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"Ignoranz ist weit verbreitet"

Jana König als Sprecherin im Rahmen der „Pride Week“ auf dem Platz der ­Wiener Symphoniker vor dem Bregenzer Festspielhaus.
Jana König als Sprecherin im Rahmen der „Pride Week“ auf dem Platz der ­Wiener Symphoniker vor dem Bregenzer Festspielhaus. ©privat Jana König ©privat
Mit dem heutigen Tag endet die „Pride Week“ Vorarlberg. WANN & WO sprach mit der Organisatorin Jana König (18) über ihr Outing, Regenbögen, Toleranz im Ländle und sogenanntes „Pinkwashing“.
Lichtsäulen und Regenbogen-Zebrastreifen
Zeichen für Vielfalt und Toleranz
Das Kreuz mit der Sexualität

Von Harald Küng (Wann & Wo)

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WANN & WO: Jana, eine persönliche Frage gleich zu Beginn: Wann hattest du selbst dein Outing und wie wurde es in deinem Freundes- und Familienkreis aufgenommen?

Jana König: Ich habe schon sehr früh gemerkt, dass ich mit Jungs nichts anfangen kann, erstmals mit neun Jahren. Richtig bewusst wurde es mir dann in der Unterstufe. Mein Outing hatte ich dann zuerst in meinem Freundinnenkreis. Da war es nie ein Thema. Erst später habe ich mich bei meiner Familie geoutet. Ich habe ihnen einfach meine damalige Freundin vorgestellt. Meine Familie ist nicht sehr traditionell und es war nie eine große Sache für sie, weil ich es auch selbst nie zu einer großen Sache gemacht habe. Es ist aber oft so, dass das Umfeld einen Moment braucht, um sich zu sammeln. Ein Outing ist gesellschaftlich gesehen leider oftmals immer noch ein „Schock“. Doch die grundsätzliche Akzeptanz ist meist größer, als man denkt.

WANN & WO: Du hast bis zur Matura die Riedenburg – eine katholische Schule – besucht. Wie wurde in der Schule mit dem Thema LGBTIQ+ umgegangen?

Jana König: Die Riedenburg ist eine sehr offene Schule. Ich habe nie irgendeine Art von Diskriminierung erfahren. Die Schule war immer sehr unterstützend und förderte die persönliche Selbstentfaltung. Natürlich, es gibt immer negative Stimmen. Diese hielten sich aber wirklich sehr in Grenzen. Ich habe mich davon auch nie unterkriegen lassen und nie verschwiegen, was ich denke oder wer ich bin. Selbst im Religionsunterricht war LGBTIQ+ immer positiv beleuchtet. Dafür möchte ich meinem Religionslehrer, aber auch meinen Klassenkolleginnen danken. Was mich sehr freut: Auch bei der Riedenburg hängt die Regenbogenflagge beim Schultor.

WANN & WO: Stichwort Regenbogen: Der Juni gilt als Regenbogen-Monat – auch das Ländle erstrahlte zuletzt vielerorts in den Regenbogenfarben. Speziell auch in der vergangenen „Pride Week“, einer Aktionswoche zur Bewusstseinsbildung, die heuer von dir organisiert wurde. Wie nimmst du das wahr? Auch, dass mancherorts Regenbogenfahnen verbrannt wurden?

Jana König: Die Flaggenverbrennungen waren schon ein großer Schlag. Umso mehr hat es mich gefreut, als diese direkt wieder gehisst wurden und damit gezeigt wurde, dass sich die Menschen durch den Hass nicht unterkriegen lassen. Diskriminierung ist immer schmerzhaft. Aber es zeigt, wofür wir kämpfen: Und zwar für eine bessere Zukunft für alle. In Vorarlberg ist die Ablehnung noch immer sehr groß. In den meisten Fällen schlägt es aber nicht direkt in Hass um, sondern bleibt bei abfälligen Blicken oder Kommentaren. Auch gibt es Personen, die zum hundertsten Mal fragen, wieso ich denn immer noch keinen Freund habe. Diese Ignoranz ist sehr weit verbreitet und schmerzt auch sehr. Doch hier gibt es Ansatzpunkte für Diskussionen und ich habe so auch schon viele positive Erfahrungen machen können.

WANN & WO: Du lebst nun in Wien. Wie tolerant ist die Bundeshauptstadt im Vergleich zum Ländle?

Jana König: Wien und Vorarlberg sind sehr unterschiedlich. In Wien interessiert es niemanden, wenn man Hand in Hand durch die Straßen geht. In Vorarlberg sticht man nach wie vor heraus. Doch eigentlich wollen wir die gleiche Aufmerksamkeit, wie Heterosexuelle: nämlich gar keine. Weil es einfach normal ist. Das ist unser Ziel. Es kommt im Ländle auch immer drauf an, ob man in einer Stadt oder am Land lebt. Es tut sich aber einiges und die junge Generation ist hier viel toleranter und die Akzeptanz höher.

WANN & WO: „Nicht überall wo LGBT+ draufsteht, ist auch LGBT+ drin“, heißt es in einem Artikel, den du für die „aks“ zum Thema „Pinkwashing“ geschrieben hast. Ein sehr spannender Aspekt. Wieviel „Pinkwashing“ steckt denn deiner Ansicht nach im Regenbogen-Monat? Das Thema ist ja omnipräsent und gefühlt jedes Unternehmen hat derzeit eine eigene Kampagne zu LGBTIQ+ am Laufen.

Jana König: „Pinkwashing“ ist ein sehr schwieriges Thema. Grundsätzlich ist es ja was Gutes, da trotz allem zumindest das Bewusstsein gefördert wird. Oft dient es aber nur zu Marketingzwecken der Unternehmen. In den Firmen selbst werden dann aber Trans-Personen nicht mit den korrekten Pronomen angesprochen oder Menschen nicht eingestellt, weil sie homosexuell sind. Dann hat „Pinkwashing“ einen sehr, sehr bitteren Beigeschmack. Es gibt aber natürlich auch Unternehmen, die sich wirklich für die Sache einsetzen, Erlöse spenden oder queere KünstlerInnen einbinden. Dabei handelt es sich aber meist um kleinere Firmen und keine Großkonzerne, die nur auf Gewinne aus sind.

WANN & WO: Abschließend: In Österreich sind noch immer sogenannte Konversionstherapien – also quasi Umpolungstherapien für homosexuelle Menschen – erlaubt. Was sagst du zu diesem Thema?

Jana König: Es ist einfach nur schrecklich. Anders kann ich es nicht sagen. Österreich sollte dazu endlich ein definitives Verbot aussprechen – und Verstößen muss nachgegangen werden. Ein Verbot allein bringt meistens nicht viel, dann geschehen solche Dinge hinter verschlossenen Türen, wie man auch in Deutschland sieht. Seitens der Regierung bräuchte es endlich ein klares Statement dazu. Viele sehen Konversionstherapien als normal und gerechtfertigt. Die Gesellschaft muss da starken Druck ausüben und es braucht mehr Anlaufstellen für betroffene Personen.

Zur Person

  • Jana König
  • Alter, Wohnort: 18, Dornbirn/Wien
  • Ausbildung/Funktion: Sacré Coeur Riedenburg, Bribie Island State High School (Australien), Universität für Bodenkultur (BOKU) – Landschaftsarchitektur; im Vorsitzteam der aks Vorarlberg
  • Hobbys: Cello, schwimmen, kochen, Aktivismus

Kurz gefragt

  • Vorarlberg oder Wien? Und warum? Vorarlberg. Ich liebe Wien, aber ich könnte nie für immer in einer dicht besiedelten Stadt wohnen. Gerade durch Corona und mein Studium habe ich gemerkt, wie wichtig weitläufige Freiräume für mich sind. Wien ist toleranter, aber das grüne Vorarlberg vermisse ich jedes Mal.
  • Vervollständige bitte folgenden Satz: Das Leben als Studentin war im vergangenen Jahr… ? … sehr stressig und einsam.
  • Was wünschst du dir für unsere Gesellschaft? Mehr Akzeptanz für alle Menschen, die einfach nur sie selbst sein wollen.
  • Was machst du als erstes, wenn die vielzitierte „Normalität“ wieder einkehrt? Meine MitstudentInnen kennenlernen und auf Konzerte gehen.

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