Experten kritisieren Berichterstattung über Teichtmeister-Prozess

Der Prozess gegen Ex-Burgschauspieler Florian Teichtmeister, der am Dienstag am Wiener Straflandesgericht wegen Besitzes und Herstellung Zehntausender Dateien mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen nicht rechtskräftig verurteilt worden ist, hat gewaltiges Aufsehen erregt. Kaum ein Medium verzichtete auf regelmäßige Livetickerupdates aus dem Gericht. Die Beiträge wurden tausendfach kommentiert. Für Medienexperten ist das nicht verwunderlich.
Teichtmeister-Prozess: Mediale Skandalisierung logisch
"Der Fall trägt alle wesentlichen Züge, die es für mediale Skandalisierung braucht", hielt Peter Winkler, stv. Fachbereichsleiter Kommunikationswissenschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg, auf APA-Anfrage fest. Da wäre der "tiefe Fall" eines ehemaligen Publikumslieblings, der ein hochgradig deviantes Verhalten, das konsensual als solches erachtet wird, aufweise. Zudem spiele die schiere Menge des sichergestellten Materials eine Rolle und die lange aufgestaute Erwartungshaltung vom ersten Verdacht bis zum Prozessbeginn, so Winkler. Verstärkend wirke noch die Polarisierung der öffentlichen Diskussion zum Thema - "Teichtmeister als Sittenbild eines nach außen selbstgerechten, nach innen dekadenten Kulturbetriebs" -, welche Boulevard wie Qualitätsmedien in Stellung bringe.
Auch Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek konstatierte, dass Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Pädophilie "sehr emotionale Themen" seien, die die Gesellschaft bewegten. Zudem sei die Causa zu einem Politikum geworden. So reagierte die Regierung mit einem Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, das u.a. höhere Strafen für die Darstellung von Kindesmissbrauch vorsieht.
Texte und Gewaltfantasien zitiert: Experten erinnern an Verantwortung
Für Entsetzen sorgte beim Prozess am Dienstag die Verlesung von pädosexistischen Texten bzw. sehr expliziten Gewaltfantasien, die Teichtmeister Bildern hinzufügte. Mehrere Boulevardmedien zitierten Teile davon, Medien wie die "Presse" oder der "Standard" gaben sie indes nicht oder nur stark gekürzt wider.
Warzilek meinte dazu, dass das Gericht entscheiden müsse, welche Inhalte öffentlich behandelt werden und welche nicht. "Das bedeutet aber nicht, dass die Gerichtsöffentlichkeit mit der Medienöffentlichkeit gleichzusetzen ist. Journalisten haben hier eine Verantwortung", sagte der Presserat-Geschäftsführer. Der Fall habe prinzipiell öffentliche Relevanz, die Zitate gehörten zur Tat, man müsse aber auch den Opferschutz berücksichtigen. Prinzipiell müssen sich die Senate des Presserats nicht häufig mit Gerichtsberichterstattung befassen. Einige wenige Fälle wurden jedoch behandelt - etwa weil die Unschuldsvermutung missachtet wurde.
(APA/Red)