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EU-Wahl: Ausgangslage, Ziele, Chancen der Parteien

Ziele, Chancen und die Ausgangslage der Parteien vor der EU-Wahl 2019.
Ziele, Chancen und die Ausgangslage der Parteien vor der EU-Wahl 2019. ©APA/HELMUT FOHRINGER
In Österreich stehen sieben Parteien bei der EU-Wahl am 26. Mai 2019 auf dem Stimmzettel. In Österreich wird die EU-Wahl als erste große Testwahl nach dem innenpolitischen Umbruch bei der Nationalratswahl 2017 gesehen. Das sind Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien.
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Fünf Parteien (ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, NEOS) werden sicher im EU-Parlament bleiben. EUROPA JETZT wird von den Meinungsforschern keine große Chance auf den Einzug attestiert, der KPÖ eine noch geringere.

Die Ausgangslage der Parteien bei der EU-Wahl 2019

ÖVP – Othmar Karas

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Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) geht zum zweiten Mal als Titelverteidigerin in die Europawahl – und hat nicht nur gute Chancen, Platz 1 zu halten, sondern auch “an Stimmen und Mandaten zuzulegen”. Das ist das erklärte Wahlziel von Delegationsführer Othmar Karas, dessen frühere Vorzugsstimmen-Rekorde ihm zu Listenplatz 1 auch unter der türkisen Parteiführung verhalfen. Sein Mandat wird er so gut wie sicher halten, wenngleich die ÖVP beschlossen hat, die EU-Sitze heuer strikt nach Vorzugsstimmen zu vergeben. In der nächsten Periode ist Karas dann der Doyen der gesamten Österreicher-Riege, ist er doch der einzige, der schon seit der ersten Wahl 1996 im EU-Parlament sitzt. Die ÖVP war bei den bisher fünf EU-Wahlen dreimal Erste: 2014 mit 26,98 Prozent und davor schon 1996 und 2009 mit jeweils knapp unter 30 Prozent. 1999 und 2004 kam sie zwar über die 30er-Marke, war aber nur Zweite. Nach einem Verlust von drei Punkten und einem Mandat vor fünf Jahren geht die ÖVP jetzt mit ihrem historisch schlechtesten Ergebnis (26,98 Prozent und fünf Mandate) in die Wahl. Sehr viel dürfte sie laut den Umfragen – wo sie mit 27/28 Prozent ausgewiesen wird – nicht zulegen, aber es dürfte für Platz 1 reichen. Auch in die Nationalratswahl 2017 ging die ÖVP mit dem schlechtesten Ergebnis der Zweiten Republik – und heraus kam Platz 1 mit 31,47 Prozent, Kanzler Sebastian Kurz und die Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition.

SPÖ – Andreas Schieder

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Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) schlägt zum zweiten Mal (nach 2004) eine EU-Wahl als Oppositionspartei und Nationalrats-Zweite. Andreas Schieders EU-Premiere ist also keine einfache – zumal beide Regierungsparteien beständig gut stehen in den Umfragen. Er war zwar noch nie Spitzenkandidat, bringt aber viel Erfahrung im Wiener Landtag und Nationalrat mit und kennt als langjähriger Außenpolitischer Sprecher das internationale Parkett gut. Auch wenn die EU-Spitzenkandidatur als Trostpflaster für die Klubchef-Ablöse durch Parteichefin Pamela Rendi-Wagner galt, wirkt sein Europa-Engagement somit durchaus glaubwürdig. Schieder hat sich die Trauben nicht allzu hoch gehängt: “Ein starkes Plus” nennt er als Ziel, vom ersten Platz ist nicht die Rede. Den schaffte die SPÖ bisher auch erst zweimal. Zuletzt büßte sie ihn beim großen Debakel 2009 mit minus 9,59 Punkten und dem bis heute schlechtesten EU-Ergebnis (23,74 Prozent) ein. Die leichte Steigerung auf 24,09 Prozent (5 Mandate) reichte 2014 nicht, um ihn zurückzuholen. Nur Zweite war die SPÖ schon bei der ersten EU-Wahl mit 29,15 Prozent. 1999 legte sie auf über 30, 2004 auf den Topwert von 33,33 Prozent zu – und war damit Erste. Darauf hat die SPÖ heuer keine großen Chancen – auch wenn sie in den 2018er-Umfragen der ÖVP recht nahe rückte. Mit zuletzt beständig 26 Prozent lagen die Roten aber immer klar vor der FPÖ. Dennoch schließen Meinungsforscher den ersten dritten Platz der SPÖ nicht aus. Bei der Nationalratswahl 2017 musste sie Platz 1 trotz leichtem Plus (auf 26,86 Prozent) räumen – und nachdem ÖVP und FPÖ zusammengingen, sich auch aus der Regierung verabschieden.

FPÖ – Harald Vilimsky

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Für die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) gab Spitzenkandidat Harald Vilimsky Platz 2 vor der SPÖ und den Mandatszugewinn als Wahlziel bei der EU-Wahl 2019 vor – was recht ambitioniert ist, gemessen an Umfragewerten von 22 bis 24 Prozent und damit beharrlich Platz 3. Jedenfalls stehen die Zeichen heuer sehr viel besser als bei der bisher einzigen EU-Wahl als Regierungspartei: 2004, im Jahr nach “Knittelfeld”, erlitt die FPÖ ein Rekordminus von 17,09 Punkten und hielt sich mit 6,31 Prozent gerade noch im EU-Parlament – in das sie 1996 mit 27,53 Prozent und sechs Mandaten eingezogen war. Und Vilimsky – der als Heinz-Christian Straches Mann fürs Grobe gilt – zeigte schon 2014, dass er wahlkämpfen kann: Da sprang der FPÖ-Generalsekretär kurzfristig für den rassismus-bedingt ausgefallenen Andreas Mölzer ein und schaffte (auch dank Wegfall der Liste Martin) eine weitere Erholung (von 12,71) auf 19,72 Prozent und vier Mandate. Für heuer zeichnet sich ein weiterer Zuwachs ab, womit die FPÖ wieder – wie schon 1996 und 1999 – über die 20er-Grenze kommen wird. Profitieren könnten die Blauen davon, dass heuer keine EU-Austrittsbefürworter am Stimmzettel stehen – und die FPÖ damit die EU-kritischste Partei im Kandidatenfeld ist. Ob das für Platz 2 reicht ist fraglich. Bisher gelang er jedenfalls noch nie: 1996, 1999 und 2014 waren die Blauen Dritte, 2009 Vierte (hinter der Liste Martin) und 2004 nur Fünfte (hinter Martin und den Grünen). Auch bei der Nationalratswahl 2017 blieb die FPÖ mit 25,97 Prozent Dritte hinter der SPÖ.

Grüne – Werner Kogler

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Für die Grünen geht es am 26. Mai um weit mehr als um den Verbleib im Europaparlament: Nach dem Nationalratswahl-Desaster 2017 hoffen sie auf die Trendwende auf Bundesebene. Parteichef Werner Kogler hat die Sache selbst in die Hand genommen und sich mit der bekannten TV-Köchin Sarah Wiener auf Listenplatz 2 prominente Unterstützung geholt. Ein Mandat dürfte sie allerdings nicht (zumindest nicht gleich) bekommen. Denn auch die zuletzt deutlich besseren Umfragen sehen die Grünen bei der EU-Wahl 2019 bei sieben bis neun Prozent. Damit geht sich wahrscheinlich nur ein EU-Sitz aus. Zumindest die für ein Mandat nötigen fast fünf Prozent nennt Kogler – bescheiden – als Wahlziel. 2014 holten die Grünen mit Ulrike Lunacek 14,52 Prozent – das beste Bundeswahl-Ergebnis der Grünen je. Dass deren EU-Stimmenanteil meist ein Stück besser ausfiel als der bei Nationalratswahlen kann Koglers Hoffnung auf Konsolidierung nähren – und auch die Tatsache, dass die Liste JETZT in den EU-Umfragen weit schwächer dasteht als die Grünen.

Die Konkurrenz durch die Abspalter trug dazu bei, dass die Grünen 2017 mit nur mehr 3,80 Prozent aus dem Nationalrat flogen. Bei den nachfolgenden Landeswahlen hielten sie sich – trotz teils großer Einbußen – immerhin in drei Landtagen (Niederösterreich, Tirol, Salzburg), nur in Kärnten flogen sie raus. Viel Geld hat Kogler heuer nicht zur Verfügung – maximal 500.000 Euro -, so setzt er vor allem auf einen Social Media-Wahlkampf mit klassischen Grünthemen wie Klimaschutz.

Liste JETZT: 1 EUROPA – Johannes Voggenhuber

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Die 2017 bei der Nationalratswahl erfolgreichere Liste JETZT – gegründet von Peter Pilz, nachdem er sich mit den Grünen überworfen hatte – hat sich für die EU-Wahl einen weiteren Alt-Grünen geholt: Johannes Voggenhuber, der 1996, 1999 und 2004 erfolgreicher Spitzenkandidat der Grünen und von 1995 bis 2009 EU-Parlamentarier war. Er schloss sich mit seiner Initiative “1 Europa” mit JETZT zusammen – und zeigt sich unerschüttert zuversichtlich, das Comeback in Straßburg zu schaffen. Die Meinungsforscher halten dies für unwahrscheinlich, in den Umfragen liegt EUROPA JETZT seit November bei zwei bis drei Prozent, einmal bei vier – aber auch das wäre noch zu wenig. Ebenso die 4,41 Prozent, mit denen JETZT 2017 in den Nationalrat einzog. Denn ein EU-Mandat dürfte zwischen 4,6 und 4,9 Prozent (genau kann man das nicht vorher nicht berechnen) kosten. Viel Geld für den Wahlkampf hat Voggenhuber auch nicht: 250.000 Euro bekommt er von JETZT, über Crowdfunding versucht man weitere Mittel aufzubringen, für Plakate reicht es nach eigenen Angaben nicht. Seiner alten Partei, den Grünen, will Voggenhuber “nichts wegnehmen”, beteuert er – und positioniert sich inhaltlich vor allem als Kämpfer “für die Verteidigung Europas” gegen Rechts, Nationalismus, Rassismus und antieuropäische Politik.

NEOS – Claudia Gamon

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Die NEOS können damit rechnen, auch in den nächsten fünf Jahren im EU-Parlament vertreten zu sein – zumindest mit dem einen Mandat, das sie sich bei ihrer Premiere 2014 mit 8,14 Prozent holten. Die Spitzenkandidatin haben sie ausgewechselt: Nach Angelika Mlinar – die sich von der Partei nicht mehr unterstützt fühlte und jetzt in Slowenien kandidiert – führt Claudia Gamon (30) die Pinken in die Europawahl. Die jüngste, bisher eher unbekannte Spitzenkandidatin hat ein relativ ambitioniertes Wahlziel – nämlich das zweite Mandat für die NEOS. Das ist nach den bisherigen Umfragen mit Werten von acht bis zehn Prozent nicht ausgeschlossen, aber auch alles andere als sicher. Das Wahlkampfbudget mit einem Rahmen von 1,7 bis 2,2 Millionen Euro erlaubt jedenfalls mehr Aktivität als sich Grüne oder JETZT leisten können. Die Wahlwerbung legt Gamon “radikal” an: Sie wirbt für einen Totalumbau der EU – und vertritt beherzt die Vision der “Vereinigten Staaten von Europa” inklusive europäischem Pass, gemeinsamer Regierung und Armee. Ein glühender Europäer mit großen Visionen kam den NEOS allerdings vor einem Jahr abhanden – der Parteigründer Mathias Strolz zog sich zurück. Jetzt schlagen die Pinken ihre erste Wahl unter der neuen Chefin Beate Meinl-Reisinger. Bei der Nationalratswahl 2017 legten sie – noch mit Strolz – etwas (auf 5,30 Prozent) zu.

KPÖ PLUS – European Left: Katerina Anastasiou

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Keine Hoffnung auf den Einzug in das EU-Parlament kann sich die KPÖ machen. Aber sie schaffte es – heuer mit dem Namen “KPÖ PLUS – European Left” – als einzige Nicht-Parlamentspartei auf den Stimmzettel. Und auch sie setzt auf eine Frau an der Spitze – die zudem keinen österreichischen Pass hat: Die in Griechenland geborene (aber seit 15 Jahren in Wien lebende) Katerina Anastasiou. Die KPÖ war bisher bei allen EU-Wahlen dabei, allein oder in Bündnissen, blieb aber immer weit unter dem für ein Mandat nötigen Stimmenanteil. Das bisher – mit Abstand – beste Ergebnis gelang 2014 in der Allianz “Europa anders” (mit den Piraten, Wandel und dem Ex-Liste Martin-Mandatar Martin Ehrenhauser).

>> Alles zur Europawahl 2019

(APA/Red)

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