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Jahrestag des Wien-Attentats: Jetzt sprechen die Opfer

Eine Rose im Einschussloch einer Mauer in der Wiener Innenstadt: Ein Jahr nach dem Terror-Attentat vom 2. November 2020 in Wien sprechen die Opfer über das Erlebte.
Eine Rose im Einschussloch einer Mauer in der Wiener Innenstadt: Ein Jahr nach dem Terror-Attentat vom 2. November 2020 in Wien sprechen die Opfer über das Erlebte. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Ein Jahr nachdem ein Attentäter in der Wiener Innenstadt am 2. November vier Menschen erschossen und zahlreiche weitere verletzt hatte, sprechen nun die Opfer.
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"Die meisten Opfer des Anschlags begehen diesen Jahrestag verständlicherweise im privaten Kreis", so Karl Newole, der als Rechtsanwalt 24 Opfer ein Jahr lang auf ihrem Weg begleitet und unterstützt hat. "Ich habe sie gefragt, wie ihre Gefühle sind, hier einige Antworten."

Ein Jahr nach dem Terror-Anschlag in Wien sprechen die Opfer darüber

"Wir haben nicht nur einen Vater, einen Ehemann verloren, sondern auch die Möglichkeit, weitere schöne Erinnerungen mit ihm zu sammeln. Es ist bis heute schwer zu verkraften, dass er nicht mehr da ist. Wir sind seither nicht mehr dieselben Menschen. Der österreichische Staat hat uns im Stich gelassen und uns für uns selbst kämpfen lassen".

"Die Todesangst von damals hat mich verändert und es ist nicht leicht, weiterhin an das Gute im Menschen zu glauben. Die Anteilnahme aus der Gesellschaft und einige der Symbole waren tröstend für mich, zum Beispiel die Blumen in der Hauswand in der sich die Einschusslöcher der Kugeln befanden."

Opfer des Anschlags: "Bis heute Albträume"

"Manchmal steige ich aus dem Bus aus, weil ich Angst habe, dass jemand der eingestiegen ist, ein Terrorist sein könnte."

"Ich kann nur hoffen, dass sich die Fehler, die im Vorfeld begangen wurden, kein zweites Mal wiederholen und die richtigen Konsequenzen aus den behördlichen Versäumnissen gezogen werden."

"Ich hatte Todesangst. Bis heute Albträume wegen dem jungen Mann, der neben mir erschossen wurde. Jedes schussähnliche Geräusch erinnert mich an dieses Ereignis. Der Staat hat aus meiner Sicht seine Aufgaben vernachlässigt und hätte sich mehr um die Opfer dieses Anschlags sorgen sollen".

"Ich werde nie mehr in den ersten Bezirk gehen"

"Dankbar, dass wir den Opferfonds erkämpft haben. Dankbar, dass ich lebe, dass meine Freunde überlebt haben. Ich empfinde keinen Hass, letztlich hat mich der Abend nur noch stärker gemacht."

"Wir sind weggezogen aus Wien und ich werde nie mehr in den ersten Bezirk gehen."

"Ich meide den Ort des Attentats"

"Meinen Geburtstag kann ich im November nicht mehr feiern. Zu groß ist der Schmerz. Ich verlege ihn auf Oktober oder Dezember."

"Ich meide den Ort des Attentats und kann auch zu keinen Gedenkfeiern gehen. Die Bilder und Gefühle sind noch zu gegenwärtig. Ich gedenke auch nicht, denn ich denke jeden Tag daran. Das Attentat hat mich verändert. Ich bin dankbar, noch hier zu sein und trauere um jene, die es nicht mehr sind."

Anschlags-Opfer beklagen zu wenig Hilfe vom Österreichischen Staat

"Als Schweizer Studentin in Wien hörte ich von Terroranschlägen bisher nur in den Medien. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich in einen hineingerate. Von der Regierung habe ich mich alleine gelassen gefühlt. Es gab kaum Anteilnahme, keine Informationen. Migranten sollte man herzlich aufnehmen, damit sie sich hier wohlfühlen. Ein Mensch muss sehr verzweifelt sein, um eine solche Tat zu begehen"

"Was mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, war eine Situation im Spital, drei Stunden nach dem Attentat. Ich wollte, dass mein Vater mir in diesen Momenten beisteht, aber er durfte wegen den Corona-Maßnahmen nicht kommen. Ich war ganz alleine und es kam eine ungeheuerliche Hilflosigkeit in mir hoch".

"Nach Monaten und viel Ausdauer haben wir es geschafft, der Regierung einen Opferfonds abzuringen. Das ist schön, aber spät. Es wirkt unfreiwillig, daher bleibt ein schaler Geschmack. Respekt und Anteilnahme schauen anders aus. Aber böse bin ich niemandem".

(Red)

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