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Geschichte der Wiener Ringstraße: Von der Stadtmauer zur Mehrspurstraße

Wie die Ringstra0e entstanden ist
Wie die Ringstra0e entstanden ist ©APA/Wiener Linien/Norbert Geiter
150 Jahre ist die Wiener Ringstraße alt.  "Es ist mein Wille, dass die Erweiterung der Inneren Stadt Wien mit Rücksicht auf eine entsprechende Verbindung derselben mit den Vorstädten ehemöglichst in Angriff genommen werde", teilte Kaiser Franz Joseph I. am 25. Dezember 1857 mit.

Die alte Stadtmauer sollte geschleift werden, ein Boulevard an ihre Stelle treten. Sieben Jahre später, am 1. Mai 1865, wurde die Ringstraße feierlich eröffnet. Für die Prachtstraße, die laut den Plänen des Kaisers nicht nur sämtliche wichtige Gebäude des Reiches vereinen, sondern auch die soeben eingemeindeten Vorstädte näher an das Stadtzentrum rücken sollte, mussten zunächst einmal die Festungsmauern weichen.

Die Wiener Ringstraße

1858 begann der Abbruch beim Rotenturmtor am Donaukanal. Die Schleifung der Bastionen war Stadtgespräch: Johann Strauß Sohn schrieb sogar eine “Demolirer-Polka”. Der Unterschied zur modernen Vorgehensweise in Sachen Stadtplanung war dabei gar nicht so groß: Der Kaiser schrieb erst einmal einen Architekturwettbewerb aus – bis Sommer 1858 langten 85 Vorschläge ein.

Auch nicht unähnlich zu heutigen Schlagzeilen: Nach Streitereien zwischen Regierung und Stadtverwaltung über die Kompetenzverteilung bei der Neugestaltung wurden die fraglichen Grundstücke dem neu eingerichteten Stadterweiterungsfonds zugewiesen. Der Verkauf dieser frei gewordenen Flächen finanzierte dann teils die neuen Repräsentationsbauten. Diesen beim Innenministerium angesiedelten Fonds gibt es heute übrigens immer noch – seine letzten drei Liegenschaften verkaufte er erst nach der Jahrtausendwende.

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Gebaut wurde dann rasch: Schon im Mai 1858 konnte das erste Stück des neuen Rings zwischen Aspernbrücke und Rotenturmstraße vom Verkehr genutzt werden – “allerhöchst” verfügte der Kaiser, dass dieser Abschnitt seinen Namen tragen dürfe. Heute wird der Kai der Ringstraße allerdings eher nicht mehr zugerechnet. Mehr als ein Jahr später genehmigte Franz Joseph I. den endgültigen Plan für den neuen Prachtboulevard, der zusammen mit seinem Gebäudeensemble zu einem Paradebeispiel des Historismus mit einigen Neorenaissance-Einsprengseln werden sollte.

Feierliche Eröffnung 1865

Dabei wirkte nicht nur ein Architekt maßgeblich: Nachdem sich beinahe das gesamte Who-is-Who der Wiener Architektenszene an der Ausschreibung beteiligt hatte, wurden drei Entwürfe von Friedrich Stache (Onkel des bekannten Architekten Heinrich von Ferstel), Ludwig Förster sowie August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll, die später u.a. die Staatsoper entwerfen sollten, zu einem Gesamtplan verschmolzen.

Nachdem man den Ring vor allem zu Repräsentationszwecken plante, musste der alltägliche Lastenverkehr woanders untergebracht werden: Diese Teilung kann man auch in der Gegenwart noch erkennen, die Lastenstraße ist heute als Zweierlinie bekannt.

Norbert Geiter
Norbert Geiter ©Norbert Geiter

Zur feierlichen Eröffnung der Trasse 1865, die der Kaiser zusammen mit seiner Gattin Elisabeth besuchte, war die Ringstraße allerdings alles andere als abgeschlossen. Erst nach und nach folgte die Fertigstellung der einzelnen Abschnitte sowie der Bebauung, auch die Alleebäume, die entlang der Spuren gesetzt wurden, mussten erst gedeihen. Heute wachsen hier vor allem Linden, Ahorn und Platanen. 1880 näherte sich die rund vier Kilometer lange und 57 Meter breite Ringstraße (ohne Franz-Josefs-Kai) dann langsam ihrer Vollendung, war aber im Laufe der Geschichte immer wieder Veränderungen unterworfen.

Die Mehrspurstraße in Wien

1868 nahm die Pferdebahn der Wiener Tramway-Gesellschaft ihren Betrieb auf. Zunächst nur zwischen Stubenring und Schottentor unterwegs, erweiterte man die Strecke bald um Schottenring bis Franz-Josefs-Kai. 1898 stellte die Tramway auf elektrischen Betrieb um. Auch wenn heute keine reguläre Straßenbahnlinie mehr den Ring ganz umrundet, sind dennoch einige Bims unterwegs: 1, 2, D und 71 fahren entlang der Mehrspurstraße.

Zunächst brausten die Autos auch noch in beide Richtungen: Erst 1972 wurde der Ring zur Einbahn. In den 1990er-Jahren fanden dann auch die Radfahrer ihren Platz. Heute dient der Ring nicht nur als mehrspuriger Verkehrsweg, sondern gerne auch als – manchmal durchaus umstrittene – Location für Demonstrationen. Eine der bekanntesten ist der “Rasen am Ring”, bei dem die Autos einen Tag lang künstlichem Rasen und entspannten Picknickern weichen müssen. Auch für politische Anliegen wird der Boulevard gerne genutzt: So ziehen etwa jährlich die Regenbogenparade oder der Maiaufmarsch der Sozialdemokraten einmal um die Innenstadt.

Obwohl täglich tausende Autos über eine der Hauptverkehrsadern der Stadt fahren, war der Ring auch schon einmal wochenlang gesperrt. Bei der Austragung der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz waren Teile der Straße für die Fanzonen reserviert. Die u.a. von den Grünen in der Vergangenheit mehrmals erhobene Forderung, den Boulevard durchgehend für den Verkehr zu sperren, bleibt indes weiterhin Wunschdenken.

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(APA/Red.)

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