem Vernehmen nach soll sie diesen eigens für die Verhandlung angeheuert haben.
Angeklagter in Schutzweste
Um 9.23 Uhr wurde der Angeklagte in den Gerichtssaal gebracht. Der 16-Jährige trug eine dunkle Hose, Sneakers, ein weißes Hemd und eine Schutzweste. Der Bursche wurde von seiner Verteidigerin begrüßt, als er auf einem Sessel Platz nahm. Auf die Frage, wie es ihm gehe, meinte er: “Angespannt.” Dann musterte er interessiert das Publikum.
Der Angeklagte wurde von drei ebenfalls mit Schutzwesten ausgestatteten Justizwachebeamten abgeschirmt. Zahlreiche weitere Justizwachebeamten hatten sich mit Blickrichtung zum Publikum postiert. Unter den Zuhörern befanden sich die Mutter der getöteten Siebenjährigen, ein Bruder und ein Onkel des Mädchens.
Staatsanwältin: Mädchen “brutal getötet”
Der 16-Jährige habe das Mädchen “brutal getötet”, sagte die Staatsanwältin in ihrem Eingangsplädoyer beim Mordprozess in Wien. Ende 2017 hätte der Bursch begonnen, sich mit dem Thema Mord auseinanderzusetzen und sich überlegt, “was die beste Variante wäre”. Am 11. Mai 2018 hätten sich die Mordgedanken des Schülers “manifestiert”.Eine Siebenjährige, die mit ihrer Familie in derselben Gemeindebau-Anlage lebte, hatte an diesem Tag den Angeklagten und dessen jüngeren Bruder – wie oft zuvor in der Vergangenheit – besucht. Das Mädchen spielte mit dem kleinen Bruder auf der Playstation, der 16-Jährige gab ihr danach ein Eis, ehe er sie – wie die Staatsanwältin ausführte – “mit den Händen am Hals gepackt und gewürgt hat”. Die Siebenjährige habe gehustet, der Angeklagte habe darauf “beschlossen, ihr den Hals abzuschneiden”, sagte die Staatsanwältin. Daher habe er das Mädchen ins Badezimmer bugsiert, in die Dusche gestellt, aus der Küche ein Messer geholt, das Mädchen mit der linken Hand fixiert und mit der rechten Hand “Sägebewegungen” mit dem Messer ausgeführt. Ein Halsschnitt hätte zum Tod geführt.
“Er ist so schwer krank, dass er nicht weiß, was er tut und nicht Recht von Unrecht unterscheiden kann”, meinte Verteidigerin Liane Hirschbrich. Ihr Mandant sei “psychisch sehr schwer krank”, insistierte die Anwältin.
Schnitt im Halsbereich todesursächlich
(APA/Red)