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Ex-Rapidler Christopher Trimmel im Interview (2): "Barišić? Wie eine Familie, aber beim nächsten Blödsinn bist du weg"

Christopher Trimmel im Gespräch mit VIENNA.at-Sportredakteur David Mayr.
Christopher Trimmel im Gespräch mit VIENNA.at-Sportredakteur David Mayr. ©Claudia Tapia
Im zweiten Teil unseres Interviews wirft Christopher Trimmel einen Blick auf seinen Ex-Klub Rapid, erklärt, warum Zoran Barišić für ihn "als Trainer perfekt" ist, spricht über sein zweites Standbein, das unter die Haut geht und gibt eine Einschätzung seiner EM-Chancen ab.
Teil 1 des Interviews
VIENNA.at an der Alten Försterei

>> Zu Teil 1 des Interviews mit Christopher Trimmel: “Das war einfach nicht ich”

VIENNA.at: Christopher, widmen wir uns nun ein wenig deinem Ex-Klub: Wie siehst du die Entwicklung Rapids unter Zoran Barišić?

Christopher Trimmel: Super! Ich sehe die Spiele im Fernsehen und was sie in der Europa League zeigen, macht mega Spaß. In der Liga läuft’s momentan nicht so gut, aber ich glaube, dass man die Doppelbelastung schon unterschätzt.

Ist diese eher körperlich oder mental?

Von beidem ein bisschen. Mir gefällt, dass viel rotiert wird, da sieht man, dass Zoki wirklich jedem Spieler eine Chance gibt. Aber diese vielen Umstellungen sind natürlich ein Faktor. Dazu wird es immer Spiele geben, in denen man nicht so gut drauf ist oder die man unglücklich verliert. Aber genau diese Erfahrungen bringen dich wiederum weiter.

Was ist Barišić für ein Typ, was zeichnet ihn aus?

Ich finde ihn als Trainer perfekt. Er hat uns gleich am ersten Tag gesagt, dass die Spieler seine Familie sind. Egal was passiert, egal welche Probleme wir haben, egal wann – wir können ihn um 4:00 Uhr in der Früh anrufen und mit ihm reden. Auf der anderen Seite setzt er den erforderlichen Respekt voraus und auf dem Platz musst du immer Gas geben. Wenn du dieses Vertrauen ausnutzt, bekommst du noch genau eine Chance, beim nächsten Blödsinn bist du weg. Ich finde auch, dass beim ganzen Trainerteam die Mischung perfekt passt. Sie sind alle jung, haben Ahnung vom Fußball. Und ebenfalls nicht unwichtig: Zoki kennt auch negative Situationen. Er war beim Platzsturm im Derby 2011 (damals als Interimstrainer, Anm.) dabei. Ich glaube, für einen Trainer ist es genauso wichtig, Situationen zu erleben und zu meistern, wo nicht alles super ist.

Warst du schon auf der Stadion-Baustelle in Hütteldorf?

Ganz am Anfang war ich neugierig, habe mich ins Auto gesetzt und bin nach Wien gefahren. Da hab’ ich’s mir angesehen. Aktuell schaue ich mir die Fotos im Internet an.

Reizt es dich nicht, dort einmal aufzulaufen?

Man weiß ja nie, was im Fußball alles passiert. Vielleicht spiele noch einmal dort, wäre doch schön. (lacht) Es freut mich natürlich sehr für Rapid, dass sie so ein schönes Stadion bekommen und wenn es fertig ist, werde ich sicher einmal vorbeikommen. Alles andere kann man sowieso nicht vorhersagen.

Soeben läuft die Präsentation der neuen Aktion “Teamplay ohne Abseits”, die vom Integrationsministerium, dem ÖFB und…

Posted by SK Rapid Wien on Mittwoch, 18. November 2015

Du bist jetzt 28 Jahre alt, dein Vertrag in Berlin läuft noch bis Sommer 2017. Hast du einen Karriereplan?

Im Fußball ergibt sich das eher. Jetzt spiele ich hier und fühle mich wohl. Klar, wenn ich plötzlich bis Sommer nur noch Ersatzspieler wäre, würde ich mir etwas überlegen. Natürlich will man sich auch weiterentwickeln und vielleicht einmal in der 1. Bundesliga oder in England spielen, dafür habe ich diesen Schritt ja auch gewagt. Aber so richtig planen kann man das nicht, da würde man sich zu viel Druck machen. Das Einzige, wofür man planen kann, ist die Karriere danach, da bin ich dran.

In welche Richtung soll es dann gehen?

Ich will Tätowierer werden. Ich zeichne viel, mache für Freunde Portraits ihrer Kinder und mittlerweile tätowiere ich auch schon ein bisschen selbst. Als ich noch in Wien war, war ich jede Woche im Studio eines Freundes, einem der besten Tätowierer in Österreich, und habe ihm dort immer zugeschaut. Wäre ich in Wien geblieben, hätte ich bei ihm eine Lehre begonnen, aber er fand meinen Weggang nach Berlin perfekt, denn dadurch könnte ich meinen eigenen Stil entwickeln. Ich weiß, dass es schwierig wird, aber ich will das unbedingt machen und meine Familie unterstützt mich dabei.

Der Satz “Ich weiß zu 100 Prozent, dass es für mich in Österreich nur Rapid gibt” hat nach wie vor Gültigkeit?

Absolut! Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein mega Rapid-Fan bin. Ich habe auch viel Kontakt zur Fanszene, die ich in Wien immer wieder besuche. Ich war also nicht nur Spieler des Vereins, ich bin auch ein echter Rapid-Fan.

Mit Guido Burgstaller, Dominik Wydra, Stefan Kulovits und Marcel Sabitzer kicken vier deiner ehemaligen Mitspieler in der 2. deutschen Bundesliga, insgesamt gibt es hier 21 österreichische Legionäre. Steht ihr alle in Kontakt, gibt’s da eine Whatsapp-Gruppe oder wie muss man sich das vorstellen?

(lacht) Ich hab’ eine Whatsapp-Gruppe mit Burgstaller, Steffen Hofmann, Pichler und Kulovits – das war unsere Partie in Wien. Wir schreiben uns immer wieder und wünschen uns viel Glück für die Spiele. Ich schaue mir sowieso jedes Resultat in der Liga an und dann klicke ich rein, um zu sehen, ob die Österreicher gespielt haben. Ich bin schon auch stolz darauf, dass so viele Österreicher in einer so guten Liga spielen.

Du bist bereits zu einer Zeit nach Deutschland gewechselt, in der österreichische Fußballer beim großen Nachbarn wieder einen ausgezeichneten Ruf genossen. Wie ist das für dich in Berlin spürbar?

Extrem. Ich hätte nicht gedacht, dass der österreichische Fußball hier so ein Thema ist, vor allem auch Rapid. Bei uns im Verein laufen immer Sportprogramme im Fernsehen und allein durch den internationalen Erfolg von Rapid beobachtet das jeder. Die Leute wissen Bescheid, ich musste ihnen praktisch nichts mehr erklären. Letztens komm’ ich nach dem Europa-League-Spiel vor dem Training in die Kabine und alle fragen, ob ich schon das Stolpertor von Schobesberger gesehen habe. Der Ruf der Österreicher allgemein ist sehr gut – alleine die große Anzahl an Legionären zeugt davon, dass die Entwicklung in Österreich super ist.

Was hast du deinen neuen Kollegen sonst über den Fußball bei uns erzählt?

Ich habe einigen jungen Talenten empfohlen, sich nach Österreich verleihen zu lassen, wenn sie bei Union keine Spielpraxis bekommen. Die fragten zuerst einmal “Was soll ich in Österreich?”, aber ich habe ihnen dann erklärt, dass die halbe Liga international zumindest in der Qualiphase vertreten ist und dass das eine große Chance bietet. Wenn du in der 2. Bundesliga in Deutschland nicht zu Spielpraxis kommst, finde ich Österreich für die Entwicklung perfekt.

Christopher Trimmel im Gespräch mit VIENNA.at-Sportredakteur David Mayr.
Christopher Trimmel im Gespräch mit VIENNA.at-Sportredakteur David Mayr. ©Claudia Tapia

Stichwort Nationalteam: Wie groß siehst du deine Chance, bei der EURO 2016 in Frankreich dabei zu sein?

Es ist natürlich schwierig. Ich erwarte mir weder etwas und verlange auch nichts – das habe ich nie gemacht. Ich finde es super, dass ich seit Längerem auf Abruf und damit im Fokus des Teamchefs bin. Das alleine ist für mich eine Bestätigung meiner Arbeit und darauf bin ich auch stolz. Es ist unglaublich, was das Nationalteam derzeit für Leistungen bringt, von dem her mache ich mir dahingehend keinen Druck. Aber jeder weiß, wie schnell es im Fußball gehen kann. Ich wünsche natürlich niemandem eine Verletzung, aber falls etwas passiert, möchte ich zu 100 Prozent bereit sein.

Kann dieser Aufstieg des Nationalteams in Österreich eine Initialzündung für einen Begeisterungssturm und ein neues Fußball-Selbstverständnis sein?

Ich denke schon, dass es immer wieder Dinge gibt, die die Begeisterung der Fans steigern können. Nehmen wir das Beispiel Allianz Stadion: Ich weiß jetzt schon, dass die Leute dort in der ersten Saison nur so reinprasseln werden. Ich hoffe, dass solche Dinge ein Zeichen sind, dass der Fußball attraktiv ist, dass der Fußball Spaß macht und dass die Leute dadurch gerne ins Stadion kommen. Natürlich sind wir ein kleines Land, in dem es ganz oben vielleicht vier Vereine mit einer großen Fanbasis gibt. Bei kleineren Klubs ist es sicher schwierig, Begeisterung zu schüren, aber ich glaube, da muss jeder Verein in seiner Region den Hebel ansetzen. Nach wie vor unverständlich ist für mich, wenn ich höre, dass es zum Beispiel am Sonntag wetterabhängig sein soll, ob man als Fan ins Stadion geht. Das ist doch immer ein Erlebnis! Und wenn das Nationalteam auch bei der EM gut auftritt, kann da schon etwas entstehen.

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