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Im größten Requisitenfundus Wiens: Reise durch drei Jahrhunderte

Requisiten aus den letzten drei jahrhunderten gibt es in Wien zu finden.
Requisiten aus den letzten drei jahrhunderten gibt es in Wien zu finden. ©APA
Rund eine Million Einzelteile, die ältesten darunter aus dem Jahr 1805, sind auf dem weitläufigen Gelände des ehemaligen Wiener Nordbahnhofs zu finden. Hier hat der Requisitenfundus des Vereins "pops.co" seinen Standort.
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Ein Rundgang im Requisitenfundus gleicht einer Art Zeitreise: Möbel, Einrichtungs- und Alltagsgegenstände aus drei Jahrhunderten stapeln sich hier auf drei Stockwerken, sortenrein geordnet. Es ist das Ergebnis von rund 35 Jahren Sammlertätigkeit, aus zusammengetragenen, gekauften, eigens gefertigten und geschenkten Dingen – und aus Liebe zur Sache. Vor zehn Jahren haben sich Szenenbildner Thomas Vögel sowie die Außenrequisiteure Johannes Slapa und Peter Ecker zusammengetan, mithilfe ihrer Kollegen Jiri Juda, Martin Stattler, Andreas Djerdjev und Philipp Juda den Verein “props.co” gegründet und das riesige Lager am Bahnhofsareal bezogen. Zuvor waren ihre individuellen Sammlungen auf verschiedene Lager in Wien Neubau, im Weinviertel und in Klein Neusiedl aufgeteilt.

Größtes Lager am Nordbahnhofgelände

“Irgendwann ist uns das alles zu viel geworden, und da haben wir uns überlegt: Schmeiß ma’s weg, verkaufen wir’s?”, erinnert sich Vögel daran, wie man auf die Idee eines zentralen Fundus kam. Dass sich die Drei nur schwer von Dingen trennen können, zeigt sich in der bis auf den letzten Winkel vollgepackten Halle. “Es war viel schneller voll, als wir gedacht hätten. Schon nach einem Jahr war kein Platz mehr”, schmunzelt Vögel. Ein eigens eingezogener Zwischenboden schuf 700 Quadratmeter mehr, entrümpelt wird selten. “Es ist mir schon 100 Mal passiert, dass ich etwas weggehauen habe, und zwei Wochen später hat jemand genau das gebraucht”, sagt Ecker. Der Verein, der sich über Verleihgebühren finanziert und derzeit vier Angestellte beschäftigt, versteht seine Aufgabe immerhin auch im Sinn der Nachhaltigkeit. “Diese Dinge würden sonst nach jeder Produktion weggeschmissen werden”, sagt die Szenenbildnerin Gesche Glöyer, die auch Nachwuchsförderung hochhält: Filmstudenten beziehen die Requisiten kostenlos.

Requisiten aus dem 19. Jahrhundert

Rund eine Million Einzelteile, die ältesten darunter aus dem Jahr 1805, schätzt Slapa, finden sich in den schier endlosen Gängen, meterhohen Regalen und verborgenen Winkeln. Der Großteil ist “Füllmaterial” – also Gegenstände, die man im Film immer brauchen kann: Geschirr, Tageszeitungen, Telefone, Uhren, Kalender, Lampen, Küchengeräte oder Koffer etwa. Der Großteil stammt aus den Jahren zwischen 1920 und 1970. “Aber im Film ist nicht immer alles so, wie es scheint”, sagt Slapa. Ist ein Gegenstand aus einem bestimmten Jahr nicht verfügbar, muss eben etwas im selben Stil herhalten.

Liebe zum Detail

Genauigkeit ist dennoch das höchste Gut. Am Treppengeländer, das auf den Dachboden führt, reihen sich zig Glühbirnen jeglicher Größe. “Ich habe alles aufgekauft, was ich finden konnte, weil es die jetzt nicht mehr gibt.” Auch Telefone seien sehr wichtig, “denn an ihnen erkennt man das Land und die Zeit”, sagt Slapa, und holt Telefonapparate aus einem alten Spionagefilm hervor. “In England kann ich kein deutsches Telefon hinstellen, das erkennt jeder Dritte, und das ist dann ärgerlich.” Ärgern müssen sich Requisiteure wie Slapa oft. Etwa, wenn Birgit Minichmayr als Bertha von Suttner in “Eine Liebe für den Frieden” auf einer Schreibmaschine tippt, obwohl von Suttner nur handschriftlich geschrieben habe. Oder wenn Slapa sogar beim “sonst sehr peniblen” Regisseur Andreas Prochaska in dessen Alpenwestern “Das finstere Tal” einen groben Ausstattungsfehler entdeckt. Welchen, will er nicht verraten.

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(APA/red)

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