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Hass-Postings gegen Journalistin eskalieren

©pixelio.de, Rainer Sturm
Die zunehmende Beliebtheit von Kommentar-Postings auf Nachrichten- und Zeitungsportalen hat das Verhältnis von Journalist und Leser nachhaltig verändert.

Während es noch vor wenigen Jahren nur sehr eingeschränkt möglich war, seine persönliche Meinung zu einem veröffentlichten Artikelinhalt abzugeben, sind die diesbezüglichen Möglichkeiten im Internetzeitalter wesentlich umfangreicher. Dass diese Entwicklung auch ihre Schattenseite hat, zeigt das Beispiel der New-York-Times-Journalistin Emily Gould, die nach der Veröffentlichung eines ihrer Beiträge regelrecht mit hasserfüllten User-Postings bombardiert worden ist. Insgesamt 1.216 Kommentare fanden sich im Forum-Bereich zu ihrem Artikel bevor sich die Zeitung dazu gezwungen sah, den entsprechenden Thread zu schließen. “Es hatte den Anschein, als würden die User darum wetteifern, wer das schlimmste und schockierendste Posting abgibt”, schildert Gould gegenüber dem Guardian.

“Die Möglichkeit, zu einem veröffentlichten Beitrag ein persönliches Feedback abzugeben, hat es bei Zeitungen schon immer gegeben. Die Leserschaft hat von dieser Möglichkeit in unterschiedlichem Maß stets Gebrauch gemacht”, erklärt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) http://www.djv.de, im Gespräch mit pressetext. Im Gegensatz zur klassischen Leserbriefspalte in einer Tageszeitung biete das Medium Internet allerdings eine “wahnsinnig schnelle Reaktionszeit”. “Der Journalist muss heute auf das User-Feedback nicht mehr lange warten und kann sich sofort ein Bild über die Reaktion der Leserschaft auf seinen Artikel machen”, erläutert Zörner. Gleichzeitig sei auch der Umfang, in dem Nutzer Kommentare abgeben können, gewachsen. “In einem Print-Produkt muss die Redaktion darüber entscheiden, welche Leserbriefe veröffentlicht werden und welche aus Platzgründen nicht gedruckt werden. Im Internet fällt eine derartige Umfangsbeschränkung fast gänzlich weg”, merkt Zörner an.

Für den DJV-Sprecher sind die Auswirkungen dieser Entwicklung auf das Verhältnis von Journalisten und Leser nicht zu leugnen. “Es besteht hier tendenziell die Gefahr, dass Journalisten nur noch solche Themen behandeln wollen, von denen man annimmt, dass sie viele User-Kommentare hervorbringen. Für eine redaktionelle Berichterstattung darf dies aber kein Kriterium sein”, warnt Zörner. Das Problem, dass einzelne Autoren aufgrund der Angst sich einem Verbalangriff der Leser auszusetzen, eher auf eine bestimmte Veröffentlichung verzichten würden, sieht der Experte zumindest in Deutschland nicht gegeben. “Foren-Betreiber sind nach deutschem Recht voll für die Inhalte verantwortlich, die dort veröffentlicht werden. Die Möglichkeit, auf diese Weise einen persönlichen Angriff auf den Journalisten zu starten, ist insofern eher eingeschränkt, da die Betreiber strafrechtliche Konsequenzen tunlichst vermeiden wollen und deshalb ungeeignete Inhalte nicht auf ihren Seiten zulassen”, fasst Zörner zusammen.

Zeitungshäuser können im Web im Grunde auf drei unterschiedliche Arten mit Leser-Kommentaren umgehen: Sie können diese generell untersagen, völlig frei oder in kontrollierter Form ermöglichen. “In dieser Hinsicht geht der Trend aufgrund der aktuell geltenden Rechtssprechung in Deutschland deutlich in Richtung redaktionell kontrollierter User-Foren. Die Verantwortlichen wollen sich und ihr Webangebot so gut es geht davor schützen, dass die Leserschaft mit ihren Kommentaren über die Stränge schlagen und etwa persönliche Angriffe gegen Journalisten veröffentlichen kann”, so Zörner abschließend.

Quelle: Pressetext.at

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