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Geplanter Schulstart im Herbst mit Sicherheitsphase, PCR-Tests, Abwasseranalyse

Bildungsminister Heinz Faßmann (M/ÖVP), Mikrobiologe Norbert Kreuzinger (L/TU Wien) und Virologin Dorothee von Laer (Universität Innsbruck) am Mittwoch beim Pressetermin "Schulstart 2021/22" in Wien
Bildungsminister Heinz Faßmann (M/ÖVP), Mikrobiologe Norbert Kreuzinger (L/TU Wien) und Virologin Dorothee von Laer (Universität Innsbruck) am Mittwoch beim Pressetermin "Schulstart 2021/22" in Wien ©APA/HERBERT NEUBAUER
In wenigen Wochen beginnt wieder die Schule. Tests und vor allem anfangs auch Masken sollen den Kindern erhalten bleiben - welche Neuerungen es sonst noch gibt, wurde am Mittwoch offiziell präsentiert.
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Großflächige Schulschließungen und Schichtbetrieb sind für Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) trotz erneut steigender Corona-Infektionszahlen im kommenden Schuljahr keine politische Option mehr. Stattdessen sollen die Schulen durch ein Frühwarnsystem, eine zweiwöchige Sicherheitsphase mit drei Tests pro Woche, niederschwellige Impfangebote per Impfbus und Luftfilter sicher gemacht werden.

Zweiwöchige Sicherheitsphase zu Schulbeginn

Das neue Schuljahr beginnt zum guten Teil so, wie das letzte geendet hat: In einer zweiwöchigen Sicherheitsphase müssen alle Schüler dreimal testen und abseits der Klasse Maske tragen. Wie es danach weitergeht, hängt von der allgemeinen Risikolage ab. Dafür wird per Abwasseranalyse erhoben, wie das Coronavirus in den Regionen verbreitet ist. Bei erhöhtem Risiko sollen Schulen regional Test- und Maskenpflicht einführen, so Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Mittwoch.

Schulschließungen für Faßmann keine Option mehr

"Flächendeckende Schulschließungen und Schichtbetrieb will in der Regierung keiner mehr", betonte er bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Verhindert werden sollen derartige Maßnahmen durch ein neues Frühwarnsystem mit Abwasseranalysen, durch die das Virus schon eine Woche vor der statistischen Erfassung der Infektionen nachgewiesen werden kann. Die Technische Universität (TU) Wien und die Uni Innsbruck analysieren dabei die Abwässer bei 116 Kläranlagen, die drei Viertel der Schüler und mehr als 3.000 Schulstandorte erfassen.

Zweiter Teil des Frühwarnsystems sind regelmäßige stichprobenartige PCR-Tests an 300 ausgewählten, über alle Regionen verteilten "Sentinel" (Wächter)-Schulen. Werden dabei auffällig viele Infektionen registriert, werden alle Schüler der betreffenden Schule getestet. Das System ersetzt die bisherige Gurgelstudie, Ergebnisse sollen schneller vorliegen.

Drei Tests pro Woche in Schulen - mit Spülen statt Gurgeln

In der zweiwöchigen Sicherheitsphase zu Schulbeginn sollen österreichweit am Montag jeweils ein Antigen- und ein PCR-Test bei allen Schülern durchgeführt werden - unabhängig davon, ob sie geimpft sind. Am Donnerstag folgt ein Antigentest. Für den Transport der PCR-Tests wird mit der Post kooperiert. Dabei wird unter dem Motto "Alles spült" nicht gegurgelt, sondern gespült, um Aerosolbildung zu vermeiden - Gurgeln wäre in der Klasse ein "epidemiologisches Eigentor", so Faßmann.

Wien setzt auf PCR-Tests an Schulen

Regional sind beim Testen auch weitergehende Regelungen möglich. Das betrifft vor allem Wien mit seiner Aktion "Alles gurgelt". Man wolle ab Herbst primär auf PCR-Tests an den Schulen setzen, hieß es aus dem Ressort von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf APA-Anfrage. Das sei auch mit dem Bildungsministerium besprochen. Details sollen in den nächsten Wochen präsentiert werden.

Die Teststrategie sei "exzellent gewählt", meinte die Virologin Dorothee von Laer (Medizin-Uni Innsbruck). Mit dem Antigentest werde sehr gut angezeigt, ob jemand bereits infektiös sei. Die PCR-Testung wiederum detektiere zusätzlich im Vorhinein jene Kinder, die in den nächsten Tagen infektiös werden könnten.

Nach 14 Tagen Re-Evaluierung der Lage und Teststrategie

Ob die Schüler nach den ersten beiden Wochen weiter testen müssen, hängt von der regionalen Infektionslage bzw. vom Anschlagen des Frühwarnsystems ab. "Wir müssen nicht immer und überall testen - aber wir müssen testen, wenn ein Risiko gegeben ist", so Faßmann. Nach den ersten beiden Wochen werden geimpfte Schüler von einer etwaigen Testpflicht befreit. Auf konkrete Inzidenzen wollte sich Faßmann noch nicht festlegen. "Das wird unsere Hausaufgabe für den August." Grenz- und Schwellenwerte sollen mit Gesundheitsministerium und Experten definiert werden.

Dass nach 14 Tagen nirgendwo mehr getestet werden muss, glaubt Faßmann nicht. Auch vereinzelte Schulschließungen werde es wohl geben. "Wenn das Virus an einer Schule grassiert, kann es vernünftig sein, eine oder mehrere Klassen für 14 Tage zu schließen." Das werde allerdings sicher nicht flächig passieren.

Impfquote steigern: Impfbusse sollen Schulen anfahren

Um die Impfquote unter den Schülerinnen und Schülern zu steigern, sollen außerdem Impfbusse die Schulen anfahren. Derzeit seien 19 Prozent der Zwölf- bis-15-jährigen und 46 Prozent der 16- bis 19-Jährigen zumindest einmal geimpft. In einigen Bundesländern sind bereits während der Sommerschule in den letzten beiden Ferienwochen rund 30 Impfbusse im Einsatz, um Schülern ab zwölf Jahren ein Impfangebot zu machen.

Luftfilter für mehr Sicherheit in Klassenräumen

Zusätzlich soll der Einsatz von Luftfiltern in Klassenräumen, wo Lüften nicht oder nicht schwer möglich ist, für mehr Sicherheit sorgen. Der Bund subventioniert die Anschaffung der Geräte durch die Schulerhalter (im Pflichtschulbereich die Gemeinden) mit bis zu zehn Mio. Euro. Zum Einsatz kommen könnten diese etwa in Musikzimmern oder Klassenräumen, in denen Lüften aufgrund eines Öffnungsschutzes der Fenster nur schwer möglich ist. Sie würden aber weder Testen, Masken noch Impfungen ersetzen können, meinte Faßmann - "und schon gar nicht das Lüften". Da sie keine Frischluft zuführen und auch den CO2-Gehalt nicht senken, seien sie auch "keine Dauerlösung". Mittelfristig sollen daher bei allen Sanierungen und Neubauten mechanische Raumluftanlagen in Schulgebäuden installiert werden.

Die Maßnahmen im Schulbereich auf einen Blick

TESTEN - In den ersten beiden Schulwochen wird an allen Schulen dreimal getestet: Am Montag mit einem Antigentest und dem aussagekräftigeren PCR-Test, dessen Ergebnis am Dienstag vorliegt. Am Donnerstag gibt es noch einmal einen Antigentest. Inwieweit danach weiter getestet wird, hängt vom regionalen Infektionsgeschehen ab. An 300 "Wächter"-Standorten werden zusätzlich auch nach den beiden ersten Wochen regelmäßig PCR-Tests durchgeführt. Sollte dieses Monitoring ein ansteigendes Risiko anzeigen, werden alle Schülerinnen und Schüler getestet, um Infizierte rasch zu identifizieren. Geimpfte Schüler müssen sich nach der zweiwöchigen Sicherheitsphase zu Schulbeginn nicht testen lassen.

MASKEN - Bereits fix ist, dass Schülerinnen und Schüler in den ersten beiden Schulwochen abseits des Klassenzimmers Maske tragen müssen. Ungeimpfte Lehrer müssen während der Sicherheitsphase auch im Klassenraum Maske tragen. Nach den ersten zwei Schulwochen soll die regionale Risikolage dafür entscheidend sein, ob und von wem Masken zu tragen sind. Bei Gruppenarbeiten können Lehrer aber wie schon bisher zeitlich begrenzt MNS anordnen.

IMPFEN - Um ein niederschwelliges Angebot für Schülerinnen und Schüler ab 12 zu schaffen, sollen die Standorte von Impfbussen angefahren werden. Die ersten 30 Busse sollen bereits während der Sommerschule in den letzten beiden Ferienwochen im Einsatz sein.

FRÜHWARNSYSTEM - Das Ministerium setzt hier auf zwei Schienen: Von Technischer Uni (TU) Wien und Uni Innsbruck werden bei 116 Kläranlagen Abwasseranalysen durchgeführt, um das Virus bereits vor statistischer Erfassung der Infektionen nachzuweisen. Vom Einzugsgebiet der Kläranlagen sind 75 Prozent der Schüler umfasst. Gibt es ein erhöhtes Risiko, werden Schulen und Kindergärten vorgewarnt, um regional reagieren zu können, etwa mit Tests oder Maskenpflicht. Zusätzlich werden an 300 "Sentinel-Schulen" ("Wächterschulen") regelmäßig PCR-Tests durchgeführt. Zeigen diese eine ansteigendes Risiko, werden Einzeltestungen bei allen Schülerinnen und Schülern durchgeführt.

LUFTFILTER - Wo Lüften nicht oder nur schwer möglich ist, sollen Luftreinigungsgeräte zum Einsatz kommen. Derzeit wird erhoben, an welchen Standorten Lüften aufgrund der baulichen Gegebenheiten oder der Fensterkonstruktion nicht möglich ist. Auch etwa in Musikzimmern sind Luftfilter eine Option. Der Bund wird die Anschaffung der Geräte durch die Schulerhalter subventionieren, bis zu 10 Mio. Euro stehen dafür zur Verfügung.

Offizielle Infos rund um das geplante Covid-Maßnahmenpaket für einen erfolgreichen Start ins Schuljahr finden Sie hier.

(APA/Red)

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