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Heinz Fischer - Statt rüstiger Rentner Präsident bis 77

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Heinz Fischer darf es sich weitere sechs Jahre in der Hofburg gemütlich machen. Mehr als drei Viertel der Wähler befanden, dass das Staatsoberhaupt seine Sache bisher ordentlich erledigt hat und daher weitermachen soll.

Dass der 71-jährige Fischer trotzdem nicht jedermanns Liebling ist, zeigt die Wahlbeteiligung, die wohl nicht nur wegen Schönwetters und wenig spannender Kampagnen einen historischen Tiefstand erreicht hat.

Fischers erste Amtsperiode war wenig spektakulär. Dass Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl ihm – entgegen der ÖVP-Parteilinie – ständig Rosen streut, lässt vermuten, dass er seine Sache im Ausland im Sinne der österreichischen Wirtschaft gut gemacht hat. Fischer hat Reisefreunde nicht missen lassen. 61 mal war er offiziell im Ausland, dementsprechend empfing auch er im Gegenzug Besuch aus aller Welt, wohl mit dem Höhepunkt George W. Bush. Russlands Präsident Wladimir Putin schaute erst am Samstag vorbei.

Trotz seiner regen Reisetätigkeit über die Grenzen war Fischers erste Amtszeit im Wesentlichen auch eine Österreich-Rundfahrt. Sämtlichen 99 Bezirken hat der Bundespräsident seine Aufwartung gemacht. Davon profitierte er auch in der Wahlbewegung. Egal, woher seine Fans kamen, zu jedem Ort hatte das Staatsoberhaupt eine Geschichte zu erzählen. Der volkstümliche Fischer – eine Partie, die dem studierten, zu Schachtelsätzen neigenden Juristen viele nicht zugetraut hatten, ist mittlerweile seine Paraderolle geworden. Das Alleinsein liegt ihm ohnehin nicht, Fischer ist erst mit 30 aus dem Kinderzimmer aus- und bei Ehefrau Margit eingezogen, mit der er seit über 40 Jahren sein Leben teilt.

Fischer hat – wie es seine Art ist – sehr vorsichtig eine Durchlüftung der Hofburg begonnen. Bei der Überreichung der Beglaubigungsschreiben durch neu bestellte Botschafter trägt man nun dunklen Anzug statt Cut, der Smoking ist unter diesem Bundespräsidenten eher aus der Hofburg-Mode gekommen. Ein Hauch des Klein-Kaiserlichen umweht die Präsidentschaftskanzlei freilich immer noch, etwa, wenn das Staatsoberhaupt am Nationalfeiertag das Volk empfängt und Geschenke und Huldigungen entgegennimmt.

Innenpolitisch hat sich der langjährige SPÖ-Spitzenpolitiker während der vergangenen sechs Jahre eher herausgehalten. Klare Worte sind seine Sache ohnehin nicht. Offensiv sprach er sich für eine Lösung des Ortstafel-Konflikts aus, plädierte für ein humanitäres Bleiberecht der Zogajs, warb für die Homo-Partnerschaft, überraschte mit seinem Ja zu einer Adoptions-Möglichkeit für homosexuelle Paare und las der SPÖ äußerst sanft die Leviten, nachdem die Parteispitze den berühmten EU-Brief an “Krone”-Herausgeber Hans Dichand geschrieben hatte. Wohl am Aktivsten wurde Fischer, als es um die beiden Regierungsbildungen in seiner Amtszeit ging. In beiden Fällen schubste er SPÖ und ÖVP erfolgreich in eine Große Koalition.

Ungewöhnliches gibt es auch sechs Jahren Präsident Fischer eigentlich nur in zwei Fällen zu berichten. Erstmals hat sich ein Staatsoberhaupt geweigert, ein Gesetz zu unterfertigen, weil es offensichtlich der Verfassung widersprochen hätte. Dabei handelte es sich freilich nur um eine kleinere Änderung der Gewerbeordnung. Das zweite Mal, als Fischer für Erstaunen sorgte, war 2008, als er sich bei einem Türkeibesuch in die türkische Präsidenten-Gattin Hayrünnisa Gül einhakte. Körperliche Berührungen mit nicht verwandten Männern sind für Frauen aus der fromm-konservativen anatolischen Gesellschaftsschicht der Güls eigentlich nicht schicklich, die türkische First Lady ertrug den diplomatischen Fauxpas mit einem Lächeln.

Mit dem heutigen Wahltag beginnt wohl die letzte Etappe des Fischerschen Wirkens in der österreichischen Innenpolitik, das sich in allerlei bedeutenden Rollen niederschlug. Fischer war ein Vierteljahrhundert stellvertretender SPÖ-Chef, Wissenschaftsminister, SPÖ-Klubchef und nicht zuletzt Nationalratspräsident, eine Rolle, in der er sich als über den Dingen stehender Parlamentschef wohl die Basis für sein späteres Amt als überparteiliches Staatsoberhaut schuf.

Dabei gilt Fischer bis heute bürgerlichen Kreisen als Ur-Sozialist, auch wenn er immer ein bürgerliches Auftreten pflegte. Der Bundespräsident wurde am 9. Oktober 1938 in eine sozialdemokratische Familie hinein geboren. Sein Vater, Rudolf Fischer, war von 1954 bis 1956 Staatssekretär im Handelsministerium in der Regierung Raab/Schärf. Sohn Heinz kam nach Jus-Studium und Gerichtspraxis als Jurist in den Klub der SP-Parlamentarier. 1963 bis 1975 war er dort Sekretär, dann Geschäftsführender Klubobmann, Minister für Wissenschaft und Forschung von 1983 bis 1987 und Klubchef (1987-1990). 1990 wurde er zum Nationalratspräsidenten gewählt und blieb das zwölf Jahre.

Fischers politische Leitfigur war stets Bruno Kreisky. Allerdings war der legendäre Ex-Kanzler auch wesentlich am einzig echten Eklat in der Karriere des jetzigen Staatsoberhaupts beteiligt. Am Höhepunkt des Streits zwischen Kreisky und Simon Wiesenthal tat sich der damalige Klubchef Fischer als derjenige hervor, der einen Untersuchungs-Ausschuss gegen den Nazijäger anregte – eine Episode, über die der manchen als selbstverliebt geltende Präsident heute nicht mehr allzu gerne spricht.

Die größte private Leidenschaft des Präsidenten ist das Bergsteigen, erst im Vorjahr bewies er mit einer Besteigung des 3.312 Meter hohen Piz Buin seine Fitness. Als Passivsportler ist Fischer Rapid-Fan, musikalisch gehört dem Jazz seine Liebe. Zur Familie – die Fischers haben einen Sohn und eine Tochter – verbinden das Staatsoberhaupt enge Bande, umso mehr als er seit kurzem auch Opa ist. Treffen gibt es entweder in der Wohnung in der Josefstadt oder im Ferienhaus auf der Hohen Wand. Die Präsidentenvilla hat Fischer nicht bezogen.

Für seine zweite und letzte Amtszeit hat der Präsident ein prononcierteres Auftreten angekündigt. Wer Fischer kennt, weiß, dass sich trotzdem niemand im Land vor allzu Revolutionärem fürchten muss.

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