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Kritik an Eiltempo bei Einrichtung von Pop-Up-Radwegen in Wien

Die Verfahrensdauer für die Pop-Up-Radwege in Wien war laut RH deutlich zu kurz.
Die Verfahrensdauer für die Pop-Up-Radwege in Wien war laut RH deutlich zu kurz. ©APA/HANS PUNZ
Die Einrichtung von vier Pop-Up-Radwegen in Wien wurde nun vom Stadtrechnungshof genauer unter die Lupe genommen. Vor allem für die kurze Verfahrensdauer hagelt es dabei Kritik.

Anders als sonst wurde hier jedoch nicht eine zu lange, sondern die nach Ansicht der Prüfer sehr kurze Verfahrensdauer kritisiert.

Die Frist für die Abgabe von Stellungnahmen war sehr knapp bemessen, wurde beklagt. Auch für die Prüfung der Einwände nahm sich die Behörde offenbar eher wenig Zeit.

Wiener Stadt-RH rügt "rasante" Verfahrensdauer bei Radwegen

Die temporären Radwege waren nach Ausbruch der Corona-Pandemie - die zu einem deutlichen Anstieg des Radverkehrs in Wien führte - von der damaligen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) initiiert worden, wobei sie dem Beispiel anderer Metropolen folgte. Die erste Pop-Up-Variante wurde Anfang Mai auf der Praterstraße realisiert. Weitere folgten.

Dem Stadtrechnungshof stach nun die "stark verkürzte" Verfahrensdauer ins Auge, wie es in dem betreffenden Bericht heißt. Die für die Anbringung der Bodenmarkierungen zuständige Magistratsabteilung 28 hatte laut den Prüfern kaum Vorlaufzeit. Der Verordnungsplan wurde gar nur innerhalb eines Tages erstellt. "Unter Berücksichtigung einer engagierten Vorgangsweise wurden die angeschriebenen Stellen in der Folge zur Abgabe der gewünschten Stellungnahmen doch in ein beachtlich enges zeitliches Korsett gedrängt."

Den örtlich zuständigen Bezirksvorstehungen, der Landespolizeidirektion Wien, den Wiener Linien oder der Magistratsabteilung 28 selbst wurden demnach nur wenige Tage zur Äußerung eingeräumt, die teilweise durch Wochenenden und Feiertage weiter eingeschränkt waren: "Die Magistratsabteilung 46 (Verkehrsorganisation, Anm.) verstärkte den Druck, indem sie anführte, die Stellungnahmen würden zwingend bis zum gewünschten Datum einlangen müssen, andernfalls sie Zustimmung bzw. Kenntnisnahme annehmen werde."

"Stellen hatten kaum Zeit für Einwände"

"Die angeschriebenen Stellen hatten also kaum Zeit, die Eingabe zuzuteilen, sich einen Überblick zu verschaffen, zu prüfen und analysieren und allfällige Einwände in Worte zu fassen", bemängelten die Stadt-RH-Prüfer. "Trotz der kurzen Zeit kam es in allen vier eingesehenen Fällen zu negativen Stellungnahmen der Landespolizeidirektion Wien, die den Vorhaben nicht zustimmte", heißt es im Bericht.

Die Polizei führte laut Rechnungshof dabei Fakten wie die durch die Einschränkung der Aufnahmekapazitäten zu erwartenden Überlastungen der betreffenden Abschnitte ins Treffen. Sie warnte auch vor "erhöhtem Konfliktpotenzial" oder Unfallrisiken. Auch eine Bezirksvorstehung äußerte sich ablehnend.

Mindestmaß an Zeit für künftige ähnlich gelagerte Verfahren

Erfolgreich waren die Einwände nicht. Und vor allem: Deren Behandlung erfolgte "überaus rasch", wie es hieß. In den konkreten Fällen geschah dies innerhalb eines Tages. Ob die Zeit ausreichend bemessen war, sei "zumindest" in Zweifel zu ziehen, findet der städtische Rechnungshof. "Schriftliche Aufzeichnungen, die auf eine angemessene Würdigung der angemeldeten Zweifel deuten würden, konnten jedenfalls nicht vorgefunden werden", konstatierten die Prüfer.

Insgesamt ging die Umsetzung dem Stadtrechnungshof eindeutig zu schnell: Es habe "in der beschriebenen Rasanz der Verfahrensabläufe" kaum Spielraum etwa für eine adäquate Prüfung der Sachlage gegeben - also etwa für verkehrsbehördliche Ermittlungsverfahren. "Für künftige, ähnlich gelagerte Verfahren, empfahl der Stadtrechnungshof Wien, ein Mindestmaß an Zeit zur fundierten Entscheidungsfindung zur Verfügung zu stellen", hieß es abschließend in dem Bericht.

NEOS wollen langfristige Verbesserungen im Wiener Radnetz

Die Grünen sind inzwischen nicht mehr in der Stadtregierung vertreten. Ihre Nachfolger als Partner der SPÖ, die NEOS, bekundeten heute, sich für "Nachhaltigkeit statt Aktionismus" einzusetzen. Die pinke Klubobfrau Bettina Emmerling betonte in einer Aussendung: "Wir haben in den Regierungsverhandlungen erreicht, dass das Budget für den Ausbau der Radinfrastruktur vervierfacht wird. Damit ist der Weg geebnet für eine nachhaltige Verbesserung, die wir in der Fortschrittskoalition ambitioniert angehen werden."

Für die NEOS seien "sichere und gut ausgebaute Radwege" neben dem Öffi-Ausbau ein Herzstück für eine zukunftsorientierte Verkehrsplanung, beteuerte sie: "Unser Ansatz ist, nicht kurzfristig etwas auf die Straße zu pinseln, sondern Verbesserungen zu erreichen, die bleiben."

"Der Stadtrechnungshof bestätigt uns in unserer bisherigen Kritik gegenüber den Pop-up Radwegen, die vergangenes Jahr von der damaligen Stadtregierung durchgeboxt wurden. Die Stadtregierung hat in einem offensichtlich undurchdachten Schnellschuss gehandelt und enormen Druck auf die beteiligten Stellen ausgeübt, das bestätigt auch der Stadtrechnungshof", hielt die nicht amtsführende ÖVP-Stadträtin Isabelle Jungnickel fest. Das Wahlkampf-Projekt sei der Stadt derart wichtig gewesen, dass man etwa Einwände in nur einem Tag abgehandelt habe.

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(APA/Red)

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