Bei Peter Kubelka geht es immer ums Ganze. “Der Film ist das Schicksal”, heißt es da völlig ohne Augenzwinkern, denn für den Avantgarde-Altmeister geht es beim Film um “die analoge Wiedergabe des Universums, 24 Mal in der Sekunde”. Kubelka präsentierte “Arnulf Rainer”, eine radikale Partitur aus Licht und Dunkelheit, Ton und Stille, dabei “in der ursprünglich gedachten Form” mit Projektoren im Kinosaal selbst, wie er anfangs erläuterte, und gemeinsam mit dem völlig neu erarbeiteten Gegenstück des Films, das unter dem Titel “Antiphon” aufgeführt wurde. “Antiphon” ist quasi ein Remake von “Arnulf Rainer” im genau umgekehrten Rhythmus: aus Hell wird Dunkel, aus Geräusch wird Schweigen. Vier Mal waren die sechs Minuten und 24 Sekunden hintereinander zu sehen: zu Beginn jeweils einzeln, dann als Doppelprojektion nebeneinander – und schließlich, als Höhepunkt, übereinander gelegt.
Peter Kubelka im Gartenbaukino
Dazwischen sprach Kubelka über den Film und die Kunst, das Kochen und das Leben, über das Kino als das Innere des Kopfes eines Filmemachers und das projizierte Bild als Ausdruck dessen Blicks auf die Welt. Das Beschränken auf Licht und Dunkelheit, auf Geräusch und Stille, der Verzicht auf jegliche Narration, all das entspricht für den österreichischen Weltstar dem Basisvokabular des Filmschaffens. “Etwas ganz einfach zu halten, ist immer das Schwierigste, was man erreichen kann”, so Kubelka, der angesichts der Begeisterung im Saal und der minutenlangen, stehenden Ovationen sichtlich gerührt bekannte: “Das ist einer der größten Tage in meinem Leben.”
Huldigung bei der 50. Viennale
Dass der Verfechter des Analogen mit dieser Maxime eigentlich auch das Fundament des Digitalen, die 0 und die 1, beschrieb, musste an dem Abend nicht thematisiert werden. Vielmehr unterhielt der ehemalige Mitgründer des Österreichischen Filmmuseums auch mit einem performativen Akt, als er die Filmrolle von “Antiphon” von den Besuchern abrollen und schließlich sogar in Kinosesselbreite abschneiden ließ. So bekam jeder ein bisschen Kubelka für zuhause mit, als Andenken an einen großen Abend und mit einer mahnenden Erinnerung fürs Leben im Gepäck: “Die Kunst ist nicht zur Unterhaltung am Sonntagnachmittag da, sie ist ein Mittel zum Überleben.” (APA)