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"Jetzt geht's um die Wurst": Stammwähler-Mobilisierung der FPÖ Tirol am Würstelstand

Die Tiroler FPÖ fiebert am Würstelstand dem Wahltag entgegen.
Die Tiroler FPÖ fiebert am Würstelstand dem Wahltag entgegen. ©APA/EXPA/JAKOB GRUBER
In den vergangenen Wochen tourte Christoph Steiner, Spitzenkandidat der Freiheitlichen im Bezirk Schwaz, durch Tirol. "Es waren insgesamt 45 Stationen. 5.600 Würstln gingen weg", erzählt er stolz. Kurz vor der Wahl setzt man bei der Tiroler FPÖ unter anderem auf Stammwähler-Mobilisierung am Würstelstand.

Die Tiroler FPÖ und ihre Spitzenkandidat Markus Abwerzger wollen am Sonntag für eine polit-tektonische Verschiebung sorgen und endlich prozentuale Höhenluft schnuppern. 15 Prozent lautet die Mindest-Latte für die blaue Glückseligkeit. Nach einem Marathon-Wahlkampf steht man vor der Ziellinie. Die letzten Meter, eine Mischung aus bangem Hoffen und Sehnsucht nach dem Triumph.

Tirol-Wahl: Am blauen Ende steht die Wurst

Zell am Ziller im hinteren Zillertal, 1.738 Einwohner, wirtschaftliches, verwaltungsmäßiges und schulisches Zentrum des weit über die Landes- und Staatsgrenzen berühmten Tales. Tief schwarzes Kerngebiet im schwarzen Tirol. Es ist Freitagnachmittag und vor einem Würstelstand vor dem lokalen Musikpavillon tut sich ein kleines gallisches Dorf auf.

Denn es ist kein normaler Würstelstand, es ist ein blauer. “Jetzt geht’s um die Wurst” prangt auf der Verkaufsfläche, zwei Stehtische laden bei frostigen Temperaturen zum geselligen Beisammensein ein, zwei Musikanten mit Ziehharmonika haben sich schon einmal in Stellung gebracht. Wahlständer mit “FPÖ – Die Soziale Heimatpartei” markieren die politische Stoßrichtung.

Rund 48 Stunden noch bis zur ersten Hochrechnung für die Tiroler Landtagswahl. Christoph Steiner ist der Spitzenkandidat der Freiheitlichen im Bezirk Schwaz. Der mobile Würstelstand war seine Idee. Mit diesem tourte der 29-jährige Physiotherapeut in den vergangenen Wahlkampfwochen durch den Bezirk. Kein Gemeinde- und Parkplatz, kein Einkaufszentrum war vor Steiners Würstln sicher. “Es waren insgesamt 45 Stationen. 5.600 Würstln gingen weg”, erzählt er stolz.

Stammwähler-Mobilisierung der FPÖ Tirol am Würstelstand

In wenigen Minuten wird Markus Abwerzger in Zell am Ziller erwartet. Es ist eine der letzten Wahlkampfstationen des FPÖ-Frontmanns vor dem Tag der Entscheidung. “Noch 20 Minuten”, erfährt Steiner, als er mit dem FPÖ-Chef telefoniert. Rund 30 Personen haben sich versammelt, durch die Bank FPÖ-Sympathisanten, großteils eher jüngeren Zuschnitts. Stammwähler-Mobilisierung am Würstelstand.

“Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Kein Vergleich zum Jahr 2013. Wir haben viel Zulauf und die Leute trauen sich auch, sich zu uns zu bekennen”, zeigt sich Steiner siegesgewiss. Wird’s eine Verdoppelung jener 9,34 Prozent bei der vergangenen Wahl? “Zu wünschen wär’s. Aber in erster Linie gilt: Stärker werden”, beherrscht die Nachwuchshoffnung schon ganz den Politsprech. Andere geben sich da freimütiger, auch Ergebnisse über 20 Prozent hört man auf Nachfrage. Auch Steiners Großeltern, die gekommen sind, zeigen sich optimistisch. Sie würden “dem Buam” einen großen Erfolg wünschen – und natürlich auch der gesamten FPÖ. Vor allem im jüngeren Wählersegment sei viel drinnen, auch im Zillertal, die älteren Semester würden sich von Schwarz hingegen nur schwer abbringen lassen, ist allenthalben zu hören. Dafür würden sich immer mehr Bauern der FPÖ zuwenden, wirft der Enkel ein. Fachsimpeln bei “Frankfurter, St. Johanner, Käsekrainer und Currywurst” – aufgelockert durch Glühwein oder Bier.

Abwerzger lobt bisherige “Errungenschaften” von Türkis-Blau

Dann ist es soweit. Ein Wagen mit Innsbrucker Kennzeichen fährt vor. Am Beifahrersitz: “Der Markus”, wie hier alle sagen. Die Ziehharmoniker erklingt, ein warmer Empfang in Eiseskälte. 20.000 Wahlkampf-Kilometer hat er hinter sich, mehr als 70 Wahlkampfauftritte – Interviews und sonstige Promotion-Termine nicht miteingerechnet. Seit Anfang Jänner habe er seine Rechtsanwaltkanzlei nicht mehr gesehen, so Abwerzger.

Gerade erst hat der Spitzenkandidat den offiziellen Wahlkampfabschluss in Telfs und die morgendliche Pressekonferenz mit Bundesparteichef Heinz-Christian Strache hinter sich gebracht. “Jetzt im Auto von Innsbruck ins Zillertal bin ich glatt eingeschlafen”, berichtet der blaue Frontmann und “bestellt” sich Currywurst mit Bier.

Zwangloses Reden beherrscht der 43-Jährige, das Aufbauen von Nähe gelingt ihm mühelos. Die Sympathisanten versammeln sich um ihn. Überzeugungsarbeit muss er hier nicht mehr leisten. Vereinzelt kommen Fragen zur Bundespolitik, eine junge Frau will Näheres zur beschlossenen Erhöhung der Mindestpension wissen. Abwerzger lobt die bisherigen “Errungenschaften” von Türkis-Blau. Zustimmendes Kopfnicken folgt. Kritik an der FPÖ-Regierungspolitik ist am Würstelstand nicht zu hören, nur “die Medien” würden beständig versuchen, Strache und Co. ins schlechte Licht zu rücken. Diese seien “die einzige Opposition”, war man sich einig.

“Ich kann mich schon nicht mehr sehen und hören”

“Aufgrund der Erfahrungen im Wahlkampf bin ich froh, dass er bald vorbei ist”, spielt Abwerzger indes auf den umstrittenen ORF-Beitrag über die freiheitliche Wahlwerbung an. Andererseits sei auch der “Solidarisierungseffekt” mit seiner Person seitdem sehr groß. “Ich kann mich schon nicht mehr sehen und hören”, meint der FPÖ-Chef lachend zu einem Mann, der wissen will, wie anstrengend eigentlich Wahlkampf sei. “Bei jeder Autobahn-Auffahrt oder Ausfahrt” mit seinem Konterfei auf Plakaten, erschrecke er mittlerweile ein bisschen, zeigt Abwerzger Sinn für Selbstironie.

Um dann ernster zu werden: Man habe alles Menschenmögliche getan, nun entscheide der Wähler. Prozent- und Koalitionsspekulationen – all das will Abwerzger beim Zillertaler “Entspannungstermin Würstelstand” zumindest offiziell von sich fernhalten. Am Abend folgt noch ein Essen mit Innsbrucker FPÖ-Funktionären. Am Samstag noch eine Verteilaktion in der Landeshauptstadt. Und am Sonntag des Juristen Markus Abwerzgers “Judgement day”.

(APA/Red)

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