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Flüchtlings-Beratung durch Bundesagentur: Protest und "Massive Bedenken"

Eine Bundesagentur soll künftig die Flüchtlings-Beratung übernehmen - dies stößt auf Protest und Widerstand.
Eine Bundesagentur soll künftig die Flüchtlings-Beratung übernehmen - dies stößt auf Protest und Widerstand. ©APA/Hans Klaus Techt (Themenbild)
Die Regierung will die Flüchtlings-Beratung von einer Bundesagentur durchführen lassen. Diese Pläne stoßen allerdings bei der Caritas, der Diakonie und dem Samariterbund auf Widerstand. Sie sehen dadurch die Unabhängigkeit in Gefahr.
Koalition verstaatlicht das Asylwesen

Die Pläne zur Flüchtlings-Beratung durch eine Bundesagentur stoßen in der Begutachtung auf Widerstand. So äußert die Richtervereinigung in ihrer Stellungnahme Bedenken, ob eine unabhängige Rechtsberatung unter Einfluss des Innenministeriums überhaupt möglich sei. Protest kommt von Caritas und Diakonie, die selbst Rechts- und Rückkehrberatung durchführen. Die Begutachtungsfrist endet am Freitag.

Begrüßt wird von der Richtervereinigung zwar, dass der Entwurf die Rechtsberater bei Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsfrei stellt, um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten. “Ungeachtet dessen bestehen Bedenken, eine unabhängige und weisungsfreie Rechtsberatung und/oder -vertretung dienstrechtlich und organisatorisch in einer Gesellschaft anzusiedeln, die unter dem beherrschenden Einfluss des Bundesministers für Inneres steht”, heißt es aber weiter.

Caritas äußert “massive Bedenken” zur Ausgestaltung der Agentur

Die römisch-katholische Caritas hat laut Generalsekretär Bernd Wachter “massive Bedenken” bezüglich der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Agentur. Durch die Zusammenfassung aller Funktionen in einer dem Innenministerium unterstehenden Agentur bestehe die Gefahr, dass ein in sich abgeschlossenes System entstehe. Eine unabhängige Rechtsberatung und -vertretung sei wesentlich für ein faires und effizientes Asylverfahren.

Protest kommt auch von den Protestanten. Die Evangelische Kirche A.B. und H.B. in Österreich lehnt den Gesetzesentwurf zur Gänze ab. Die bisher unabhängige Rechtsberatung im Asylverfahren solle durch die neu zu schaffende Bundesagentur für Betreuungs-und Unterstützungsleistungen (BBU) “de facto abgeschafft” werden. “Fundamentale Menschenrechte für Schutzsuchende” würden durch die Neuregelung ausgehöhlt, warnt der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker.

Samariterbund und Diakonie einig: Rechtsberatung müsse unabhängig sein

Auch die Hilfsorganisation der evangelischen Kirche, die Diakonie, sieht im Gesetzesvorschlag einen schweren Angriff auf den Rechtsstaat. “Es soll eine Blackbox geschaffen werden, in der die schutzsuchenden Menschen und ihr Zugang zu fairen Asylverfahren verschwinden werden”, so Direktorin Maria Katharina Moser. Der Zugang zu fairen Verfahren und Rechtsstaatlichkeit könne nicht durch Verstaatlichung sichergestellt werden.

Dem schließt sich der Samariterbund an. Eine Rechtsberatung müsse unabhängig sein, so Bundesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller. “Wenn mehr als 40 Prozent der negativen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben oder abgeändert werden, ist dies ein deutliches Zeichen, wie wichtig und effizient die unabhängige Rechtsberatung ist.”

Bedenken auch bei UNHCR, Anwälten und Bischöfen

“Schwere Bedenken” zur geplanten Neuorganisation der Rechtsberatung im Asylbereich äußerte auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. Die Unabhängigkeit der Rechtsberatung wäre nicht mehr gewährleistet, da dem Innenministerium gleichzeitig auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) unterstellt ist, also jene Behörde, die über die Asylverfahren der beratenen Personen entscheidet.”Mit dem geplanten Ausschluss aller zivilgesellschaftlichen Institutionen würde mit der neuen Agentur ein geschlossenes System geschaffen, mit allen potenziellen negativen Konsequenzen derartiger Systeme, wie mangelnder Transparenz, fehlender Kontrolle und höherer Fehleranfälligkeit”, äußerte sich Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich, in der Stellungnahme. Er appelliert an die Regierung, das geplante System nochmals zu überdenken.

Sorgen um die Unabhängigkeit der Rechtsberatung macht sich auch der Österreichische Rechtsanwältetag (ÖRAK). Auch in dessen Stellungnahme wird argumentiert, dass das beim Innenministerium angesiedelte BFA in erster Instanz zuständig für das Zulassungsverfahren sei. “Es besteht somit Weisungsgebundenheit”, lautet die Schlussfolgerung. Darüber hinaus sei das Ministerium stark in die Ausgestaltung der Rechtsberatung eingebunden.

Für die römisch-katholische Bischofskonferenz muss eine juristisch hochwertige und unabhängige Asylrechtsberatung eindeutig Partei zugunsten der Asylwerber ergreifen. Dem werde nicht gerecht, dass die Regierung eine “unparteiische Rechtsberatung mit neutraler Darlegung und Aufklärung über die Erfolgsaussichten” vorsehen möchte, schrieb Generalsekretär Peter Schipka in einer Stellungnahme zur Bundesbetreuungsagentur.

(APA/Red)

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