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Geschäftsmann in Wien-Ottakring erstickt: Lebenslange Haftstrafen

in diesem haus wurde die Leiche des 54-Jährigen gefunden.
in diesem haus wurde die Leiche des 54-Jährigen gefunden. ©APA
Einstimmig fiel das Urteil der Geschworenen am Mittwoch in einem Raubmord-Prozess in Wien aus. Die beiden Verdächtigen sollen den 54-jährigen Rudolf L. ausgeraubt und so gefesselt haben, dass er sich selbst strangulierte. Die Männer wurden nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt.
Raubmord-Prozess in Wien
Leiche in Ottakring gefunden
Internationale Ermittlungen
Bilder vom Tatort

Die beiden Männer, die am 4. November 2012 in Wien-Ottakring den Geschäftsmann Rudolf L. in räuberischer Absicht erstickt hatten, indem sie den 54-Jährigen fesselten und ihm die Atemwege mit einem Leintuch verschlossen, sind am Mittwoch im Straflandesgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Schuldsprüche wegen Raubmordes fielen nach kurzer Beratung der Geschworenen einstimmig aus.

Lebenslange Haft für die Verdächtigen

“Bei einer Gesamtschau konnte hier nur mit der Höchststrafe vorgegangen werden. Für einen geringen Geldbetrag einen Menschen auf eine derart grauenhafte Art zu ermorden, da gibt’s keinen Spielraum bei der Strafe mehr”, stellte Richter Ulrich Nachtlberger in der Begründung fest. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Tudorel P. (28) und Catalin S. (25) meldeten jeweils Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Rumänen nach Raubmord in Wien verurteilt

Staatsanwältin Barbara Hoffmann hatte in ihrem Schlussplädoyer nachdrücklich auf eine Verurteilung der beiden Rumänen im Sinne ihrer Anklage hingewirkt. Sie untermalte ihre Ausführungen mit Powerpoint-Folien, wobei sie an den entscheidenden Passagen Bilder von der Leiche auf eine Leinwand projizierte. Als sie auf das Strafausmaß für – wie sie sich ausdrückte – “diesen brutalen, grausamen Mord” zu sprechen kam, zeigte sie schockierende Großaufnahmen vom blutüberströmten Kopf des offenbar vor seinem Ableben noch misshandelten Opfers. Ein Foto mit dem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck beließ die Staatsanwältin minutenlang auf der Leinwand.

Zuvor hatten am zweiten Verhandlungstag um das gewaltsame Ende des gebürtigen Kärntners noch zwei Zeugen ausgesagt. Ein ehemaliger Geschäftspartner des getöteten Betreibers eines Inkasso-Büros schilderte diesen als arbeitsamen, auf beruflichen Erfolg bedachten Menschen: “Er hat Action nur in der Arbeit gesucht. Sonst wollte er ein ruhiges Leben.”

Zeugenaussage jäh beendet

Auffälliger, streckenweise bizarr fiel demgegenüber der Auftritt einer 56-jährigen Frau aus, die Rudolf L. in der SM-Szene kennengelernt hatte und die der Polizei zu beginn der Ermittlungen als Informantin gedient haben dürfte, weil aufgrund der Fesselungen die Erhebungen ursprünglich auch in Richtung eines möglichen “Sex-Unfalls” liefen. Rudolf L. sei “schwerster Masochist” gewesen, habe aber keine Seile, sondern Ketten bevorzugt, verriet die Zeugin. Der 54-Jährige habe es allerdings abgelehnt, sich im Gesichtsbereich verletzen zu lassen: “Es sollte nichts sichtbar sein.” Als die Frau die anwesenden Medienvertreter dazu aufforderte, über die Gefahren in der SM-Szene zu berichten (“Diese Szene ist verrückt, abartig! Da gehört einmal die Polizei hin!”), wurde ihre Vernehmung jäh für beendet erklärt.

Tötungsabsicht im Prozess bestritten

Tudorel P. und Catalin S. hatten beim Prozessauftakt die Tötungsabsicht bestritten. “Wir wollten das Geld stehlen. Ich habe alles schnell und schlecht gedacht. Ich habe nicht über die Konsequenzen nachgedacht”, sagte der Erstangeklagte. “Detailliert haben wir nichts geplant. Das war so plötzlich. Wir haben nicht darüber nachgedacht, dass er sterben wird”, meinte Catalin S.

Opfer und Täter kannten sich

Tudorel S. hatte Rudolf L. Anfang des vergangenen Jahres in Wien kennengelernt. Der Wiener Kaufmann war über ein Internet-Forum in Kontakt mit der Lebensgefährtin des Rumänen gekommen. Diese – offenbar länderübergreifend als Escort-Girl tätig – war von Rudolf L. nach Wien eingeladen worden, der im Internet gezielt nach möglichen SM-Partnerinnen suchte. Er und die junge Frau dürften sich sehr gut verstanden haben. Er ließ nicht nur sie, sondern im September 2012 auch ihren Freund mehrere Wochen bei sich wohnen. Ob es auch zu sexuellen Kontakten mit dem 28-Jährigen kam – Rudolf S. soll bisexuell veranlagt gewesen sein -, konnte im Strafverfahren nicht geklärt werden. Tudorel S. selbst stellte das entschieden in Abrede: Rudolf L. habe ihm nur versprochen, ihm bei der Suche nach einer Arbeit zu helfen.

Offenbar dürfte der 28-Jährige im Lauf der Zeit den Eindruck gewonnen haben, bei dem Geschäftsmann wäre viel Geld zu holen. Er ließ den befreundeten Catalin S. mit dem Bus von Rumänien kommen und verschaffte sich am 4. November 2012 mit der Angabe, er wolle Rudolf L. etwas zum Abendessen kochen, noch einmal Zutritt in dessen Wohnung in der Hubergasse. Mit der Vorgabe, noch Wein besorgen zu wollen, verschwand er dann kurz, um mit seinem Freund, der in einem nahe gelegenen Park gewartet hatte, zurückzukehren.

Nach Überfall in Ottakring gefesselt

Als die beiden wieder in der Wohnung waren, wurde der Inhaber am Schreibtisch sitzend von hinten überfallsartig angegriffen und mit Gewalt zu Boden gebracht. Rudolf L. dürfte sich heftig gewehrt haben, hatte gegen die beiden jungen Männer aber keine Chance. Ihm wurden die Hände auf den Rücken gefesselt, Füße und Beine fest verschnürt. Dann schlang man ihm ein Seil um den Hals und führte dieses straff zu den Fersen, wo es fixiert wurde. Sooft sich der zudem mit einem fast vollständig um Kopf gewickelten Leintuch Geknebelte bewegte und aus seiner Lage zu kommen versuchte, schnürte er sich ein bisschen mehr die Luft ab. Laut Gerichtsmediziner dürfte infolge dessen sehr rasch Bewusstlosigkeit und binnen kurzer Zeit der Tod eingetreten sein. (APA)

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