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Impfpflicht: SPÖ stimmte im Ausschuss geschlossen zu

Impfpflicht: SPÖ stimmte im Ausschuss geschlossen zu, NEOS zum Teil.
Impfpflicht: SPÖ stimmte im Ausschuss geschlossen zu, NEOS zum Teil. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Montagabend hat der Entwurf zum Impfpflicht-Gesetz mit breiter Mehrheit den Gesundheitsausschuss des Nationalrates passiert.
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Das Vorhaben erhielt im Ausschuss die Stimmen der Regierungsfraktionen ÖVP und Grünen sowie jene der SPÖ-Abgeordneten und auch eine der beiden NEOS-Mandatare. Die FPÖ stellte sich geschlossen dagegen. Im vorangegangenen Experten-Hearing wurde der Entwurf überwiegend als verhältnismäßig bewertet, Kritik kam vom FPÖ-Experten.

Entwurf zur Corona-Impfpflicht am Sonntag von der Regierung präsentiert

Die Regierung hatte den überarbeiteten Entwurf zur Impfpflicht erst am Sonntag vorgestellt. Der Plan sieht vor, dass die Corona-Schutzimpfung ab Februar für alle Personen ab 18 Jahren mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in Österreich verpflichtend wird. Sie müssen künftig ein gültiges Impfzertifikat vorweisen. Bis Mitte März ist eine Eingangsphase ohne Strafen vorgesehen. Ausnahmen gibt es für Schwangere und all jene, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können sowie für Genesene (bis sechs Monate nach der Genesung). Der Strafrahmen reicht von 600 bis 3.600 Euro.

Gesetz soll am Sonntag im Nationalrat beschlossen werden

Nach dem nun erfolgten Ausschuss-Beschluss soll das Gesetz am Donnerstag im Plenum des Nationalrates beschlossen werden. Zwar reicht dafür eine einfache Mehrheit, die türkis-grüne Regierung hatte sich aber darum bemüht, eine breite Zustimmung zu erhalten. Trotz teils innerparteilicher Skepsis konnten SPÖ und NEOS für das Vorhaben gewonnen werden, lediglich bei den NEOS dürften einige Abgeordnete auch im Plenum gegen die Impfpflicht votieren.

SPÖ stimmte geschlossen dafür

SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger hatte am Montag schon vor der Ausschusssitzung klar gemacht, dass die SP-Fraktion wohl auch am Donnerstag im Nationalratsplenum geschlossen für das Vorhaben stimmen wird. Er könne zwar nicht für jeden einzelnen Abgeordneten sprechen, die SPÖ diskutiere aber immer intern und trete dann geschlossen auf, gab er zu verstehen. Zur innerparteilicher Skepsis - insbesondere aus den Reihen der roten Gewerkschafter - sagte Stöger, viele davon seien "wütend", da die Impfpflicht nur notwendig geworden sei, weil die Regierung Corona als "erledigt" dargestellt habe. Damit verwies der Abgeordnete auf jene Plakat-Kampagne der ÖVP aus dem vergangenen Sommer, bei der u.a. der Slogan "Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft" verwendet wurde.

Gleichzeitig betonte Stöger, dass die Impfung notwendig sei: "Die Covid-Impfung ist jetzt das Mittel der Wahl." Als Sozialdemokratie werde es notwendig sein, zu sagen "Lasst Euch impfen". "Daher werden wir diesen nationalen Schulterschluss auch mittragen."

NEOS beim Thema Impfpflicht uneinig

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger betonte einmal mehr, dass es bei den Pinken in dieser Frage keinen Klubzwang gebe, weil auch gute Argumente gegen eine Impfpflicht sprächen. Im Ausschuss stimmte dann auch Gerald Loacker erwartungsgemäß gegen das Vorhaben; der zweite NEOS-Mandatar, Vize-Klubchef Nikolaus Scherak, votierte dafür. Im Plenum werden laut Meinl-Reisinger dann mindestens elf der 15 Pinken für das Gesetz stimmen werden. Sie selbst begründete ihr Ja zur Impfpflicht damit, dass die Pandemie mittlerweile alle "satt" hätten und man das Leben "mit allen Freiheiten" wieder zurückwolle - und zu diesem Zustand führe die Impfung. Sie verwies auch darauf, dass es vor allem darum gehe, einen weiteren Lockdown im Herbst 2022 zu verhindern. Man habe nun erstmals die Chance, "schneller als das Virus" zu sein.

Diese Ansicht teilte auch die klare Mehrheit der von den Fraktionen zum öffentlichen Ausschuss-Hearing geladenen Experten. Auch werteten alle bis auf den von den Freiheitlichen bestellten Völkerrechtler Michael Geistlinger das geplante Gesetz als verhältnismäßige Maßnahme.

Die Impfung sei ein wirksames und sicheres Mittel - und vor allem vermutlich das wirksamste Mittel, das bis Herbst 2022 in der Pandemie-Bekämpfung zur Verfügung stehen werde, sagte die von ÖVP und Grünen geladene Rechtswissenschafterin Christiane Wendehorst von der Universität Wien. Die ebenfalls von den Regierungsfraktionen gemeinsam bestellte Vizepräsidentin der Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM), Susanne Rabady, sagte, es gehe um die Vermeidung des Kollapses des Gesundheitssystems, aber auch des Gesamtsystems: Es müsse verhindert werden, dass es (durch Infektionen und Quarantänen) zu einem "unkontrollierten Auto-Lockdown" komme.

Natürliche Immunität schütze nur sehr unzureichend

Die natürliche Immunität alleine schütze nur sehr unzureichend vor anderen Varianten, auch zahle man einen sehr hohen Preis, wenn man die Immunität der Bevölkerung auf diesem Weg erreichen will, erklärte Radaby mit Blick auf Länder mit vielen Infektionen wie Südafrika. Auch würden mehrere Rezidive notwendig sein, bis eine nachhaltige Immunität erreicht wird. Die Impfung schütze hingegen klar vor einem schweren Verlauf, "die ist nach drei Impfungen gesichert", betonte Rabady - auch wenn der Schutz natürlich mit der Zeit abnehme. Mit der Impfung könne man die Beschleunigung der Immunitätsrate in der Bevölkerung mit geringerem persönlichen Leid erreichen als ohne.

"Die Wirkung der Impfung ist eindeutig und unzweifelhaft nachgewiesen"

Der auf Wunsch der SPÖ in den Ausschuss gekommene Internist Christian Sebesta von der Klinik Donaustadt betonte die Sicherheit und Wirksamkeit der aktuellen Impfstoffe: "Es ist in aller Klarheit festzustellen, dass alle auf dem Markt verfügbaren Impfstoffe ein sehr gutes Nutzen-Risiko-Profil aufweisen." Und: "Die Wirkung der Impfung ist eindeutig und unzweifelhaft nachgewiesen" - und sie wirke auch gegen Omikron. Geimpfte Infizierte würden bei allen Varianten eine deutlich geringere Krankheitslast tragen. Er verwies aber darauf, dass der Gemeinschaftsschutz durch die Impfung bei der Omikron-Variante erst bei einer Durchimpfungsrate von 90 Prozent und mehr wirksam werde. Österreich liege derzeit deutlich darunter. "Die Pandemie ist noch nicht gemeistert", betonte Sebesta.

Für den von den NEOS eingeladenen Juristen Konrad Lachmayer von der Sigmund Freud Privatuniversität Wien wiegt der Eingriff in die Grundrechte durch die Impfpflicht schwer - aber die Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems wiege "schwerer". "Der vorliegende Vorschlag ist als verfassungsrechtlich zulässig und sachlich gerechtfertigt zu erachten", sagte er. Gehandelt werden müsse jetzt vor allem in Hinblick auf den Herbst 2022, "damit sich die Überlastung des Gesundheitssystems nicht wiederholt".

Klar ablehnend kommentierte die Pläne hingegen der von der FPÖ geladene Salzburger Völkerrechtler Geistlinger. Er verwies unter anderem auf das in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8) verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das er als verletzt ansieht. Auch wiederholte er seine bereits zuvor geäußerte Kritik hinsichtlich der Zulassung der Impfstoffe und verwies auf eine mangelnde Datenlage.

Mückstein: "Die Impfung schützt uns"

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) betonte, dass die Impfpflicht eine langfristige Perspektive darstelle. "Die Impfpflicht wird uns zwar nicht aktuell helfen in der Omikron-Welle, das war aber gar nicht das Ziel." Denn das Gesetz sei keine Akut-Maßnahme. Vielmehr werde die Impfung auch im Kampf gegen künftige Varianten helfen. Er verwies darauf, dass vor Aufkommen der Omikron-Variante für Österreich eine Gesamt-Immunität von bereits über 90 Prozent berechnet worden sei (Geimpfte und Genesene zusammen, Anm.) Die neue Virusvariante habe diesen hohen Schutz dann aber zunichtegemacht, gab er zu verstehen.

"Wer und was schützt uns vor neuen Virusvarianten und Wellen?", fragte der Minister. "Die Antwort gebe ich Ihnen sehr gerne: Die Impfung schützt uns", so Mückstein, der die Impfpflicht als eine "sehr nachhaltige Maßnahme" bezeichnete.

Bedenken von Juristen

Bedenken gegen Regelungen im Gesetz, mit denen versucht wird, die Zahl der Einsprüche gegen die Strafverfügung gering zu halten, äußerten einige Juristen in "Presse" und "Standard" (Dienstags-Ausgaben). Dass bei Akzeptanz der Strafverfügung maximal 600 Euro Strafe drohen, nach einem (gescheiterten) Einspruch aber 3.600 Euro sei "gleichheitsrechtlich problematisch", meint der Verfassungsjurist Peter Bußjäger (Uni Innsbruck). Damit würden Impfgegner schlechter behandelt als andere Verwaltungsstraftäter. Der Wiener Verfassungsrechtsprofessor Karl Stöger hält dies allerdings für "durchaus argumentierbar", weil in der Pandemie Zeitdruck bei der Impfung herrsche.

Der Wiener Anwalt Christian F. Schneider wiederum erachtet es als "problematisch", dass Impfgegner - entgegen den allgemeinen Regeln im Verwaltungsverfahren - ihren Einspruch zwingend begründen müssen. Und aus Sicht des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer ist es "kritisch", dass man als ungeimpfte Person mehrmals für ein und dasselbe Delikt gestraft werden kann, er plädiert stattdessen für Beugestrafen.

(APA/Red)

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